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Jonathan liebt sein Leben
Dass der Junge die neun gefährlichen Operationen überlebt hat, grenzt an ein Wunder. Grund genug für die Familie, ein Lebensfest mit allen Unterstützern zu feiern.
Von unserem Redaktionsmitglied Hannes Helferich
 |  aktualisiert: 19.10.2020 11:07 Uhr

Vor ziemlich genau zwei Jahren hat die Uniklinik Würzburg den Zeißners aus dem Poppenhäuser Ortsteil Maibach für ihren Sohn Jonathan die schreckliche Diagnose Hirntumor gestellt. Zwei Jahre zwischen Hoffen und Bangen hat die Familie hinter sich. „Jonathan geht es gut, er liebt sein Leben, vor zwei Jahren hat niemand an ein Heute geglaubt“, sagt Mutter Brigitte.

Aber: Der vor kurzem drei Jahre alt gewordene Junge muss weiter mit einem inoperablen Resttumor leben. „Ein Teil befindet sich im Bereich des Hirnstamms, ein anderer ummantelt die Hauptschlagader im Gehirn“, erklärt die Mutter beim Besuch des Reporters, der die Einladung der Familie Zeißner zum „Lebensfest“ am 29. Juni zum Anlass genommen hat, sich nach dem Gesundheitszustand des Buben zu erkundigen.

Brigitte Zeißner sagt, dass die Kurzzeit-Prognosen mit Tumorrest bei einem so genannten anaplastistischen Ependymom „wahnsinnig schlecht sind“. Immer wieder mache sich Angst breit, etwa wenn Jonathan besonders häufig stürzt, stark speichelt oder seine Müdigkeit besonders ausgeprägt ist. „Aber damit müssen wir leben“.

Bei 90 Prozent der Kinder mit Resttumor wächst dieser Tumor innerhalb des ersten oder zweiten Jahres wieder. Jonathans Therapie endete vor 15 Monaten. Er hat auch neun Operationen überlebt. Das allein schon war fast ein Wunder.

Die Familie hat noch einmal Nachwuchs bekommen. Vater Jürgen glaubt daran „dass das Geschenk unserer kleinen Tochter Gwendolin eine Bedeutung haben muss“. Er hat bis September Elternzeit genommen, um seine Frau zu unterstützen. „Alleine würde ich das zeitlich mit drei kleinen Kindern nicht schaffen", sagt die 33-Jährige.

Sie schreibt im Internet einen Blog „aus unserem Leben" (www. Jonathans-kampf.blogspot. de). „Ich bin immer sehr offen mit der Erkrankung und den Folgen für mein Kind umgegangen, damit habe ich mir aber nicht nur Freunde gemacht“, räumt sie ein. „Wir müssen durch Jonathans therapiebedingt geschwächtes Immunsystem besonderen Wert auf Hygiene und Krankheitsvorsorge legen. Hier haben wir oft mit Intoleranz und Unverständnis zu kämpfen.“

Sehr dankbar ist die Familie für die Spenden, wovon sie beispielsweise ein Wipp-Kipp und Fallschutzmatten für Jonathans Gleichgewichts- und Falltraining gekauft haben. Die Spenden hätten in erster Linie alternativen Heilmethoden und einer optimierten Ernährung gedient, die sonst nicht möglich gewesen wären.

So wurde auch ermöglicht, dass Jonathan bei den „Musikmäusen“ mitmachen und dort sein Gehör schulen kann. Seit der Diagnose ist Jonathan nämlich auf einem Ohr taub. Durch die Bestrahlung wurde vermutlich die Hirnanhangdrüse geschädigt, die unter anderem für die Produktion von Wachstumshormonen zuständig ist. Auch das Treppensteigen ist ohne Hilfe nicht möglich. „Jonathan stürzt häufig, kippt manchmal vom Stuhl und muss so manche Macke einstecken, aber er ist hart im Nehmen“, lacht Brigitte Zeißner.

Gleichwohl ist sie zuversichtlich, dass Jonathan seine Defizite irgendwann aufgearbeitet hat. „Jonathan ist ein Kämpfer und trainiert hart. Für uns haben seine Defizite keine Bedeutung. Solange unser Kind nur am Leben ist, ist alles andere egal,“ ergänzt Jürgen. So haben sich bei den Zeißners die Werte verschoben.

