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Schweinfurt
Schweinfurter Ehe- und Lebensberatung: Gemeinsam Wege aus der Krise finden
Wenn Menschen an Grenzen kommen. Nicht nur die Pandemie ist eine Gefahr für die psychische Gesundheit. Wie die Beratungsstelle für Ehe-, Familien- und Lebensfragen hilft.
Wenn sich Probleme in einer Partnerschaft verfestigt haben, ist es nicht immer möglich, die auch innerhalb der Paarbeziehung wieder aufzulösen. Dann ist oft ein objektiver Blick von außen nötig, um den roten Faden zu finden, an dessen Ende die Lösung zu finden sein könnte. Solche Beratungsangebote macht die Ehe-, Familien und Lebensberatung der Diözese.
Foto: Thinkstock | Wenn sich Probleme in einer Partnerschaft verfestigt haben, ist es nicht immer möglich, die auch innerhalb der Paarbeziehung wieder aufzulösen.
Helmut Glauch
Helmut Glauch
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:13 Uhr

"Wenn Menschen an die Grenzen ihrer Bewältigungsstrategien kommen, dann beginnt die Krise." Diplom-Psychologe Herbert Durst, Leiter der Ehe-, Familien- und Lebensberatung Main-Rhön mit ihrem Hauptsitz in Schweinfurt und Außenstellen in Bad Neustadt, Bad Kissingen und Haßfurt, beschreibt so den Punkt, ab dem sich Menschen Hilfe holen und bereit sind, welche anzunehmen, um Auswege aus eigenen Problemlösungsstrategien zu finden, die zur Sackgasse geworden sind.   

Wenn zu persönlichen (Lebens)Krisen auch noch eine alle Bereiche des Lebens beeinflussende Krise wie die Corona-Pandemie kommt, dann wird es für viele Menschen doppelt schwer. Junge Familien, die versuchen den Spagat zwischen Homeoffice und Home-Schooling, zwischen Haushalt und geschlossener KiTa, zwischen Funktionieren und Beziehungspflege hinzukriegen, geraten genauso schnell an Grenzen wie ältere Menschen, denen in der Pandemie auch noch die letzten sozialen Kontakte wegbrechen.       

Dann sind Lösungsstrategien und Wege aus der Krise gefragt. Rund 5200 Beratungsstunden, geführt mit gut 1450 Menschen, das ist die Statistik, hinter der vielfältigen Arbeit der Beratungsstelle für Ehe-, Familien- und Lebensfragen (EFL) der Diözese, die in Schweinfurt ihren Sitz im "+plus.punkt" in der Schultesstraße hat. Mit EFL-Leiter Herbert Durst, seinem Stellvertreter Stephan Bury und Theologin Gabriele Walhorn-Rath, stellten drei der 14 EFL-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Jahresbericht vor.    

In der Beratung stößt Online schnell an seine Grenzen

Die EFL ist der psychologische Fachdienst in Trägerschaft der Diözese. Persönliche Krisenbewältigung in der Pandemie, das stellte auch die EFL teilweise vor neue Herausforderungen. Online-Angebote wurden gemacht, als wegen Corona keine Präsenz-Gespräche möglich waren, aber "vor allem ältere Menschen werden so ausgeschlossen", so die Erfahrung von Gabriele Walhorn-Rath. Auch Jüngere, bei denen solche Angebote nicht an mangelnder Online-Affinität scheitern, bevorzugen das Gespräch von Angesicht zu Angesicht.

Während des ersten Lockdowns waren die Beratungsstellen geschlossen. Seit Mitte Mai 2020 waren Präsenzberatungen unter Einhaltung von Hygieneregeln erlaubt. Während des zweiten und dritten Lockdowns blieben Präsenztermine möglich. Parallel dazu wurde aber auch das Angebot der Video- und Telefonberatung genutzt.

Diplom-Psychologe Herbert Durst (rechts), Leiter der Ehe- Familien- und Lebensberatung, sein Stellvertreter Stephan Bury (links) und Diplom-Theologin Gabriele Walhorn-Rath (Mitte), stellten den Jahresbericht der Ehe-Familien- und Lebensberatung vor und erörterten die Besonderheiten der Beratung im Corona-Jahr.
Foto: Helmut Glauch | Diplom-Psychologe Herbert Durst (rechts), Leiter der Ehe- Familien- und Lebensberatung, sein Stellvertreter Stephan Bury (links) und Diplom-Theologin Gabriele Walhorn-Rath (Mitte), stellten den Jahresbericht der ...

