Die sterile Flüssigkeit im Glas ist mächtig in Wallung geraten, wirbelt förmlich durch den Behälter. Die treibende Kraft für den "Sturm im Wasserglas" ist die kleinste Herzpumpe der Welt, die seit einem guten halben Jahr auch im Leopoldina-Krankenhaus in Schweinfurt erfolgreich eingesetzt wird. Die sogenannte Impella-Pumpe hat gerade mal einen Durchmesser von vier Millimetern, leistet aber enormes, wenn es zum Beispiel darum geht ein menschliches Herz beim Pumpen zu unterstützen. Bis zu zweieinhalb Liter Blut pro Minute schafft das kleine Wunderding, das bereits in den großen Herzkliniken zum Einsatz kommt und nun auch im Leopoldina zur Verfügung steht. Eine etwas größere Version der Pumpe bringt es auf drei Liter. Mit diesen beiden Pumpen kann ein Teil der Herzleistung – ein gesundes Herz bewegt etwa fünf Liter Blut pro Minute – übernommen werden. Der winzige Elektromotor kommt dabei auf sagenhafte 50 000 Umdrehungen pro Minute.
Die Pumpe von Aachen nach Schweinfurt mitgebracht
Die Pumpe wurde in Aachen von einem Start-up-Unternehmen bereits in den 1990er-Jahren entwickelt und wird in Aachen von der Firma "Abiomed Europe" hergestellt. Die Firma ist nur ein paar Steinwürfe entfernt von der Uniklinik Aachen, an der Professor Dr. Karl Mischke,inzwischen seit eineinhalb Jahren Chefarzt der Medizinischen Klinik 1 am Leopoldina-Krankenhaus in Schweinfurt, knapp 20 Jahre gearbeitet und auch die Pumpe eingesetzt hat.
Das kardiologische Fingerspitzengefühl rund um den Einsatz der Impella-Pumpe hat Mischke sozusagen nach Schweinfurt mitgebracht. Er und der leitende Oberarzt Dr. Sebastian Herrmann haben damit seit Mitte letzten Jahres am Leopoldina etwa zehn Patienten behandelt. Eine Zahl, die auf den ersten Blick gering anmutet, die aber der sehr spezifischen Anwendung geschuldet ist. "Sie ist für Spezialfälle gedacht und stellt keine Routinebehandlung bei allen Patienten mit kardiogenenem Schock dar", so Mischke. In so manchem kritischen Fall aber könne die Pumpe zur Kreislaufunterstützung eingesetzt werden und erweitere die Behandlungsmöglichkeiten im Krankenhaus.
Wenn das Herz einen kardiogenen Schock erlitten hat
Ein kardiogener Schock, das ist sozusagen der Super-Gau für das Herz. Der kann natürlich durch einen Herzinfarkt aber auch durch eine Herzmuskelentzündung entstehen. Ein junger Patient, dem schließlich die Impella-Pumpe vorübergehend implantiert wurde, erlitt einen solchen aufgrund einer schweren Grippe. Bei einer akuten Herzschwäche pumpt das Herz zu wenig Blut durch den Körper,dessen ausreichende Versorgung mit Sauerstoff gefährdet ist. Kommt es zur dramatischen Herzschwäche, einem kardiogenen Schock, besteht Lebensgefahr. Auch bei schneller Behandlung sterben mehr als die Hälfte der Patienten am kardiogenen Schock. Der Einsatz der Pumpe kann also buchstäblich die "letzte Rettung" sein. In solchen Fällen kann aber auch die Herzpumpe nicht immer den Tod verhindern.
Einsatz für Stunden oder wenige Tage
Auf der Intensivstation angekommen werden die Patienten dann normalerweise mit Stresshormonen behandelt, die die Pumpfunktion des Herzens stärken und den Blutdruck stabilisieren sollen. Um das schwache Herz zu entlasten, kann vorübergehend (nur für Stunden oder bis zu fünf Tagen) die Minipumpe eingesetzt werden. Hat sich das Herz erholt wird sie explantiert.
Brustkorb muss nicht geöffnet werden
Zwar wird die Impella-Pumpe direkt in die linke Herzkammer eingesetzt, der Brustkorb muss aber nicht eröffnet werden, denn die Pumpe wird von der Leiste aus bis ins Herz vorgeschoben. Per Kabel erfolgen Steuerung und Stromversorgung von außen. Mittels einer speziellen Software können die Arbeit, der richtige Sitz und Pumpleistung überwacht werden, eventuelle Störungen werden unverzüglich gemeldet. Die kleine Pumpe saugt Blut aus der linken Hauptkammer des Herzens und transportiert es in die Hauptschlagader, nimmt so dem Herzen Arbeit ab und bietet ihm die Chance sich zu erholen.
Die mehrere tausend Euro teure Pumpe wird übrigens nur einmal eingesetzt, egal ob dies für Stunden oder Tage der Fall war. Die Kosten dafür werden in der Regel von der Kasse übernommen, dennoch ist die Pumpe kein Regelfall. Die bisherige Datenlage und Leitlinienempfehlungen würden den Routine-Einsatz bei allen Patienten nicht rechtfertigen, weitere Studien sind in Arbeit. Zum Einsatz kommt die Pumpe in ausgewählten Fällen, aber da durchaus auch außerhalb von Notfällen. "Zum Beispiel bei Patienten, die für eine Bypass-Operation vorgesehen waren, diese aber ablehnten und dann eine Stentimplantation durchgeführt wurde", so Mischke. Auch in so einem Fall kann die Pumpe das Herz während der Prozedur unterstützen.