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Schweinfurt
Digitalisierung der Justiz: Das Landgericht Schweinfurt führt die E-Akte ein
Die elektronische Akte hält auch am Gericht Einzug. Welche Vorteile das neue System hat und wie der Stand der Digitalisierung im Freistaat ist.
Bei der Einführung der E-Akte am Landgericht Schweinfurt (von links): Thomas Fenner, Vorsitzender Richter und Pressesprecher am Landgericht Schweinfurt, Reinhard Pfingstl, Präsident des LG Schweinfurt, sowie Olaf Beller vom IT-Servicezentrum der bayerischen Justiz.
Foto: Lisa Marie Waschbusch | Bei der Einführung der E-Akte am Landgericht Schweinfurt (von links): Thomas Fenner, Vorsitzender Richter und Pressesprecher am Landgericht Schweinfurt, Reinhard Pfingstl, Präsident des LG Schweinfurt, sowie Olaf ...
Lisa Marie Waschbusch
 |  aktualisiert: 09.02.2024 08:38 Uhr

Ab kommendem Montag setzt das Landgericht Schweinfurt bei neuen Zivilverfahren in erster Instanz nur noch elektronische Akten ein. Damit sollen die sogenannten "Gürteltiere der Justiz" – sprich: riesige Aktenstapel, die durch einen Stoffgürtel zusammengehalten werden – künftig der Vergangenheit angehören.

"Das ist ein enormer Wandel der Zeit, wenn man vergleicht, wie Akten früher geführt wurden, in der Zeit als ich bei der Justiz beginnen durfte", sagte Reinhard Pfingstl, Präsident des Landgerichts Schweinfurt, bei einer Pressekonferenz. Schweinfurt ist damit das 15. von 22 Landgerichten in Bayern, das auf die elektronische Akte umstellt. In Würzburg fand die Umstellung im vergangenen Oktober statt.

"Die E-Akte verkürzt Verfahren, erspart Wartezeiten und schützt in Zeiten der Pandemie die Gesundheit der Prozessbeteiligten", stellte Bayerns Justizminister Georg Eisenreich, der – passend zum Thema – digital an der Veranstaltung teilnahm, die Vorteile heraus. Papierakten konnten bisher nur dort bearbeitet werden, wo sie lagen. Das ändere sich durch die elektronische Akte: Sie sei zeit- und ortsunabhängig abrufbar und könne von mehreren Personen gleichzeitig bearbeitet werden.

Technische Aufrüstung der Arbeitsplätze und Sitzungssäle

Zudem setzt der Freistaat unter anderem auch auf Videotechnik, um die Digitalisierung in der Justiz voranzubringen. "Seit Juli 2021 haben alle Gerichte in Bayern Zugang zu mindestens einer Videokonferenzanlage", berichtete Eisenreich. Das bayerische Justizministerium gehe davon aus, dass im vergangenen Jahr rund 10.000 Verhandlungen per Video stattgefunden haben. Präsident Pfingstl erwartet, dass die Terminabsprache dadurch insgesamt leichter werde. Ob ein Verfahren sich für eine Videoverhandlung anbiete, entscheide der jeweilige Richter, die jeweilige Richterin.

Der bayerische Justizminister Georg Eisenreich mit einem "Gürteltier"
Foto: ArchivBayerisches Staatsministerium der Justiz | Der bayerische Justizminister Georg Eisenreich mit einem "Gürteltier"

Im Zuge der Umstellung seien die Arbeitsplätze der Mitarbeitenden und die Sitzungssäle technisch aufgerüstet worden, berichtete Olaf Beller, stellvertretender Leiter des IT-Servicezentrums der bayerischen Justiz und Leiter des Programms "eJustice Arbeitsplatz". Beispielsweise stehe für jeden Richter im Saal ein PC zur Verfügung, auf dem er die digitale Akte bearbeiten könne. Zudem könne die Akte – oder Teile daraus – auf große Bildschirme projiziert werden, um sie den Prozessbeteiligten zugänglich zu machen. "Das war bisher nur möglich, wenn sich alle Beteiligten hier vorne am Richtertisch versammelt haben", sagte Beller.

Dem Beginn der Einführung der E-Akte ging eine mehrjährige Pilotierung voraus, in der bis heute circa 75.000 Verfahren rein elektronisch geführt wurden. Bis Dezember 2025 soll in allen deutschen Gerichten die elektronische Akte eingeführt werden. Für Bayern ist sich Justizminister Eisenreich sicher: "Wir werden das schaffen und wir wollen es auch früher schaffen."

Eisenreich sieht "erheblichen rechtspolitischen Handlungsbedarf"

"Nach Schweinfurt fehlen noch zwei weitere Gerichte in meinem Bezirk", sagte Lothar Schmitt, Präsident am Oberlandesgericht (OLG) in Bamberg, per Video zugeschaltet. "Am Anfang gab es schon Skepsis. Doch je weiter die Einführungen fortfahren, desto mehr positives Echo erhalte ich." Die Umstellung am OLG Bamberg – als letztes der drei OLGs im Freistaat – soll Ende dieses Jahres erfolgen.

Auf dem Weg zu einem modernen Zivilprozess sieht der Justizminister noch "erheblichen rechtspolitischen Handlungsbedarf". Vorschläge zur Modernisierung liegen vor. Eisenreich fordert das Bundesjustizministerium zu schnellerem Handeln auf. "Die Zivilprozessordnung ist für die Papierakte gemacht, nicht für die elektronische Akte. Der Bund muss jetzt tätig werden."

 
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