In Deutschland leben schätzungsweise zwei bis drei Millionen Menschen mit einer chronischen Herzschwäche, fast 45 000 sterben jährlich daran. Herzschwäche ist der häufigste Grund für Krankenhauseinweisungen, jedes Jahr müssen rund 444 000 Patienten stationär behandelt werden. „Viele Betroffene und ein komplexes Thema“, umreißt Prof. Dr. Karl Mischke, Chefarzt der Medizinischen Klinik I des Leopoldina, seinen Vortrag „Das schwache Herz“ beim Leo Arzt-Patienten-Seminar.
Wenn das Herz nicht mehr in der Lage ist, den Organismus ausreichend mit Blut zu versorgen, besteht eine chronische Herzschwäche. Man unterscheidet zwei Formen: Bei der systolischen Herzschwäche ist die Pumpkraft des Herzens zu gering, zwei Drittel dieser Patienten leiden an einer koronaren Herzkrankheit (Verengung der Herzkranzgefäße). Bei der diastolischen Herzschwäche kann sich der häufig verdickte Herzmuskel trotz erhaltener Pumpfunktion nicht genügend entspannen und sich nicht ausreichend füllen. Die meisten dieser Patienten leiden an Bluthochdruck, Diabetes und Übergewicht.
Wie zeigt sich die Herzschwäche?
Die chronische Herzschwäche beginnt schleichend und meist unbemerkt. Trotzdem zu spüren: Atemnot bei Belastung, Abnahme der Leistungsfähigkeit, Müdigkeit, Schwellungen an Knöcheln, Unterschenkeln (Wassereinlagerungen), rascher Herzschlag. „Schon bei diesen Symptomen sollten Sie unbedingt den Arzt aufsuchen“, empfiehlt Mischke seinen Zuhörern. „Denn je eher die Herzschwäche erkannt wird, desto besser kann sie behandelt werden“.
Die Herzschwäche ist in vier Stadien eingeteilt: Von Stadium I ohne körperliche Einschränkung bis zur Stufe IV mit Beschwerden bei allen Aktivitäten und in Ruhe, das Sprechen strengt wegen Luftnot an, meist ans Bett gebunden. Herzschwäche als Endstadium verschiedener Herzkrankheiten hat als wichtigste Ursachen die koronare Herzkrankheit und Bluthochdruck. Besonders gefährlich, wenn beides gemeinsam plus Diabetes auftritt. Für 20 bis 30 Prozent der Fälle sind verantwortlich: Herzklappenerkrankungen, angeborene Herzfehler, entzündliche Herzerkrankungen (etwa nach verschleppter Grippe), Alkohol, Drogen und Medikamente.
Diagnose der Herzschwäche: Vorgeschichte, körperliche Untersuchung, Frage nach Beschwerden: Atemnot unter Belastung, Wassereinlagerungen Unterschenkel oder in der Lunge (Abhören der Lunge).
Als elegante Diagnose-Methode nennt Mischke den Biomarker NT-proBNP: Ist der Wert normal, beruht die Luftnot nicht auf Herzschwäche. Ist er erhöht, sei das noch kein Beweis dafür, sollte aber beim Kardiologen abgeklärt werden. Ergeben sich Hinweise auf Herzschwäche, unbedingt Überweisung zum Kardiologen oder – wenn kein zeitnaher Termin möglich – in die Herzambulanz eines Krankenhauses. „Herzschwäche wird oft zu spät diagnostiziert“.
Mischke erklärt die klinischen Untersuchungsmethoden und er betont, dass bei der Herzschwäche der gesamte Organismus unter Mangeldurchblutung leide. Die dabei auftretenden Begleiterkrankungen müssen ebenfalls erkannt und behandelt werden: Atemwegserkrankungen, Wasser in der Lunge, Nierenfunktionsstörungen, Blutarmut, Eisenmangel, geistiger und körperlicher Abbau.
Sofort 112 anrufen
Zwei dramatische Geschehen der Herzschwäche sind einmal das akute Herzversagen (kardiogener Schock) durch Herzinfarkt: Ausstrahlende Brustschmerzen, Luftnot, feuchter, sogar schaumiger Husten, kaltschweißige Haut, Herzrasen, Blutdruckabfall, Bewusstseinstrübung oder Bewusstlosigkeit.
Auch das Lungenödem (etwa bei plötzlicher Verschlechterung der Herzschwäche) mit extremer Atemnot, Husten mit Flüssigkeit oder Schaum und Todesangst ist ein absoluter Notfall, bei dem jede Minute zählt. Hier ist sofort - wie beim akuten Herzversagen – der Notarztwagen unter Tel. 112 zu rufen.
Die beste Strategie bei der Herzschwäche ist die Behandlung der Grundkrankheit. Hier widmet sich Mischke der koronaren Herzkrankheit, dem Bluthochdruck, Diabetes, Übergewicht, Herzklappenerkrankungen. Bei der systolischen Herzschwäche (zu geringe Pumpkraft) sollen die ausführlich besprochenen Medikamente das Voranschreiten der Krankheit verlangsamen oder verhindern, die Herzleistung, Lebensqualität und Lebensdauer verbessern, sowie eine plötzliche Verschlechterung einer Herzschwäche verhindern.
Solch eine Dekompensation könne durch eigenmächtiges Absetzen oder Reduktion notwendiger Medikamente geschehen, durch eine Blutdruckkrise, durch Rhythmusstörungen, Infektionen, Niereninsuffizienz, Herzinfarkt, auch durch eine Therapie mit nicht-steroidalen Antirheumatika. „Diclofenac, Ibuprofen und COX-2-Hemmer sind Gift für Herz und Nieren“, warnt Mischke.
Was kann der Patient selbst tun? Der Chefarzt empfiehlt regelmäßige Kontrolle des Kaliumspiegels (Norm 3,5 - 5,0 mmol/l) und des Eisenstoffwechsels, Impfschutz, tägliche Gewichtskontrolle, maßvolles Ausdauertraining bei stabiler Herzschwäche, wenig Alkohol, Rauchstopp, wenig Salz, Flüssigkeit max. zwei Liter (mit Arzt abklären). Gewichtszunahme von mehr als zwei Kilo in drei Tagen zeigt eine Verschlechterung der Herzschwäche. Dann sofort zum Arzt, ebenso bei zunehmender Kurzatmigkeit, wiederholtem Aufwachen wegen Atemnot, Bedarf von mehreren Kissen beim Schlafen.
Abschließend erwähnt Mischke technische Hilfen für Herzschwäche-Patienten wie den Defibrillator, den Dreikammer-Schrittmacher zur Resynchronisations-Therapie und Herzunterstützungs-Systeme (künstliche Herzen). Als letzte Option bleibt die Herztransplantation mit einem gravierenden Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage. „Die meisten Patienten auf der Warteliste versterben vor Erhalt eines Transplantats, das ist leider die Realität“, sagt Kardiologe Mischke.