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Gerolzhofen
Der Gerolzhöfer Marktplatz als "fränkische Piazza"?
Am Montagabend haben im Stadtrat die Beratungen für die bevorstehende Sanierung und Umgestaltung des Marktplatzes begonnen. Es wird ein spannendes Projekt.
Autos, Autos, Autos - der Gerolzhöfer Marktplatz ist momentan ein riesiger Parkplatz. Durch die Umgestaltung soll sich die Aufenthaltsqualität in der guten Stube der Stadt deutlich steigern.
Foto: Klaus Vogt | Autos, Autos, Autos - der Gerolzhöfer Marktplatz ist momentan ein riesiger Parkplatz. Durch die Umgestaltung soll sich die Aufenthaltsqualität in der guten Stube der Stadt deutlich steigern.
Klaus Vogt
 |  aktualisiert: 09.02.2024 15:39 Uhr

Thomas Wirth vom Kitzinger Stadtplaner-Büro arc.grün, das vom Stadtrat mit der Ausrichtung des Ideen-Wettbewerbs zur Marktplatzumgestaltung beauftragt worden ist, hat am Montagabend dem Stadtrat die Grundzüge des europaweit auszuschreibenden Wettbewerbs erklärt. Dies war zugleich der Auftakt zu einem "spannenden und interessanten Prozess", wie es Bürgermeister Thorsten Wozniak formulierte. "Wir wollen nun nicht mehr nur reden, sondern machen", gab Wozniak die Marschrichtung vor. Der umgestaltete Marktplatz werde für die kommenden Jahrzehnte das Gerolzhöfer Stadtbild prägen.

Über die Details des "Nichtoffenen freiraumplanerischen Realisierungswettbewerbs" hat die Main-Post bereits vorab ausführlich berichtet. Die Stadt Gerolzhofen lädt fünf bekannte Planungsbüros zur Teilnahme am Wettbewerb ein, von denen die Stadt der Meinung ist, dass sie ein Konzept ausarbeiten können, das zu einer fränkischen Kleinstadt passt.

Europaweite Ausschreibung

Zusätzlich werden dann maximal zehn weitere Büros in den Wettbewerb aufgenommen, die sich über eine europaweite Ausschreibung darum bewerben können. Wenn mehr als zehn Bewerbungen eingehen, entscheidet das Los. Thomas Wirth rechnet allerdings nicht damit, dass es einen übergroßen Andrang von Bewerbern geben wird. "Der Markt ist derzeit voll. Alle Büros haben gut zu tun." 

Damit die Planungsbüros überhaupt wissen können, welche Zielsetzungen bei der Umgestaltung des Gerolzhöfer Marktplatzes im Raum stehen, erstellt das Stadtplaner-Büro arc.grün eine Broschüre, die den Wettbewerbsteilnehmern zur Verfügung gestellt wird. In der Broschüre, die es bereits als Entwurf gibt, geht es zum einen um die stadtgeschichtliche historische Bedeutung des Platzes und zum anderen werden darin zahlreiche Aufgabenstellungen aufgelistet, die die Stadtplaner bei ihren einzureichenden Konzepten erfüllen und umsetzen sollen.

Versammlung der Anlieger

Um weitere Inhaltsstoffe für diese Broschüre zu sammeln, findet noch im Oktober in der Stadthalle eine Versammlung für die Anlieger des Marktplatzes statt. Wegen den Corona-Vorschriften ist diese Versammlung aber für die Allgemeinheit nicht zugänglich. Wer also Wünsche und Ideen einbringen will, aber kein Anlieger ist, soll sich deshalb an ein Mitglied des Stadtrats oder direkt ans Stadtbauamt wenden. Am Montag, 8. November, will der Stadtrat die Broschüre in einer öffentlichen Sitzung nochmals unter die Lupe nehmen und - gegebenenfalls in weiteren Sitzungen - ergänzen. Bis zum Januar 2022 sollten die Wettbewerbsunterlagen dann aber komplett sein. 

