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Schweinfurt
Dieselskandal: Schweinfurter Gericht urteilt erneut pro Kunde
Und wieder gibt das Landgericht Schweinfurt einem Diesel-Kunden recht. Er darf seinen Seat an VW zurückgeben und erhält 15 300 Euro Schadensersatz. Aber bleibt es dabei?
Der VW-Konzern gerät in puncto Schadensersatz zunehmend unter Druck - zumindest wenn vor dem Schweinfurter Landgericht verhandelt wird. 
Foto: Julian Stratenschulte, dpa | Der VW-Konzern gerät in puncto Schadensersatz zunehmend unter Druck - zumindest wenn vor dem Schweinfurter Landgericht verhandelt wird. 
Stefan Sauer
Stefan Sauer
 |  aktualisiert: 07.04.2020 10:43 Uhr

Wenn es um Betrugssoftware bei der Abgassteuerung von Dieselfahrzeugen geht, bleibt das Landgericht Schweinfurt seiner Linie treu: Käufer von VW-Fahrzeuge mit dem manipulierten Motortyp EA 189 können ihr Fahrzeug an den Konzern zurückgeben und sie müssen entschädigt werden

Schadensersatz plus Zinsen

Im jüngsten Fall entschied ein Einzelrichter des Landgerichts Schweinfurt am 17. Januar im Sinne eines Mandanten der Kölner Anwaltskanzlei Rogert & Ulbrich (Az: 12 O 109/18). Dieser hatte einen Seat Exeo (Schadstoffklasse Euro 5) im Jahr 2014 mit einem Kilometerstand von knapp 24 000 erworben und dafür 25 870 Euro bezahlt. Im November 2017 forderte er VW erfolglos zur Rücknahme des Autos und Erstattung des Kaufpreises auf. Daraufhin zog der Eigentümer vor Gericht. 

Das sprach ihm in seinem Urteil nun 15 303 Euro Schadensersatz zu, ein entsprechender  Anteil für die Nutzung des Pkw wurde vom Kaufpreis abgezogen. Verzugszinsen und der Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten kommen aber für VW noch hinzu. Die 1. Zivilkammer urteilte, durch den Einbau der Betrugssoftware in die Abgassteuerung habe der Wolfsburger Konzern den Kunden vorsätzlich geschädigt, gegen die guten Sitten verstoßen, rechtswidrig und schuldhaft gehandelt.

Unter anderem heißt es im Urteil: "Der Kläger hat nicht erhalten, was ihm aus dem Kaufvertrag zustand, nämlich ein ein technisch einwandfreies, den gesetzlichen Bestimmungen entsprechendes Fahrzeug."  Das Gericht glaubt dem weltgrößten Autohersteller nicht, dass nur untergeordnete Mitarbeiter für die Abgas-Manipulationen verantwortlich sind. 

Gewinnstreben um den Preis der Täuschung

Die Austattung der Motoren mit der beanstandeten Software habe dem Zweck gedient, "zur Kostensenkung rechtlich und technisch einwandfreie, aber teurere Lösungen der Abgasreinigung zu vermeiden und mit Hilfe der scheinbar umweltfreundlichen Prüfstandwerte Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Schon dieses Gewinnstreben um den Preis der bewussten Täuschung und Benachteiligung von Kunden gibt dem Handeln der Beklagten ein unredliches Gepräge". Für das Gericht spielte es keine Rolle, dass an dem Wagen ein Software-Update durchgeführt worden war.

Vor dem Landgericht Schweinfurt bekamen seit November 2017 bereits 55 klagende Eigentümer von Diesel-Autos des VW-Konzerns Schadensersatz zugesprochen, so Pressesprecherin Kerstin Leitsch. Soweit in diesen Fällen eine teilweise Klageabweisung erfolgte, sei der Grund in der Regel eine nicht oder unzureichend berücksichtigte Nutzungsentschädigung für die bisherige Nutzung des Pkw seitens der Kläger gewesen.

200 Verfahren sind noch offen

200 Verfahren sind laut Kerstin Leitsch am Landgericht Schweinfurt noch offen. Von diesen seien die meisten - nämlich 156 - alleine im Dezember vergangenen Jahres kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist neu eingegangen. Insgesamt hätten bisher rund 280 Diesel-Besitzer Klage am Landgericht Schweinfurt gegen Volkswagen erhoben. Und: Verfahren, in denen VW Berufung zum OLG Bamberg eingelegt habe, seien mit einer Klagerücknahme zurück gekommen. Das heißt, dass Autokonzern und Kläger einen außergerichtlichen Vergleich geschlossen hätten mit der Folge, "dass die Wirkung das Schweinfurter Landgerichtsurteil hinfällig" sei.

Auch gegen das aktuelle Urteil des Landgerichts Schweinfurt werde VW in Berufung gehen, so VW-Pressesprecher Christopher Hauss. Bis heute hätten die Klagen von Volkswagen-Kunden vor den Landgerichten mehrheitlich keinen Erfolg. Gegenwärtig gebe es 22 Urteile von Oberlandesgerichten, die zugunsten von Volkswagen oder den Händlern entschieden worden seien, ebenso "zahlreiche andere Entscheidungen von Oberlandesgerichten". 

