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Gerolzhofen
Digitalministerin Judith Gerlach informiert sich bei der Feuerwehr Gerolzhofen
Auch bei den Rettungsdiensten macht die Digitalisierung große Fortschritte., wodurch die Einsätze schneller und zielgerichteter werden. Doch manchmal hakt es noch.
Ministerin Judith Gerlach (Mitte) informierte sich bei der Feuerwehr in Gerolzhofen über deren moderne Ausrüstung. Kommandant Martin Zink (rechts) führte dabei das neue Einsatz-Tablet vor, über das im Ernstfall an der Einsatzstelle wichtige Informationen abgerufen werden können. Mit im Bild die Landtagsabgeordnete Barbara Becker und der Stadtrat und IT-Unternehmer Arnulf Koch.
Foto: Klaus Vogt | Ministerin Judith Gerlach (Mitte) informierte sich bei der Feuerwehr in Gerolzhofen über deren moderne Ausrüstung.
Klaus Vogt
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:45 Uhr

Unter dem Titel "Wirtschaft bis Blaulicht – Digitalisierung in Gerolzhofen" stand eine öffentliche Veranstaltung, zu der der CSU-Ortsverband in das Gerolzhöfer Feuerwehrhaus eingeladen hatte. Referentin war die bayerische Staatsministerin für Digitales, Judith Gerlach. Vertreter der Feuerwehr nutzten die Gelegenheit, die Ministerin auf Probleme hinzuweisen, die es noch bei der zunehmend digitalisierten Arbeit der Retter gibt.

Der Gerolzhöfer Kommandant Martin Zink und sein Stellvertreter Michael Mößlein führten die rund 30 Gäste zunächst in zwei Gruppen durch das Feuerwehrhaus. Zink stellte der Ministerin am Einsatzleitwagen der Wehr ein neues Einsatz-Tablet vor, das von der Feuerwehr vielfältig genutzt wird. Zum einen werden hier von der Integrierten Leitstelle Schweinfurt bei einem Alarm wichtige Daten aufgespielt, unter anderem der Einsatzort und auf Basis von Google Maps auch der optimale Anfahrtsweg. 

Grundrisse der Gebäude aufrufbar

Außerdem sind auf dem tragbaren Computer für bisher rund 20 Gebäude in Gerolzhofen, bei denen eine Brandmeldeanlage aufgeschaltet ist, deren Grundrisse aufrufbar. Auf dem Tablet ist dann auch zu sehen, welcher Brandmelder der Anlage ausgelöst hat und wo er sich im Gebäude befindet. Diese Information kann wichtig sein bei der Entscheidung, von wo aus die Feuerwehr anfährt. Bislang erhielten die anrückenden Floriansjünger die Infos erst, wenn sie im Gebäude am Bedien-Tableau der Brandmeldeanlage nachschauten.

Kommandant Martin Zink zeigte der Digitalministerin, wie eine Wärmebildkamera funktioniert.
Foto: Klaus Vogt | Kommandant Martin Zink zeigte der Digitalministerin, wie eine Wärmebildkamera funktioniert.

Zu sehen ist auf dem Tablet auch, ob der Alarm über Handdruckmelder ausgelöst wurde oder ob dies ein Sensor automatisch getan hat. "Bei einem Handdruckmelder ist es für uns der Beleg, dass sich Menschen im Gebäude befinden oder befanden", sagte Martin Zink. Ein weiteres Hilfsmittel auf dem Tablet: Dort ist eine Gefahrgut-Datenbank hinterlegt.

Es fehlt noch an einer Schnittstelle

So weit, so gut. Allerdings gibt es noch ein großes Manko bei dem neuen System. Nach jedem Einsatz, der von der Leitstelle im Einsatzleitsystem angelegt wurde, wird für jede beteiligte Feuerwehr im System gleich auch ein Einsatzbericht eröffnet. Relevante Daten (zum Beispiel Einsatzbeginn und Einsatzende, Einsatzort, ausgerückte Fahrzeuge und Statuszeiten) sind dort bereits eingetragen. Der Bericht muss am Computer nur noch komplettiert und elektronisch unterschrieben werden.

Aber: Die Daten des Einsatzprotokolls können vom Tablet aus, auf dem eine freiverkäufliche Software aufgespielt ist, nicht in das EDV-System des Freistaats übermittelt werden, wo die Einsätze behördenintern dokumentiert werden. Die Gemeinden benutzen als staatliches System die "ELDIS-Management-Suite", das auch die Grundlage bietet für die spätere Gebührenabrechnung des Einsatzes. Bislang fehlt aber eine Schnittstelle zwischen ELDIS und der Software auf dem Feuerwehr-Tablet. Die Folge: Die Einsatzprotokolle müssen von der Feuerwehr ein zweites Mal direkt in ELDIS erfasst werden. "Und das ist unnütze Mehrarbeit", machte Kommandant Zink klar.