Die Familie muss noch im Sechs-Wochen-Turnus zur Kontrolle nach Würzburg, die Magnetresonanztomographien (MRT) finden in einem Abstand von drei Monaten statt. Gerade dieser Termin ist Belastung pur. Zum Glück gab es zuletzt immer die gute Nachricht: Der Tumor ist nicht mehr gewachsen. „Wenngleich wir uns nichts vorspielen“, sagt Jürgen Zeißner, der aber im gleichen Atemzug sagt, dass er von Anfang an „immer hoffnungsfroh war“.

Obwohl Jonathans Immunsystem durch die Therapie noch geschwächt ist und die Familie Infekten und bestimmten Erkrankungen ausweichen muss, besucht er seit März den Maibacher Kindergarten. Das in ständiger Begleitung einer Integrationskraft. Sie sorgt für die Unterstützung beim Gehen, für zusätzliche Hygienemaßnahmen, aber sie „ist nicht der Spielpartner“. Das sind die anderen Kinder. Jonathan liebt diese ersten sozialen Kontakte über alles.

Ein Herzenswunsch von Jonathan und seinem Bruder Benjamin (5) ging Ende Mai in Erfüllung. Der Verein „Viel Farbe im Grau“ aus Zeulenroda setzt sich für krebskranke Kinder und deren Familien ein und sponserte ein Erlebniswochenende ganz im Zeichen der Feuerwehr. Die Jungs durften ein echtes Feuer löschen und die Berufsfeuerwache in Gera besuchen.

Die nun fünfköpfige Familie dankt via Reporter einmal mehr für die Hilfe von außen. „Viele Menschen sind auch durch den Bericht in Eurer Zeitung auf uns zugekommen, wir haben viele Briefe bekommen, gemalte Bilder von Kindern und vor allem viel Mitgefühl und fühlten uns durch die Nähe fremder Menschen getragen“, sagt Brigitte Zeißner.

Als die schwere Erkrankung Jonathans vor zwei Jahren bekannt wurde, da bewegte sich tatsächlich viel. Unvergesslich der Benefizlauf, den Lauffreunde von Papa Jürgen Zeißner Ende Juli 2011 organisiert und veranstaltet haben. Über 200 Läufer waren am Start bei diesem einmaligen Sport-Hilfe-Lauf. Zuvor erlebten viele Bürger aus Maibach, aus der Umgebung und die Sportler einen bewegenden Familiengottesdienst, den Jonathans Mutter Brigitte Zeißner mit Unterstützung ihrer Freundin Maureen Schneider vorbereitet hatte. Diakon Martin Weisenberger unterstützte damals spontan Stefan Philipps von St. Michael Schweinfurt.

Die Diakone entzündeten damals eine Lebens-Kerze. Jungs und Mädchen aus dem Dorf verbanden bunte Tücher zu einem Regenborgen. Und der Opa von Jonathan, Siegbert Zeißner, spielte das „Lied der Freude“ auf seiner Mundharmonika. Beim Bambinilauf begleitete Vater Zeißner seinen heute fünfjährigen Sohn Benjamin, es war eine viel umjubelte, ebenso symbolträchtige Stadionrunde.

Als kleines Dankeschön für all diese Menschen findet nun das Lebensfest für Jonathan am Samstag, 29. Juni in der Zehntscheune in Maibach statt. Es beginnt am Nachmittag um 14 Uhr mit einem Dankgottesdienst und der Taufe von Tochter Gwendolin in der Maibacher Kirche. Gwendolin heißt übrigens Weiße Rose.

Eine kurze Anmeldung per Telefon oder Email genügt. Und die Kinder dürfen sich auf Zauberer „Zappalott" freuen. Jonathan freut sich schon jetzt. „Wir wollen das Leben feiern. Solange Jonathan am Leben ist, möchten wir diese Freude mit allen teilen, die für unser Kind und für uns da waren“, sagt Brigitte Zeißner.

Die Zeißners: Jetzt ein Quintett, von links: Neuankömmling Töchterchen Gwendolin, Mutter Brigitte, Vater Jürgen, Benjamin (5) und Jonathan (3).
Foto: Hannes Helferich | Die Zeißners: Jetzt ein Quintett, von links: Neuankömmling Töchterchen Gwendolin, Mutter Brigitte, Vater Jürgen, Benjamin (5) und Jonathan (3).
 
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