 
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  • A. K.
    Hier noch mehr aus rp-online dazu:

    https://rp-online.de/nrw/panorama/diesel-fahrverbot-in-nrw-ovg-urteile-zu-aachen-koeln-und-bonn-fallen-im-sommer_aid-36741863

    "Hier geht es um Bielefeld, Bochum, Düren, Düsseldorf, Dortmund, Hagen, Oberhausen, Paderborn und Wuppertal."

    Dass heißt: die nächsten Fahrverbote werden bald Wirklichkeit und wenn Söder nicht bald springt und die Fahrverbote in Muenchen umsetzt, dann wir das Bundesverfassungsgericht - zusammen mit dem EUGH - Ernst machen, und den Haftbefehl fuer Söder ausfertigen und Söder verhaften lassen. So viel dazu....

    Also Söder: mach hinne mit den Luftreinhalteplänen oder die Gerichte machen Ernst!!
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  • A. K.
    bitte keinen reinen Linkpostings. Vielen Dank!
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  • A. K.
    Hier mal bei DerWesten die eindeutige Ansage vom Bundesverfassungsgericht:

    https://www.derwesten.de/politik/markus-soeder-gefaengnis-fahrverbote-id216022673.html

    Bundesverfassungsgericht: „Es kann nicht mehr darauf vertraut werden, dass der Staat sich ans Recht hält“

    "Vom Präsident des Bundesverfassungsgericht hagelt es dazu Kritik für Bayern. Er sagte dem Blatt: „Es kann nicht mehr darauf vertraut werden, dass der Staat sich ans Recht hält – die normalen Zwangsmittel reichen offenbar nicht.“"

    "Die deutsche und besonders die bayrische Politik habe sich jahrelang verweigert, europäisches Recht einzuhalten und Luftreinhaltepläne zu befolgen, so der Präsident."

    Tja.. damit geht die Amtszeit von Söder schneller zu Ende als es ihm lieb sein duerfte! Und auch das OVG Muenster wird Mitte 2019 ein Kracherurteil rauslassen bezueglich Fahrverboten in NRW!! Das zumindest ist schon im Netz angekuendigt vom OVG Muenster!!
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  • A. K.
    Außerdem gibt es im Punkt Luftreinhaltepläne und Beugehaft fuer Söder neue ungemuetliche Updates! Yep, Söder steht an der Schwelle zum Knast!! Denn: der EUGH-Sprecher hat ein eindeutiges Statement gegeben!!

    https://www.tag24.de/nachrichten/zwangshaft-politiker-diesel-soeder-muenchen-verbot-eugh-duh-874688

    "EuGH-Sprecher Hartmut Ost sagte, nach Rechtsprechung der EU-Richter habe EU-Recht Vorrang vor nationalem Recht. Das Bundesverfassungsgericht habe allerdings einige Vorbehalte. Urteile des EuGH seien im Durchschnitt nach 15 Monaten zu erwarten, in beschleunigten Verfahren nach 7 bis 9 Monaten."

    und auch das Bundesverfassungsgericht hat sich gegen Söder gestellt und hat die Nase gestrichen voll von dem:

    https://www.derwesten.de/politik/markus-soeder-gefaengnis-fahrverbote-id216022673.html
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  • A. K.
    Dass heißt:

    fuer die ganzen Kläger wird es immer besser und bald wird auch Daimler vor Gericht baumeln und dann wird Daimler ebenfalls Schadenersatz zahlen muessen und dass gibt die nächste Mega-Klagewelle, diesesmal gegen Daimler...

    Tja... Shit happens fuer die Autokonzerne.
    Wer zweimal betruegt - erst bei den Abgaswerten und dann beim Software-Update (enthält ja auch unerlaubte Abschalteinrichtungen) - dem glauben die Gerichte halt nicht mehr. *unverschämt breit grins*
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  • A. K.
    Uebrigens: der nächste Autokonzern baumelt!! Daimler!! Bußgeldverfahren eröffnet laut Tagesschau:

    https://www.tagesschau.de/wirtschaft/startseite/daimler-diesel-bussgeld-101.html

    Strafrechtliche Ermittlungen gegen einzelne Daimler-Mitarbeiter wegen Betrugsverdachts im Diesel-Skandal laufen schon länger. Nun wurde auch ein Bußgeldverfahren eröffnet - das aber gegen den Konzern.

    "Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat wegen des mutmaßlichen Dieselbetrugs nun auch ein Bußgeldverfahren gegen den Autobauer Daimler eröffnet. Das haben der Konzern und die Staatsanwaltschaft bestätigt."

