Obwohl die Entscheidungen über eine endgültige Entwidmung der Steigerwaldbahn-Trasse noch ausstehen, haben die aktuellen Pläne der Deutschen Bahn (DB), die Trasse meistbietend zu verkaufen, jetzt erhebliche politische Aktivitäten sowohl auf Kreis-, als auch auf Landesebene ausgelöst.
Wie mehrfach berichtet, hatten ausnahmslos alle Anrainergemeinden entlang der Strecke von Großlangheim bis nach Sennfeld bei der dafür zuständigen Regierung von Mittelfranken einen Antrag auf Entwidmung der Trasse der Steigerwaldbahn gestellt. Einzig die Stadt Gerolzhofen hatte diesen Antrag später wieder zurückgezogen, weil man erst ein staatliches Gutachten zu den potenziellen Fahrgastzahlen abwarten möchte, ehe man wieder über einen Entwidmungsantrag abstimmt. Für den kleinen Streckenabschnitt bei Sennfeld wurde der Entwidmungsantrag beim Eisenbahnbundesamt in Berlin gestellt.
Um den kleinen Streckenabschnitt in der Gemarkung von Kitzingen-Etwashausen geht es nicht mehr. Er hat bereits durch eine Entscheidung der Regierung von Mittelfranken seinen Status und seine Privilegien als Eisenbahnstrecke verloren und unterliegt nach der erfolgten Entwidmung (Freistellung) jetzt wieder der kommunalen Planungshoheit der Stadt Kitzingen.
Im Zuge des eingeleiteten Entwidmungsverfahrens hat die Regierung von Mittelfranken, wie es das Allgemeine Eisenbahngesetz in Paragraph 23 vorschreibt, die zuständigen Träger der Landes- und Regionalplanung bis zum 30. Juni 2019 um Stellungnahmen gebeten. Das Eisenbahnbundesamt in Berlin hatte für Einwendungen im dort anhängigen Verfahren die Frist auf den 31. März 2019 gesetzt.
Langfristiges Interesse
Der Kreistag Schweinfurt hat daraufhin bereits am 14. März mit deutlicher Mehrheit beschlossen, der Regierung von Mittelfranken und dem Eisenbahnbundesamt ein „langfristiges Interesse“ an der kompletten Steigerwaldbahn zu signalisieren. Der Landkreis tat dies in seiner Eigenschaft als Träger des öffentlichen Personennahverkehrs.
Das langfristige Verkehrsinteresse für die Steigerwaldbahn begründete Landrat Florian Töpper damals mit der regionalen Daseinsvorsorge: Es soll eine nachhaltige Verbesserung der Mobilität für die Zukunft sichergestellt werden und so der Standort Landkreis Schweinfurt als Lebens-, Wohn- und Wirtschaftsstandort attraktiver gemacht werden.
Nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz kann die Entwidmung einer Strecke, die „Freistellung von Bahnbetriebszwecken“, nur dann erfolgen, wenn nach Auswertung aller eingegangenen Stellungnahmen die Bezirksregierung und das Eisenbahnbundesamt zur Überzeugung kommen, dass für die verschiedenen Abschnitte der Trasse kein Verkehrsbedürfnis mehr besteht und langfristig eine Nutzung der Strecke nicht mehr zu erwarten ist.
Entscheidungen abwarten?
Nach dem Signal aus dem Schweinfurter Kreistag, dem späterauch der Kreistag Kitzingen folgte, ist jetzt allerdings kaum mehr zu erwarten, dass die Bezirksregierung in Ansbach und das Eisenbahnbundesamt den Entwidmungsanträgen der Anrainergemeinden noch stattgeben werden, weil ja nach Meinung der Landkreise Schweinfurt und Kitzingen offenbar doch ein „Verkehrsbedürfnis“ besteht und die Strecke vielleicht irgendwann noch einmal genutzt wird.
Allerdings: Die Entscheidung der Behörden hinsichtlich der Entwidmung stehen noch aus, zumal ja die Einwendungsfrist bei der Regierung von Mittelfranken noch gar nicht abgelaufen ist.