Ein Beratungsgespräch sei auch eine Auszeit, eine Zeit der Reflektion, die oft von zu Hause aus nicht möglich sei, weil dort der geschützte Raum fehle, zum Beispiel Angehörige gepflegt werden, oder Kinder die Aufmerksamkeit der Eltern fordern. Gründe, die untermauern wie wichtig es war, während Lockdown 2 und 3 in Präsenz beraten zu dürfen. Unterm Strich und die Zeiten der Lockdown-bedingten Schließung herausgerechnet, sei im Pandemiejahr 2020 höherer Gesprächsbedarf gewesen, als in einem "normalen" Jahr so Stephan Bury.

Die Dauer der  Pandemie hat viele Menschen an ihre Grenzen gebracht

Einen Faktor für die Zuspitzung persönlicher Krisen sieht Herbert Durst auch in der Dauer der Pandemie. Als zu deren Beginn das Leben sich verlangsamte, buchstäblich zum Stillstand kam, sei das oft noch als angenehm empfunden worden. Mit den weiteren Lockdowns habe sich das umgekehrt. Der Verlust an Ereignissen und sozialen Kontakten sei zunehmend als belastend empfunden worden.

Das Gefühl einer Situation ausgeliefert zu sein, nichts dagegen tun zu können, sich gleichzeitig bewusst werden, dass eigene Bewältigungsstrategien nicht mehr greifen, das sei der Beginn von Krise und seelischer Not, so Durst.  Angststörungen, Burnout, Depressionen, all dies kommt nicht von heute auf morgen. Herbert Durst vermutet, das die psychischen Langzeitfolgen der Pandemie erst im kommenden Jahr richtig zutage treten. "Viele Menschen sind so erschöpft, die haben gar nicht die Kraft, sich durch die 'Beratung' eine neue Baustelle aufzumachen", so Gabriele Walhorn-Rath, die befürchtet, dass "die Welle erst im nächsten Jahr kommt".

Probleme, die in Familien oft kein Einzelfall sind, sondern auch Paare betreffen. Jeder komme für sich an seine Grenzen, schottet sich ab oder sucht Halt beim Partner, der doch selber Halt braucht. Oft fehlt dann die Brücke, auf der sie wieder zusammenkommen. Dann kommt die Partner-Beratung ins Spiel, wo versucht wird, Baustellen aufzulösen und diese Brücken tragfähig zu bauen, gegenseitiges Unverständnis in Mitgefühl zu verwandeln. Brücken, die nicht immer einfach zu bauen sind, weil sich mitunter auch in Familien Konflikte zum Beispiel im Hinblick auf die unterschiedliche Bewertung der Pandemie (Stichwort: Corona-Leugner) aufgetan hätten.

"Zwei Drittel unserer Klienten sind zwischen 30 und 60", zeichnet Herbert Durst ein Bild der Menschen, die sich in bis zu zehn Beratungsstunden Impulse und Auswege erhoffen. Mit 60 Prozent sind es etwas mehr Frauen als Männer, die zur ELF kommen. Ängste, stimmungsbezogene Probleme bis hin zu Depressionen, aber auch kritische Lebensereignisse, Probleme in und mit der Familie/Partnerschaft und mangelndes Selbstwertgefühl sind meist die Triebfeder sich professionelle Hilfe zu suchen. Hilfe, die kostenfrei und überkonfessionell gewährt wird. In den meisten Fällen (70 Prozent), reichen bis zu fünf Beratungsstunden.      

Mit diesem Angebot erreicht die Beratungsstelle auch zunehmend Menschen mit Migrationshintergrund. Ein türkischstämmiger-Mitarbeiter ist im Team, der osteuropäische Bereich ist gut abgedeckt und im Falle von Sprachbarrieren versucht man durch den Einsatz von Dolmetschern und zweisprachigen Landsleuten beraten zu können. "Wir werden nicht als katholische Einrichtung wahrgenommen, sondern als Hilfsangebot für alle", ergänzt Theologin Walhorn-Rath.

Probleme nicht auf die lange Bank schieben

Ein Hilfsangebot, das man in jedem Fall rechtzeitig in Anspruch nehmen sollte, ergänzt die Theologin. "Viele warten einfach zu lange, versuchen ihre Probleme auszuhalten." "Paare brauchen dann noch einmal länger als Einzelpersonen", ergänzt Stephan Bury. "Je länger ich in einem Konflikt bleibe, desto mehr chronifiziert er sich, deshalb ist unser Wunsch, dass die Menschen so früh wie möglich zu uns kommen."    

Kontakt und Anmeldung: Tel. (09721) 702581 (Montag bis Freitag, 8 bis 12 Uhr, und Montag bis Donnerstag, 14 bis 16 Uhr. Per E-mail: info@eheberatung-schweinfurt.de 

 
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