    "Mögliche Verletzung von Aufsichtspflichten"

    "Auch in diesem Verfahren geht es um den Verdacht, dass Führungskräfte ihre Aufsichtspflichten verletzt und damit eine Ordnungswidrigkeit begangen haben könnten. VW musste deshalb bereits eine Milliarde Euro bezahlen, Audi 800 Millionen Euro. Zudem laufen Verfahren gegen Porsche und Bosch. Nun droht auch Daimler eine hohe Geldbuße."

    So viel dazu... *breit grins*
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  • A. K.
    Uebrigens: auch das OLG Braunschweig stellt sich GEGEN VW!! Hier lesen beim NDR:

    https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/braunschweig_harz_goettingen/Dieselgate-Richter-will-Schaden-berechnen,vw4668.html

    "Das Musterverfahren von VW-Anlegern gegen den Autohersteller ist am Montag fortgesetzt worden. Bei der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht Braunschweig, die wegen der großen Teilnehmerzahl in der Stadthalle stattfindet, ging es um die Berechnung der möglichen Schäden für die Anleger. Die VW-Vorzugsaktien hatten nach der Veröffentlichung des Abgasskandals durch die US-Umweltbehörde EPA und vor der Ad-Hoc-Mitteilung seitens VW zwischenzeitlich fast die Hälfte ihres Werts verloren. Der Vorsitzende Richter kündigte an, dass gegebenenfalls ein Sachverständiger beauftragt werde. Musterbeklagte sind Volkswagen und der VW-Hauptaktionär Porsche SE, Musterklägerin ist die Fondsgesellschaft Deka Investment."

    Ciao... VW!! Schadenersatz tut gar nicht weh!!
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  • A. K.
    Und hier noch ein weiterer piekfeiner Abblitzer von VW beim OLG Köln:

    https://datenbank.nwb.de/Dokument/Anzeigen/771172/

    Ich sag Dankeschön an die OLGs!! Gut und richtig gemacht!! Denn: wer zweimal betruegt, dem glauben die Gerichte halt nicht!! Ätsch, VW und Co. :-D
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  • A. K.
    Zuerst mal sage ich DANKE ans Landgericht Schweinfurt fuer dieses sehr richtige Urteil und es wird noch schlimmer kommen fuer VW. Denn: so gut wie alle Oberlandesgerichte haben inzwischen Hinweisbeschluesse erlassen. Und die besagen: VW zieht die Arschkarte!!

    1. OLG Köln:

    https://www.hms-bg.de/aktuelles/dieselfuchs-abgasskandal-entscheidung-olg-koeln-verbraucher-geld/

    2. OLG Stuttgart:

    https://www.ariva.de/news/oberlandesgericht-haelt-stuttgarter-diesel-richter-nicht-fuer-7347383

    3. OLG Oldenburg + OLG Karlsruhe

    https://www.diesel-gate.com/vw-oberlandesgerichte/

    Tja... Bem, VW!! Geschieht euch recht!! Damit habt ihr endgueltig verloren!!
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  • T. B.
    Wir reden über Klimawandel, Fahrverbote in Innenstädten, die Regierung sucht angeblich nach Kompromissen für die Autofahrer, ganz ehrlich, das ist Volksverdummung ganz nah an der Schmerzgrenze. Die Automobilhersteller (und damit sind fast alle Hersteller gemeint) sind Betrüger im Sinne des Strafgesetzbuches im Hinblick auf die Dieselmanipulation. VW-Chef Herbert Diess bezifferte bei einer vertraulichen Besprechung am 27. Juli 2015 eine mögliche Maximalstrafe auf 37.500 Dollar pro Fahrzeug und damit insgesamt 22,5 Milliarden Dollar in den USA. Bisher hat VW in den USA ca. 21 Mrd. Euro an Schadenersatzleistungen an die Kunden bezahlt. Die Geldbußen an die Umweltbehörde dürfte noch einmal bei der gleichen Summe liegen. In Deutschland sieht das alles anders aus, dort wird der Kunde betrogen und zahlt hinterher noch die Zeche. Und was lernen wir daraus? Betrug ist nicht gleich Betrug, sondern es kommt darauf an, wer der Betrüger ist.
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  • J. H.
    +1 - Volle Zustimmung!

    Politisches Totalversagen seit der Dieselskandal aufgedeckt wurde. Und das Beste für die Autolobby:

    - Ein Großteil der deutschen Bevölkerung leidet anscheinend an einer Art Stockholm-Syndrom und sympathisiert mit denen, die sie betrogen haben, statt ihnen die Hölle heiß zu machen. Stattdessen wird auf die Überbringer der schlechten Nachrichten eingedroschen.

    - Der Bundesverkehrsminister ruft die Kommunen zum Widerstand gegen geltendes Recht mit allen juristischen Mitteln auf. Das Ende des Rechsstaates! MMn ein Fall für den Verfassungschutz. Da müßte mind. unser Angela dem Scheuer mal ordentlich auf die Finger klopfen. Worauf kann man sich als Bürger denn noch verlassen, wenn die Politik nichts auf die selbst aufgestellten Regeln gibt? Was kommt als nächstes? Korruption?
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