Bislang war davon auszugehen, dass man erst die rechtsverbindlichen Entscheidungen aus Ansbach und Berlin über die anhängigen Entwidmungsanträge abwartet. Denn nur, wenn die Entwidmungsanträge abgelehnt werden, kann man sich konkret mit einer Reaktivierung der Strecke beschäftigen. Die für eine Wiederinbetriebnahme zuständige staatliche Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG), die dem Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr unterstellt ist, wird nicht in die Prüfung einer Reaktivierung der Steigerwaldbahn einsteigen, solange nicht alle Zweifel am rechtlichen Status der Strecke beseitigt sind. Dies war zumindest bis jetzt der Stand der Dinge. Auch Landrat Florian Töpper hatte noch im März im Kreistag betont, dass auch der Landkreis erst dann ein Gutachten über mögliche Fahrgastzahlen bei der BEG anfordern wird, wenn die Entwidmungsanträge verbindlich abgelehnt sind.
Jetzt hat sich die Situation geändert. Nachdem die DB Immobilien nicht nur das bereits entwidmete Teilstück in Etwashausen, sondern auch die restliche, zwar stillgelegte, aber nicht entwidmete Trasse öffentlich zum Verkauf ausgeschrieben hat, haben sich die politischen Aktivitäten nochmals verstärkt. Nach dem Verkauf der Strecke, möglicherweise an einen Privatmann oder eine Entsorgungsfirma, wäre die Wiederinbetriebnahme der Strecke ohne Entwidmung rechtlich zwar weiterhin möglich, allerdings ungleich schwieriger zu bewerkstelligen als jetzt.
Die Bundestagsabgeordnete Manuela Rottmann (Grüne), unterstützt von Cem Özdemir und Matthias Gastel, hat deshalb in mehreren Briefen an die Bahn bereits einen Stopp der Verkaufsverhandlungen gefordert, bis Klarheit über die Zukunft der Strecke besteht.
Brief an Verkehrsminister
Landrat Florian Töpper (SPD) hat sich nun direkt an Bayerns Verkehrsminister Hans Reichhart (CSU) gewandt. In seinem Schreiben, das er mit der Kitzinger Landrätin Tamara Bischof (FW) abgestimmt hat, bittet Landrat Töpper den Minister, den Verkauf der Bahnlinie zu stoppen. Reichhart sollte in seiner Eigenschaft als Aufsichtsratsvorsitzender und Aufsichtsführender über die BEG auf diese einwirken, einen Prüfauftrag in Bezug auf die Reaktivierung der Steigerwaldbahn zu erteilen.
Auslöser des Landrats-Schreibens direkt an den Minister war unter anderem eine interne Besprechung zum Thema Steigerwaldbahn vor gut einer Woche, berichtet Landratsamt-Pressesprecherin Uta Baumann auf Anfrage dieser Redaktion. Dabei sollten wichtige Fragen unter anderem über das weitere Vorgehen und die Zuständigkeiten geklärt werden. Das Ganze endete aber in einem Affront.
Glaubwürdigkeit der Politik
Reichharts Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr hatte eine Teilnahme an der Besprechung für nicht erforderlich erachtet und im Vorfeld bereits abgesagt, mit dem Hinweis, dass Vertreter der dafür zuständigen BEG kommen würden, teilt die Pressesprecherin mit. „Die BEG war zu diesem Gespräch eingeladen und hatte ihr Kommen auch zugesagt. Am Termin selbst war dann jedoch kein Vertreter der BEG anwesend – ohne Angaben von Gründen oder kurzfristige Absage“, schreibt Uta Baumann.
Agnieszka Urban, Pressesprecherin der BEG, bestätigt, dass ein BEG-Mitarbeiter an dem Gespräch teilnehmen sollte. „Leider wurde dieser kurzfristig krank und konnte bei dem Termin nicht erscheinen. Es war uns leider nicht möglich, eine kurzfristige Vertretung zu organisieren.“ Man bedauere sehr, dass man an der Konferenz nicht teilnehmen konnte.