Im Januar 2022 wird die europaweite Bekanntmachung der Wettbewerbs-Auslobung erfolgen. Bewerbungsschluss ist im Februar. Anschließend werden die Teilnehmer des Wettbewerbs ausgewählt. Der eigentliche Wettbewerb soll noch im Februar mit dem Verschicken der Broschüre und weiterer Unterlagen (zum Beispiel das Verkehrskonzept) beginnen. Die Teilnehmer haben dann rund acht Wochen Zeit, ihre Konzepte auszuarbeiten. Abgabeschluss ist im April 2022. Im Mai wird das Preisgericht tagen und eine Entscheidung treffen. Die verschiedenen Arbeiten des Wettbewerbs werden anschließend in einer Ausstellung der Öffentlichkeit präsentiert.

Werden "frische Ideen" ausgeschlossen?

Für die CSU-Fraktion hatte deren Vorsitzender Arnulf Koch am Montagabend noch mehrere Nachfragen. Was denn der Vorteil der teilweise geschlossenen Ausschreibung sei, wollte er wissen. Bestehe da nicht die Gefahr, dass nur die allseits bekannten Planungsbüros zum Zuge kommen und gleichzeitig vielleicht neue, frische Ideen ausgeschlossen werden? Laut Thomas Wirth habe sich die geplante Ausschreibung - teils geschlossen, teils offen - in der Vergangenheit bei anderen Projekten aber bereits bewährt. "Sonst könnte es kunterbunt werden." Und ein Planungsbüro aus Portugal habe dann doch vielleicht Probleme, die Baustelle in Gerolzhofen fachgerecht zu begleiten.

Bei der Umgestaltung des Marktplatzes soll auch Rücksicht darauf genommen werden, dass auch künftig Großveranstaltungen wie das Weinfest möglich sind.
Foto: Sergej Chernoisikov | Bei der Umgestaltung des Marktplatzes soll auch Rücksicht darauf genommen werden, dass auch künftig Großveranstaltungen wie das Weinfest möglich sind.

Die Liste der Fachpreisrichter sei noch nicht abgeschlossen, erfuhr Koch auf eine weitere Frage. Es könnten sich noch jederzeit weitere Interessenten als Jury-Mitglieder melden, allerdings müssten sie Landschaftsarchitekten oder Stadtplaner sein. Insgesamt wird es elf stimmberechtigte Mitglieder in der Wettbewerbs-Jury geben: sechs Fachpreisrichter und fünf Sachpreisrichter (Bürgermeister Wozniak und je ein Vertreter der vier Stadtratsfraktionen). Die drei besten Entwürfe werden dann in einem so genannten Verhandlungsverfahren mit Vertretern des Stadtrats besprochen, der dann letztlich zu beschließen hat, wer den planerischen Auftrag zur Umgestaltung des Marktplatzes erhält.

Regenwasser versickern lassen? 

2. Bürgermeister Erich Servatius regte an, in den Entwurf der Wettbewerbs-Broschüre unter dem Punkt "Begehbarkeit und Befahrbarkeit" auch die Bedürfnisse von Rollstuhlfahrern und Menschen mit einem Rollator aufzunehmen. Bis jetzt ist in der Broschüre hier tatsächlich nur von Pkw, Lkw und Bussen die Rede, wenngleich die Barrierefreiheit als wichtiger Bestandteil der Sanierung selbstredend schon berücksichtigt ist. 

Für die Fraktion von Geo-net schlug Thomas Vizl vor, in den Kreis der beratenden Sachverständigen auch eine Expertin für Behindertenfragen aufzunehmen. Ein wichtiger Punkt sei das Thema Nachhaltigkeit, so Vizl. Die Pflastersteine auf dem Marktplatz seien "kein billiger Stoff" und sollten deshalb zumindest teilweise wiederverwendet werden. Auch dies ist - wie berichtet - bereits angedacht.

Auch die Spitalstraße dazu?

