"Die Kooperation ist gut, damit lassen sich viele Synergien erreichen", sagt Dr. Matthias Blanke, Chefarzt der Orthopädie und Unfallchirurgie am Leopoldina in Schweinfurt und an der Geomed-Klinik. Seit 2016 kooperieren die Kliniken. Blanke ist regelmäßig in Gerolzhofen, meist am Mittwoch, er operiert in beiden Häusern, bietet Arzt-Patientenseminare an. Wie ist das, an einer großen und einer kleinen Klinik gleichzeitig zu arbeiten? Wir haben ihn ein paar Stunden begleitet, einen kleinen Einblick in den Alltag bekommen.
So sehr unterscheiden sich die beiden Häuser nicht, wenn man bei einer Hüft-oder Knie-Operation als Laie zuschauen darf. Vier Operateure am Tisch, dazu eine Schwester, die nur im sterilen Bereich arbeitet. Monitore, mobiles Röntgengerät, zwei Schwestern, eine Helferin, Anästhesistin. Standardbesetzung. Unterschied: Ist im Leopoldina der OP-Trakt eine Welt für sich, in der man auch ab und an mal das Kerosin riecht, wenn der Hubschrauber einen Notfall bringt, ist es in der Geomed etwas gemütlicher. Drei Operationssäle gibt es. Sie liegen nicht wie in Schweinfurt im Untergeschoss, sondern im ersten Stock. Das heißt: Tageslicht und Ausblick. Das scheint nicht nur Blanke zu gefallen.
Kleinere Klinik, das heißt logischerweise auch kürzere Wege. Der Sterilisationsraum ist gleich ums Eck, vom Parkplatz in die Umkleide kommt man auch ganz schnell. Die kurzen Wege scheinen auch Patienten zu schätzen, meint Blanke. Es lassen sich Patienten aus Schweinfurt in der Klinik in Gerolzhofen behandeln. Vor der Tür parken, alles nah beieinander: das werde geschätzt. Wer mal im Leopoldina stundenlang unterwegs war, bis er von der Aufnahme zum Gespräch mit dem Anästhesisten und dem Operateur gekommen ist, kann sich das gut vorstellen.
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Allerdings wird in der Geomed-Klinik nicht jeder Eingriff gemacht, so Blanke. Unfallchirurgie, Verletzungen werden hier behandelt. Komplexere Sachen werden in Schweinfurt behandelt. Unter anderem, weil es dort eine größere Intensivstation, eine Kardiologie gibt. Ab 1. Januar gibt es eine Änderung: Kniegelenks-Prothesen werden nur noch in Schweinfurt eingesetzt. Zur Vor-und Nachsorge kann der Patient weiter nach Gerolzhofen kommen, so Blanke, der stolz darauf ist, dass seine Abteilung am Leopoldina Zertifiziertes Endoprothetik-Zentrum ist. Es gibt sehr viele Prothesen-Modelle, die alle vorrätig sein müssen. Ein großes Haus hat es da einfacher, erklärt Blanke. Hersteller stellen die ganze Palette bereit, bezahlt wird nur, was auch eingesetzt wird.
Da zeigt sich im Gespräch auch schnell, warum es für ein kleines Haus wie das Geomed extrem wichtig ist, Kooperationen einzugehen. Mehr Eingriffe, mehr Erfahrung, mehr Routine. Auch in der Medizin läuft vieles nach standardisierten Prozessen, sagt Blanke. Das sorge mit für Qualität. Kooperation heißt aber, dass nicht jeder alles vorhalten muss, an Technik zum Beispiel. Man könne aber garantieren, dass ein Patient die beste Versorgung bekommt, egal wo. "Aus meiner Sicht ist es ein gutes Modell. Keine Klinik ist wichtiger." Sein Credo: Quantität und Qualität müssen korrelieren.
Wie funktiniert ein Hüfgelenk? Dr. Matthias Blanke erklärt das in seinem Orthopädieratgeber in einem Video.
In Gerolzhofen könne man ein vernünftiges Spektrum anbieten, so der Doppel-Chefarzt. Oder wie er scherzhaft sagt: "Ich bezeichne mich immer als Wanderchirurg." In beiden Häusern arbeiten Ärzte mit Erfahrung und Kompetenz. Ab einem gewissen Grad der Behandlung/Therapie brauche man aber die Ressourcen des großen Krankenhauses. Fast 5000 Operationen wurden 2018 in seiner Abteilung gemacht, so Blanke. "Damit sind wir größer als die Uni."
Wie wird's weitergehen? Das ist die große Frage, nicht nur für kleine Kliniken, sondern für alle in Deutschland. "Das liegt in politischer Hand." Nachdem Blanke ziemlich lange im Medizingeschäft ist, steht eines für ihn fest: "Es fehlt ein Masterplan". Und ein Nachdenken über die Frage, welchen Stellenwert die medizinische Versorgung hat: "Was will man sich als Gesellschaft leisten?".
Der Landkreis jedenfalls steht zur kleinen Klinik in Gerolzhofen: Das Haus wurde 2018 mit 1,56 Millionen subventioniert. Die Bilanz weist keinen Verlust aus, so Kreiskämmerer Wolfgang Schraut. Der Jahresabschluss 2018 schließt mit einer Bilanzsumme von 6 014 596,94 Euro ab. Das Jahresergebnis liegt bei 0 Euro. Auch für 2019 fließt ein Zuschuss in ähnlicher Höhe, der Abschluss liege aber noch nicht vor.