„Gerade in Zeiten, in denen die Bürgerinnen und Bürger von der Politik eine Mobilitätswende und klare Signale in Bezug auf einen ernsthaft betriebenen Klimaschutz erwarten, wäre es für die Glaubwürdigkeit von Politik fatal, wenn die Steigerwaldbahn entwidmet und verkauft würde, ohne dass ernsthaft geprüft worden wäre, ob eine Reaktivierung sinnvoll und möglich ist“, macht Töpper in dem Schreiben an den Minister deutlich.
Beim bayerischen ÖPNV-Gipfel am 29. April 2019 sei sinngemäß festgelegt worden, dass ein Prüfauftrag der BEG ausgelöst werden müsse, wenn die Reaktivierung von Schienenstrecken verkehrlich angezeigt ist, weil das Reaktivierungspotenzial vorhanden sei.
Töpper sieht dieses Reaktivierungspotenzial seiner Meinung nach „objektiv“ als gegeben an. Die BEG fordert für die Wiederinbetriebnahme einer Bahnstrecke neben weiteren Voraussetzungen ein Fahrgastpotenzial von mindestens 1000 Reisendenkilometern. Dieses Potenzial werde erreicht, meint Töpper und verweist auf die Ergebnisse von zwei vorliegenden Gutachten, eines privat vom Förderverein Steigerwaldbahn e.V. (Schliephake), das andere vom Landkreis selbst in Auftrag gegeben (Kobra NVS GmbH).
Ob sich die BEG von den Zahlen dieser beider Gutachten überzeugen lässt, darf allerdings bezweifelt werden. Bislang ist es immer so gewesen, dass die BEG vor einer Entscheidung erst selbst ein eigenes Gutachten anfertigte. Beispielsweise bei der Mainschleifenbahn Astheim–Seligenstadt sind die von der BEG ermittelten Fahrgastzahlen momentan deutlich niedriger als die, die der Gutachter Schliephake im Auftrag der Stadt Volkach berechnet hatte.
Bei weiteren Punkten sieht der Landkreis nach Ansicht Töppers nach wie vor noch dringenden Klärungsbedarf – Fragen, die eigentlich bei der gescheiterten Besprechung vor gut einer Woche mit der BEG hätten erläutert werden sollte. In diesen Punkten geht es im Wesentlichen um die Finanzierung und Bereitstellung der Infrastruktur. Der Landkreis habe „hier keine Zuständigkeit“, schreibt Töpper an Minister Hans Reichhart. „Wir gehen davon aus, dass nur ein entsprechendes Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) hierfür in Frage kommt (…) und dass sich der Freistaat Bayern als zuständiger Aufgabenträger für den Schienen-Personennahverkehr um ein solches bemüht.“
Am Mittwoch war die Steigerwaldbahn dann auch Thema im Bayerischen Landtag.
Vielleicht (oder hoffentlich) liest Gerhard Eck diesen Artikel. Dass er mit seiner Verweigerungshaltung in Sachen Steigerwaldbahn der Region einen Bärendienst erweist, müsste ihm langsam klar werden. Dem Klimawandel kann man auch in kleinen Schritten begegnen: und wenn er nur darin besteht, den Individualverkehr Richtung Bahn verlagert. Warum rennen den Unionsparteien die Wähler in Scharen davon? Weil die Bevölkerung, vor allem die Jugend, erkannt hat, dass die Klimapolitik wichtig geworden ist!
Das durechdachte Nahverkehrskonzept des Landkreises SW setzt unter anderem auf die Steigerwaldbahn als Hauptachse mit Bussen als Zulaufstrecken. Warum stellt sich Eck so dagegen? Von seiner Parteifreundin Dr. Weisgerber hört man auch nichts außer Sonntagsreden in Sachen Umwelt.
