Fast hätte Bobby seinen rekordverdächtigen Geburtstag gar nicht erleben können. Vor neun Jahren war der Pony-Hengst so krank, dass er eingeschläfert werden sollte. Weil Besitzer Hermann Müller selbst auch erkrankt war und sich nicht hätte verabschieden können, verabreichte der Tierarzt Bobby noch einmal eine Morphium-Spritze. Und die brachte ihn im wahrsten Sinne des Wortes ins Leben zurück.
Am 10. April feierte Bobby nun seinen 40. Geburtstag. In Menschenjahren entspricht das in etwa einem Alter von 128 Jahren. Die durchschnittliche Lebenserwartung von Ponys liegt zwischen 30 und 40 Jahren. Das älteste Pony übrigens war Sugar Puff in England, er wurde 56 Jahre alt. Sugar Puff war eine Kreuzung aus Exmoor und Shetland-Pony. Üblicherweise werden Pferde aus Kreuzungen verschiedener Rassen älter als reinrassige Tiere. Da Bobby auch kein reinrassiger Shetland-Hengst ist, hat er also gute Chancen, Sugar Puff nachzueifern.
Der Pony-Senior lebt seit seiner Geburt auf dem Kaltenhof bei Mainberg. Hermann Müller war 24 Jahre alt, als die trächtige Mutter und deren Schwester, Bobbys Tante also, auf den Hof kamen. "Früher hatten wir hier Rinder und Schweine und eine Kaltblutzucht", erzählt Biobauer Hermann Müller. Die Ponys habe man nebenbei gehalten.
Der junge Hengst sei der "Krösus" auf dem Kaltenhof gewesen. "Er war wild und schön, hatte alle Freiheiten", sagt Hermann Müller. Eine ganz besondere Liebe verbindet Melanie Brendler aus Mainberg mit Bobby. Sie wurde am gleichen Tag geboren und kam als Kind regelmäßig auf den Hof, um Bobby zu besuchen. Die Kinder aus dem Dorf durften auch auf seinem Rücken reiten.
Bobby kann manchmal aber auch dickköpfig sein
Shettys sind aufgrund ihrer Größe gut geeignet für Kinder. Sie haben ein großes Herz und sind dafür bekannt, außerordentlich sanftmütig, freundlich und umgänglich zu sein, was sie ebenfalls charakterlich zu einem geeigneten Pony für Kinder macht. "Bobby kann manchmal aber auch dickköpfig sein", weiß Müller.
Seinen Namen hat Bobby übrigens aus der US-amerikanischen Fernsehserie Dallas, die in den 1980er-Jahren in den deutschen Wohnzimmern lief. Weil Hermann Müller ein Dallas-Fan war, benannte er den neugeborenen Hengst nach dem jüngsten Spross der Familie Ewing. "Der war ein netter Kerl, so wie unser Bobby." Bösewicht J.R. Ewing sei als Namensgeber deshalb gleich von vorneherein ausgeschieden. Bobby hört übrigens sehr gut auf seinen Namen, vor allem wenn Hermann Müller ihn "Bobby Ewing" ruft.
Sein Alter lässt sich der betagte Hengst nicht anmerken. Bobby ist auch mit 40 Jahren noch gut in Form. Zum Fotoshooting kommt er angaloppiert, wirft seine lange Mähne stolz nach hinten und schnaubt laut auf.
Bobby lebt in Offenstallhaltung mit Boxen und Weiden. Nach dem Tod seiner Partnerin Ronja vor zwei Jahren – sie ist nur 28 Jahre alt geworden – hat Bobby Anschluss bei Pensionspferden gefunden, die Hermann Müller auf seinem Hof betreut. Die eigene Tierhaltung hat der 64-Jährige aufgegeben, er betreibt nur noch Ackerbau.
Bobby ist nie Vater geworden
Apropos Partnerin: Bobby ist nie Vater geworden. "Es hat einfach nicht geklappt", bedauert Hermann Müller. Er hat in früheren Jahren immer wieder Stuten auf den Hof geholt, doch nie sei eine trächtig geworden. Zweimal war Bobby auch zu Pony-Damen gebracht worden. In Gädheim und Mühlhausen habe er mehrere Wochen Flitterurlaub gemacht. Eine Erfolgsmeldung ging im Nachhinein aber nie auf dem Kaltenhof ein. "Wir hätten gerne ein Fohlen von ihm gehabt", meint Hermann Müller traurig.
Umso dankbarer ist der Landwirt, dass Bobby nicht eingeschläfert wurde, als er so krank war. Ehefrau Monika und Tochter Melanie erinnern sich noch gut an den 6. Januar 2015. Bobby hatte eine schwere Kolik. Es sei ihm so schlecht gegangen, dass Tierarzt Dr. Rainer Lotze keine Hoffnung mehr auf Genesung sah. Weil Hermann Müller selbst krank danieder lag und sich nicht verabschieden konnte, bekam Bobby noch eine Gnadenfrist. Wie durch ein Wunder sei er am nächsten Tag wieder fit gewesen.
Im Nachhinein hatte sich herausgestellt, dass der betagte Hengst sein Futter nicht mehr verdauen konnte. Die Ursache waren Zahnprobleme. Im Alter nutzen sich bei Pferden die Reibeflächen ab, dann kann das Futter nicht mehr gut zermahlen werden. Gelangt schlecht zerkautes Futter in den Magen-Darm-Trakt, können Koliken entstehen. Bei Bobby war genau das der Fall. Seitdem bekommt er nur noch Brei aus Heucobs, die in Wasser aufgequollen werden.
Auch an seinem Ehrentag durfte Bobby nur Brei essen. Auf die von den Geburtstagsgästen mitgebrachten Kekse musste der Jubilar aber nicht verzichten. Hermann Müller hat sie klein gemahlen und mit Wasser angerührt, sodass Bobby es sich schmecken lassen konnte.
Übrigens, gefeiert wird der 40. Geburtstag 40 Tage lang. "Wir stoßen mit allen Besuchern an, die auf den Hof kommen", versichert Hermann Müller.
Möge er noch lange gesund bleiben.
Ich wünsche es von ganzem Herzen!