Leonard hat in seinem kurzen Leben schon mehr ertragen müssen als andere, die viel älter sind. Der dreijährige Knirps aus Gerolzhofen leidet an einer sehr seltenen Form von Hirntumor. Seine Geschichte steht nicht nur beispielhaft für den tapferen Kampf gegen eine heimtückische Krankheit, die sehr junge Menschen treffen kann. Sie erzählt auch vom Guten im Menschen und von der Hilfe, die Leonards Familie erfahren hat, in Tagen, als vieles ausweglos erschien.
Josepha Schemm (32) war mit ihrem zweiten Kind hochschwanger, als sie von Leonards Erkrankung erfuhr. Sie und ihr Partner, der Vater des Buben, hatten zuvor bemerkt, dass Leonard sich motorisch auffällig verhielt, etwa beim Laufen. "Er entwickelte sich sehr langsam", sagt sie.
Die Eltern haben sich selbst informiert. Sie hegten einen Verdacht: Leonard könnte einen Tumor im Kopf haben. Es dauerte jedoch eine Zeit lang, bis ein Arzt im April 2022 eine Magnetresonanztomographie veranlasst hat. Diese MRT-Aufnahme erzeugte ein sehr genaues Bild vom Inneren in Leonards Kopf. Die Untersuchung erfolgte am Gründonnerstag. Das Ergebnis war ein Schock für die Eltern, trotz aller Vorahnungen.
Tumorzellen verdrängen Gewebe im Hirn
Die MRT-Bilder zeigten einen Tumor in Leonards Kopf. Dieser hatte die Größe eines halben Tennisballs. Die Ärzte teilten den Eltern mit, dass es sich um ein Ependynom handelt. Das ist ein bösartiger, letztendlich lebensbedrohlicher Tumor. Bei Leonard hatten die Tumorzellen bereits Gewebe des Kleinhirns verdrängt und wucherten in Richtung Rückenmark.
Laut Informationen der Charité-Uniklinik in Berlin sind Ependymome sehr seltene Tumorerkrankungen. In Deutschland erkrankten circa 40 Kinder und Jugendlicher unter 18 Jahren neu an einem Ependymom. Dies entspricht einer Häufigkeit von drei Neuerkrankungen pro einer Million Kinder. Besonders gefährdet seien der Charité zufolge Kinder in den ersten drei bis vier Lebensjahren. Wie genau Ependymome entstehen, sei nicht bekannt.
Nach der Diagnose am Gründonnerstag wurde für Leonard sofort ein OP-Termin in der Uniklinik in Würzburg vereinbart, für folgenden Dienstag, gleich nach den Feiertagen. Am Ostermontag kam Gerolzhofens Pfarrer Stefan Mai in die Klinik und taufte den Kleinen. Es war eine Nottaufe. "Der Ausgang der Operation war völlig offen", sagt seine Mutter.
Außergewöhnliche Situation im Klinkzimmer
Leonards OP dauerte 17 Stunden. Alles verlief den Umständen entsprechend gut. Dennoch blieben gewisse Beeinträchtigungen aufgrund der Schäden, die der Tumor in Leonards Kopf hinterlassen hat.
Neun Tage nach Leonards OP kam in der Würzburger Uni-Klinik seine kleine Schwester auf die Welt. "Wir lagen da dann zu dritt im Zimmer", erzählt seine Mutter von dieser für alle außergewöhnlichen Situation, der Sohn frisch operiert, die Tochter frisch geboren.
Für die auf die OP folgende Strahlentherapie wurde Leonard auf Wunsch seiner Eltern ins Westdeutsche Protonentherapie Zentrum nach Essen verlegt. Dort werden Tumorzellen mit einem extrem genauen Strahl beschossen. Diese Spezialmethode wenden nur ganz wenige Kliniken an. Ihr Vorteil gegenüber der meist praktizierten Bestrahlung mit Photonen: Der Protonen-Strahl verhindert weitgehend, dass gesundes Gewebe verletzt wird. Das war Leonards Eltern sehr wichtig. Die Ärzte waren mit dem Behandlungserfolg zufrieden und zuversichtlich. Leonard hätte alle Voraussetzungen, wieder vollständig zu genesen, sagten sie.
Rückschlag kam nach einem Jahr
Der Rückschlag folgte ein Jahr später. Im Juni 2023 wurden bei Leonard Abtropfmetastasen festgestellt, drei im Kopf und eine in der Wirbelsäule. Solche multiplen Metastasen entstehen aus Zellen, die während einer Tumor-OP weggeschwemmt werden. Es sei immer möglich, dass aus diesen später neue Tumore entstehen, sagt Leonards Mutter.