"Aber warum gibt es noch keine Schnittstelle?", stellte Ministerin Gerlach eine durchaus naheliegende Frage. Der Grund liege angeblich beim Datenschutz, sagte Zink. Gerlach notierte sich das Problem, will es nach München mitnehmen und mit dem zuständigen Innenministerium Kontakt aufnehmen.

Rettungskarte gibt wichtige Informationen

Bei der Vorstellung des Rüstwagens der Feuerwehr - der vollgepackt ist mit Spezialwerkzeug, das insbesondere bei Verkehrsunfällen zum Einsatz kommt - konnte Zink ein zweites Anliegen der Ministerin vortragen. Es geht um die so genannten Rettungskarten, die nach schweren Kollisionen von großem Vorteil sein können. Bei modernen Autos ist es inzwischen schier eine Wissenschaft für sich, wo die Feuerwehr nach einem Unfall Rettungsschere, Spreizer oder Stempel am Wrack ansetzen kann, um den darin eingeklemmten Menschen schnell helfen zu können. Denn die Helfer müssen wissen, wo das Auto an der Karosserie besondere bauliche Verstärkungen hat, wo die Airbags sitzen und wie viele es davon gibt, wo die Batterie verbaut ist, wo die Sensoren sind und wo möglicherweise Starkstromleitungen verlaufen, die keinesfalls angeschnitten werden dürfen. All diese Informationen für den bestimmten Fahrzeugtyp sind auf der "Rettungskarte" hinterlegt. 

Zur Ausrüstung der Gerolzhöfer Wehr, die Kommandant Martin Zink präsentierte,  gehört auch eine Drohne mit zahlreichen Sonderfunktionen. Der Ministerin Judith Gerlach (rechts) und der Abgeordneten Barbara Becker schien es zu gefallen.
Foto: Klaus Vogt | Zur Ausrüstung der Gerolzhöfer Wehr, die Kommandant Martin Zink präsentierte,  gehört auch eine Drohne mit zahlreichen Sonderfunktionen.

Ideal wäre es, wenn der Autofahrer sich diese Rettungskarte im Internet selbst ausdruckt und sie dann hinter der Sonnenschutzblende seines Fahrzeugs hinterlegt, damit im Ernstfall nach einem schweren Unfall ihm schnell geholfen werden kann. Hat der Autofahrer aber nicht selbst vorgesorgt, muss die Feuerwehr erst recherchieren. In mehreren Bundesländern haben die Feuerwehren am Unfallort dann bereits die Möglichkeit, am Tablet online auf die Rettungskarte eines bestimmten Fahrzeugtyps zugreifen zu können, indem sie einfach das Kennzeichen des verunfallten Autos einscannen. Eine Datenbank stellt dann die Rettungskarte für den exakt passenden Fahrzeugtyp zur Verfügung.

Ein direkter Zugriff ist nicht erlaubt

In Bayern jedoch muss die Feuerwehr erst den Umweg über die Leitstelle nehmen, das Kennzeichen des Unfallwagens über Funk durchgeben und dann auf die Übermittlung der Daten warten. "Da geht wertvolle Zeit verloren", bedauerte Zink. Und warum ist das in Bayern so? "Angeblich ebenfalls aus Datenschutzgründen." Die Ministerin nahm auch diesen Sachverhalt auf ihre Agenda.

Mit einem dritten Themenkomplex meldete sich Kreisbrandinspektor Alexander Bönig (Unterspiesheim) bei der Ministerin: Wegen der durchaus akuten Gefahr eines flächendeckenden Stromausfalls beschaffe der Freistaat Bayern derzeit Satellitentelefone, um im Ernstfall – wenn die Basisstationen für den Funk nicht mehr funktionieren – die Kommunikation zwischen den Bezirken und den Landratsämtern aufrechtzuerhalten. Für entsprechende Telefone für die Kommunikation zwischen Landratsamt und den Kommunen und in den Kommunen selbst gebe es aber keine Fördermittel, kritisierte Bönig.    

Auf der unteren Verwaltungsebene seien die Gemeinden selbst gefordert, hier Vorkehrungen zu treffen und diese auch selbst zu finanzieren, sagte Judith Gerlach. "Es ist einfach nicht möglich, dass es für alles ein staatliches Förderprogramm gibt." 

 
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