Das Thema Baumschutzverordnung entzweit die Fraktionen im Stadtrat im Moment wie kein anderes. Die Unversöhnlichkeit der Positionen offenbarte sich bei der Podiumsdiskussion der Schweinfurter Liste/Freie Wähler während ihres Sommerfestes auf dem Georg-Wichtermann-Platz am Samstag einmal mehr.
Offener Streit auf der Bühne
Der Moderator Christian Schwarz war einigermaßen verblüfft, wie schnell die Diskussion in offenen Streit auf der Bühne ausuferte und hatte alle Hände voll zu tun, die Gemüter zu beruhigen. Da gifteten sich CSU-Stadtrat Rüdiger Köhler und SWL-Rätin Ulrike Schneider an, da redeten SPD-Vertreter Ralf Hofmann und Rüdiger Köhler lautstark durcheinander und der Dissens zwischen Umweltreferent Jan von Lackum und der CSU-Fraktion in dieser Sache war ebenfalls deutlich sichtbar.
Kommentar: Unwürdiges Schauspiel
Schon im Februar hatte die Frage, ob man eine Baumschutzverordnung braucht oder nicht, für Streit im Umweltausschuss und im Stadtrat gesorgt. Offenbar haben sich die Gemüter nicht beruhigt. Im Kern geht es darum, dass die Anfang 2010 bis 2030 verlängerte Baumschutzverordnung novelliert werden sollte.
Umweltreferent Jan von Lackum hatte dafür einen Vorschlag erarbeitet, wollte mehr Transparenz für die Bürger schaffen. Im Moment darf man auch in seinem privaten Garten ohne vorherige Beratung und Genehmigung der Stadt einen Baum ab einer gewissen Größe nicht einfach fällen.
Rüdiger Köhler brachte für die CSU-Fraktion im Februar einen Vorschlag ein, der weitergehende Freiheiten für die Bürger ermöglichen sollte. Teile dieses Vorschlags hielt die Verwaltung aus rechtlichen Gründen für nicht zulässig, weswegen die CSU nun eine Verordnung zur Auflösung der Baumschutzverordnung fordert – und dieses Ansinnen im Stadtrat mit den Stimmen der AfD, der FDP und prosw durchsetzte.
Daraufhin initiierte die Schweinfurter Liste/Freie Wähler ein Bürgerbegehren, das den Erhalt der Baumschutzverordnung fordert (wir berichteten).
Rüdiger Köhler sprach bei der Podiumsdiskussion von einer „Verbotssatzung“, die CSU habe sie „bürgerfreundlicher und nachvollziehbarer“ gestalten wollen. Er sei sich sicher, dass Schweinfurt ohne Baumschutzverordnung ebenso gut zurechtkomme und vertraue auf die Mündigkeit und Vernunft der Bürger.
CSU setzt auf mündigen Bürger
Es müsse möglich sein, dass man in seinem privaten Garten nach Jahrzehnten einen Baum fällen dürfe, wenn der einem zu groß geworden ist. „Dass grundsätzlich alles verboten ist, ist der falsche Ansatz für eine bürgerfreundliche Verordnung“, so Köhler. Im Landkreis gebe es in keinem einzigen Ort eine derartige Verordnung, die Dörfer seien dennoch grün und lebenswert. Außerdem gelte nach wie vor das Naturschutzgesetz und natürlich die jeweiligen Festsetzungen der Bebauungspläne.
Ulrike Schneider nannte den CSU-Vorschlag „unsäglich“, umweltpolitisch seien die Konservativen im vergangenen Jahrhundert verhaftet. Aus Schneiders Sicht sei es „ein Märchen zu glauben, dass es ohne Verordnung nicht zu Fällungen kommen werde.“
Den Organisatoren des Bürgerbegehrens sei bei der Unterschriftensammlung mehrfach angekündigt worden, dass sowohl Geschäfts- als auch Privatleute nur auf ein Ende der Satzung warten würden, um endlich freie Hand zu haben. Auch klimapolitisch sei die Verordnung wichtig, betonte Schneider.
Schneider: Beratungspflicht wichtig
Man sei nicht grundsätzlich gegen Fällungen wo sie nötig seien, man wolle aber weiter eine Beratungspflicht der Bürger vor der Entscheidung, ob ein Baum wegkomme oder nicht, so Schneider.
SPD-Fraktionsvorsitzender Ralf Hofmann kritisierte Oberbürgermeister Sebastian Remelé. Der habe seine Verwaltung aus Hofmanns Sicht „im Regen“ stehen lassen, „das Thema ist ihm wurscht, die Arbeit des Umweltreferenten wird ad absurdum geführt.“
Lackum: Verwaltung gesprächsbereit
Umweltreferent Jan von Lackum betonte mehrfach die Gesprächsbereitschaft der Stadtverwaltung, mit den Stadträten über den Vorschlag zur Baumschutzverordnung noch einmal ausführlich zu diskutieren.
Ulrike Schneider und Ralf Hofmann waren ebenfalls dafür, auch Rüdiger Köhler – allerdings warf ihm Schneider vor, er sei „verbohrt“, wenn er darauf beharre, man könne nur über den CSU-Vorschlag diskutieren und nicht über den der Verwaltung.