Wieder wurde Leonard mit Protonen bestrahlt. Dieses Mal war auch sein Großhirn betroffen. Dieses Mal dauerte die Prozedur für den jetzt Dreijährigen insgesamt sieben Wochen.
Nach einer Pause startete die Chemo-Therapie in Würzburg. Es ist die dritte, die der Bub mitmacht. Sie läuft noch. "Leonard erträgt alles ganz brav", sagt seine Mutter. Sie ist hörbar stolz auf ihren Sohn.
Doch das täuscht nicht darüber hinweg, dass Leonards eineinhalb Jahre zurück reichende Krankheitsgeschichte die Gerolzhöfer Familie extrem belastet. "Bei jedem kleinen Anzeichen von Müdigkeit bei meinem Sohn habe ich Angst, dass sich sein Zustand verschlechtert", beschreibt seine Mutter, wie sie sich fühlt. Gut geschlafen habe sie schon lange nicht mehr.
Es gab nicht nur ein Schicksal
Hinzu kommen Geldsorgen. Zusammen mit Leonards Vater hatte Josepha Schemm im Jahr 2019 im Landkreis Würzburg ein Event-Lokal in einer alten Mühle eröffnet. Dann kam die Corona-Pandemie, dann Leonards Erkrankung. Ende 2022 haben sie ihr Gastro-Unternehmen aufgeben müssen.
Ihnen ist klar: Auch wenn die Krankenkasse Leonards Behandlung größtenteils zahlt – Spezialtherapien und alles Zusätzliche müssen sie selbst zahlen. Dasselbe gilt etwa für Anwendungen, die Leonards Immunsystem gegen die noch immer in seinem Körper vorhandenen Tumorzellen stärken sollen. Seine Mutter nennt die Osteopathie, die Leonard so gut tut. Die vielen Kosten haben schnell das verschlungen, was die jungen Eltern an Geldreserven hatten.
Über eine Freundin kam Josepha Schemm auf die Idee, über eine Online-Plattform um Spenden zu bitten. Dieser Schritt sei ihr "emotional richtig schwer gefallen", sagt sie. Denn hierfür musste sie auch Leonards Schicksal öffentlich machen. "Jeder weiß das jetzt."
Spendenziel bei Weitem übertroffen
Was dann folgte, war erneut ein emotionaler Kraftakt. Doch auf andere Weise. Denn nachdem die Spendenaktion Ende Oktober im Internet veröffentlicht wurde, folgte eine Welle der Hilfsbereitschaft. Diese hätte Leonards Mutter so nie erwartet. Innerhalb von zwei Tagen war das Spendenziel von 25.000 Euro erreicht. Am Ende der Aktion waren es 34.000 Euro.
Eine Einzelspende betrug 1000 Euro. Etwa 40 Prozent der Spenden gingen anonym ein, bis zu einer Höhe von 500 Euro. Unter denen, die ihre Namen angaben, waren viele Spenderinnen und Spender aus Gerolzhofen. Etliche kennt Josepha Schemm. Es seien auch viele jungen Menschen darunter.
"Wir sind allen, die uns geholfen haben, wirklich sehr dankbar", sagt Leonards Mutter. Die erfahrene Solidarität beschert ihr noch heute eine Gänsehaut, wenn sie davon erzählt. Klar ist für sie aber auch: Eine solche öffentliche Spendenaktion würde sie emotional nicht noch einmal aushalten.
Leonard geht in den Waldkindergarten
Das eingesammelte Geld erleichtert es der Familie, für Leonard alles zu unternehmen, um ihm die bestmöglichen Chancen zu bieten, seine Krankheit endgültig zu besiegen. Hierzu zählt auch der Besuch des Waldkindergartens in Gerolzhofen. Die Reize in einem regulärer Kindergarten würden ihn überfordern, meint seine Mutter. Hoffnung schöpft sie auch aus neuen Forschungsansätzen der Uniklinik Heidelberg bei der Behandlung von Tumoren.
Denn ein Schicksal teilt Leonard mit anderen Betroffenen, die an sehr seltenen Krankheiten leiden: Die Erforschung von Behandlungsmethoden und Medikamenten, die gegen diese Krankheiten wirken, dauert oft viel länger als bei häufiger auftretenden Krankheiten. Der Grund liegt auf der Hand: Gelder fließen vor allem in Forschungsbereiche, die sich auszahlen, vor allem für die Pharma-Konzerne.
wo kann man spenden?
Viele Grüße
Philipp Gottfried
https://www.gofundme.com/f/hilfe-fur-leonard-und-seine-familie
🍀🐞👍