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Würzburg
E-Akte statt Papierberge: Landgericht Würzburg führt die digitale Akte ein
Die Justiz treibt die Digitalisierung in Zivilverfahren am Landgericht Würzburg voran: Ab jetzt werden Fälle nur noch in der elektronischen Akte erfasst.
So soll die Zukunft der Justiz aussehen: Digitale Verbindung statt Akten schleppen, wie Justizminister Georg Eisenreich (CSU) demonstriert. 
Foto: Jusitizministerium | So soll die Zukunft der Justiz aussehen: Digitale Verbindung statt Akten schleppen, wie Justizminister Georg Eisenreich (CSU) demonstriert. 
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 15.02.2024 21:33 Uhr

Schneller, effektiver und umweltschonender sollen Bürgerinnen und Bürger künftig am Landgericht Würzburg zu ihrem Recht kommen. Seit 18. Oktober gehören dort die berüchtigten "Gürteltiere der Justiz" der Vergangenheit an: So heißen im Justiz-Jargon schwer zu stemmende Aktenstapel, die mühsam mit einer Art Gürtel zusammengehalten werden und von Bearbeiter zu Bearbeiter geschleppt werden müssen. Um diese Aktenberge zu reduzieren, setzt das Landgericht von nun an in Zivilverfahren erster Instanz auf "E-Akten" - also auf elektronische Akten. Würzburg ist damit nach Landshut, Regensburg, Coburg, Ingolstadt, Weiden, Hof und Amberg das achte Landgericht in Bayern.

Welche Vorteile hat die E-Akte im Vergleich zu Papierakten?

Allein im laufenden Jahr gibt es laut Landgerichtspräsident Johannes Ebert in Würzburg bisher 1746 Fälle in Zivilsachen, in denen Bürgerinnen und Bürger die Justiz bemühen. Von nun an werden am Landgericht die Akten in solchen Fällen nur noch digital erfasst, also "komplett papierlos geführt", sagte Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) zum Startschuss der E-Akte am Mittwoch. Er war stilecht per Videokonferenz aus München zugeschaltet, als das Projekt von Landgerichtspräsident Ebert und Lothar Schmitt, dem Präsidenten des Gerichtsbezirks Bamberg, zu dem Würzburg gehört, vorgestellt wurde.

Die Digitalisierung spare der Justiz zeitraubende Wartezeiten für mühselige Transportwege, Papier und Archivraum, wie Schmitt hervorhob. Künftig könnten mehrere Beteiligte gleichzeitig an einem Fall arbeiten – und sich in manchen Fällen sogar die Anreise sparen, weil zur Antragstellung möglicherweise eine Videokonferenz genügt.

Ist der Datenschutz bei der E-Akte gesichert?

Dazu sagt Olaf Beller vom IT-Servicezentrum der bayerischen Justiz in Amberg: "Die Dokumente werden elektronisch signiert, sodass klar ist, wer die Akte in der Hand hatte." Außerdem werden laut Beller alle Daten auf einem Server in einem staatlichen Rechenzentrum gespeichert. Für Strafverfahren ist die E-Akte ebenfalls geplant. In Landshut wurde mit der Pilotphase bereits begonnen, Mitte 2022 folgen weitere Gerichte.

Werden damit die Gerichtssäle bald überflüssig? 

Eisenreich ist zwar überzeugt, dass die Zahl der per Video geführten Verhandlungen weiter deutlich zunehmen wird – und damit aufwendige und teure Anreisen von Anwältinnen und Anwälten sowie Mandantinnen und Mandanten weniger werden. Aber gerade in Verfahren, in denen das Gericht einen Eindruck von einem Zeugen oder einer Zeugin gewinnen müsse, blieben Verfahren in Präsenz unentbehrlich, sagte der Justizminister auf Nachfrage.

Jedoch verfügen alle 99 bayerischen Gerichte seit Juli über insgesamt 105 Videokonferenzanlagen. Zum Ausbau der Videoverhandlungen setzt die Justiz auch auf ein Video-Konferenz-Tool. "Bereits tausende Verhandlungen werden an Bayerns Gerichten inzwischen digital als Videokonferenz geführt", sagte Eisenreich.

Wie weit ist die Digitalisierung der bayerischen Justiz?

Eisenreich sagte: "Wir müssen 127 Standorte mit etwa 15 000 Arbeitsplätzen mit der elektronischen Akte ausstatten. Noch im Laufe dieses Jahres soll die Regeleinführung der E-Akte in Zivilverfahren an drei weiteren bayerischen Landgerichten erfolgen." Dann setze bereits die Hälfte der bayerischen Landgerichte die E-Akte ein.

Entsprechen die rechtlichen Rahmenbedingungen noch den neuen technischen Möglichkeiten?

Auf dem Weg zu einem modernen Zivilprozess sieht der bayerische Justizminister noch "erheblichen rechtspolitischen Handlungsbedarf". Vorschläge zur Modernisierung lägen vor. Eisenreich sieht nun Bundesjustizministerin Christine Lamprecht (SPD) in der Pflicht: "Die Zivilprozessordnung ist für die Papierakte gemacht, nicht für die elektronische Akte. Eine Modernisierung des Zivilprozesses ist daher notwendig."

 
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  • K. K.
    Hurra, der Anfang ist gemacht. Wenn dann zukünftig jedes Jahr drei weitere Standorte umstellen, dann sind wir ja schon in knapp einundzwanzig Jahren mit der Umstellung fertig.
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