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich finde, dass man die Diskussionen um die „Steigerwaldbahn“ sachlich fortsetzen und der Diskussion den dafür notwendigen Zeitrahmen geben sollte. Aber gds. hat ein Eigentümer schon das Recht sein Eigentum zu veräußern. Eine schwierige Situation, welchen Verkaufspreis setzt man an?
Ich glaube nicht, dass die Bahn AG der „Steigerwaldbahn“ so einen Stellenwert beimisst, um der Diskussion die notwendige Zeit zu geben, deshalb schlage ich vor, dass die Befürworter der „Steigerwaldbahn“ der Bahn AG ein besseres Angebot unterbreiten. Nach dem Kauf der Strecke wäre die Wiederinbetriebnahme rechtlich weiterhin möglich, allerdings ungleich leichter zu bewerkstelligen als jetzt, weil der Eigentümer ja die Inbetriebnahme will.
Also nicht nur reden und die Anderen in die Pflicht nehmen, sondern selbst handeln und kaufen.
Gruß
Aber Respekt vor Landrat Florian Töpper, der sehr couragiert an Staatsminister Hans Reichart schrieb.
@Ricky1234: "Ich glaube nicht, dass die Bahn AG der „Steigerwaldbahn“ so einen Stellenwert beimisst." Stimmt absolut!
Der Berlin-affinen DB ist die Steigerwaldbahn völlig gleichgültig und ihrem Konzernbevollmächtigten für Bayern Klaus-Dieter Josel, der den Verkauf der Strecke "zufällig" jetzt einleitete.
Die DB gibt sich lieber mit sinnlosen Milliarden-Projekten ab, wie Stuttgart21, wo ein Hauptbahnhof in die Erde verbuddelt wird, wo er absolut nicht hingehört oder der "Erfurter Beule", einem Umweg der Schnellfahrstrecke Bamberg-Berlin durch den Thüringer Wald.
In der Arroganz der DB ist die Steigerwaldbahn nur lästiger Kleinkram, den man loshaben will. Ganz gleich, ob sie rentabel wäre oder nicht. Darüber müssen sich alle vor Ort im Klaren sein. Die Steigerwaldbahn ist kein DB-Prestigeprojekt, deshalb steht sie auf der Abschussliste.
Ob die Bahn der Steigerwaldbahn so einen Stellenwert beimisst, hängt wohl vom politischen Willen ab und wie aussichtsreich ein Wiederbetrieb ist.
Können Sie eigentlich irgendein stichhaltiges seriöses Gutachten präsentieren, dass der Steigerwaldbahn ihre gute Zukunft abspricht? Natürlich nicht.
Des weiteren finde ich es wirklich zum Kotzen, wie in der Steigerwaldregion die politische Willens- und Meinungsbildung beeinflusst und für Partikularinteressen zurechtgebogen wird.
Lieber Rebnik,
das mit dem Kauf ist ernst gemeint.
Wenn Sie meine Kommentare mal mit Vernunft lesen würde, dann müssten Sie nicht immer etwas gegen mich schreiben.
Ich habe schon immer geschrieben, dass man der Diskussion die nötige Zeit geben sollte und das meine ich auch so.
Gruß
Im übrigen, finde ich es auch zum kotzen wie manche Leute glauben die Weisheit mit dem Löffler gefressenen zu haben und alle Andersdenkende als Menschen zweiter Klasse zu sehen. Da, mein lieber Rebnik, schließe ich Sie mit ein!
Doppelgruß
Ein großer Teil der Gemeinderatsmitglieder sitzt doch auf den Sesseln in den Rathäusern nicht aufgrund ihrer Sachkunde (die sie sich im Laufe einer Wahlperiode durchaus auch durch Teilnahme an Seminaren u. ä. aneignen könnten), sondern weil sie ein gutes Bild in einem Karnickelzuchtverein oder einem Schafkopfklub abgegeben haben und so genug Wähler hinter sich haben. Das reicht halt nicht...
Die Ratsmitglieder, die sich ernsthaft auf eine Sitzung vorbereiten, und die wäre geboten, sind eine bedauernswerte Minderheit. Dies aus eigener Erfahrung!