Der Marktplatz und die Dächer der angrenzenden Gebäude hätten riesige versiegelte Flächen. Es sollte den Planern deshalb auch die Aufgabe gestellt werden, so Vizl, eine Möglichkeit zur Versickerung von Regenwasser vor Ort im Untergrund des Platzes vorzusehen. Außerdem regte Vizl an, das Gebiet der geplanten Umgestaltung anders zu definieren: statt den Bereich vor dem Hauptportal der Stadtpfarrkirche sollte man lieber die komplette nördliche Spitalstraße bis zum Eingang zur Stadtbibliothek dazunehmen. Die Spitalstraße habe eine Aufwertung dringend nötig. Man müsse die Sanierung dort ja nicht gleich gemeinsam mit dem Marktplatz umsetzen, es sei aber wichtig, "dass die Planung aus einem Guss ist". 

Wenn die Bauarbeiten auf dem Marktplatz in Etappen beginnen, soll zumindest ein Teilbereich des Platzes immer zugänglich bleiben.
Foto: Symbolbild Tobias Mendel | Wenn die Bauarbeiten auf dem Marktplatz in Etappen beginnen, soll zumindest ein Teilbereich des Platzes immer zugänglich bleiben.

Für die Freien Wähler wäre es wichtig, dass der Stadtrat sich erst in einem gemeinsamen Workshop über die Ziele der Umgestaltung einig wird, sagte Fraktionsvorsitzender Günter Iff. Dann könnte man die Rahmenbedingungen für den Wettbewerb so ausarbeiten, "dass es auch zu unserer Philosophie passt". Thomas Wirth sagte, einen solchen Workshop brauche es nicht. Wenn die bei der Bürgerbeteiligung abgefragten Wünsche der Anlieger und der Geschäftswelt und die anderweitig eingehenden Ideen in die Broschüre eingearbeitet seien, hätte der Stadtrat dann noch genügend Gelegenheiten, darüber zu diskutieren und eventuell nachzubessern.

Eine "fränkische Piazza"

Wunsch der Freien Wähler sei es, so Iff, dass der Gerolzhöfer Marktplatz mit seiner Umgestaltung zu einem beliebten Mehrgenerationen-Treffpunkt wird. Ideal wäre es, wenn hier eine "fränkische Piazza" entstünde. Wichtig sei auch, betonte Iff, dass es weiterhin genügend Parkplätze mit einer Parkdauer von zwei Stunden gibt. Ausschließlich Kurzzeitparkplätze seien für die Geschäftswelt "eher ungünstig".

 
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  • engert.andreas@gmx.de
    Ich war von der Wortwahl "Fränkische Piazza" erst einmal ziemlich geschockt!
    Was soll das denn werden? In Franken gehört in die Mitte einer Stadt oder größeren Gemeinde ein Marktplatz - und sonst nix!
    Ich habe noch von keiner italienischen Gemeinde gehört, die sich in der Mitte der Kommune einen "Marktplatz" - einen "Square" - eine "Place" oder sonst was ortuntypisches gestaltet hat.
    Aber bei uns ist doch alles chic - Hauptsache es kommt von woanders her, oder?
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  • Reinshagen153@t-online.de
    Ein historischer Marktplatz besteht nur aus Pflaster, Brunnen und höchstens einigen im vorlezten Jh. angepflanzten Bäumen. Siehe z.B. Markt Schweinfurt von 1891:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Altstadt_(Schweinfurt)#/media/Datei:1_Ultsch1_Marktplatz_vom_Rathaus_aus_um_1891_S._31.jpg

    Das ist alles bereits auf den beiden oberen Fotos vom Markt in GEO vorhanden. Man könnte den Bordstein entfernen und eine Piazza aus Pflaster von Hauskante zur Kirchkante schaffen, wie das in Italien der Fall ist. Ist etwa auf dem berühmten Platz von Siena irgendwelche Möblierung? NEIN! Eine Piazza ist keine deutsche Füßgängerzone, mit Möblierung, Dreckecken, Pizzakartons & Schnapsflaschen, die nach 15 Jahren schon wieder verdreckt & verkommen ist. Jede Sitzgruppe wird zum nächtlichen Trinkgelage, das den Anwohnern den Schlaf raubt. Die Sommerferien werden für die Anwohner zur Hölle! Es reichen ein paar Bänke unter den vorhandenen Bäumen. Ein Wettbewerb ist rausgeschmissenes Geld und führt in den Irrtum
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