Der behinderte 19-jährige Manuel in Donnersdorf hat dank der überwältigenden Spendenbereitschaft vieler Menschen aus der Region sein Liege-Therapiefahrrad. Noch besser: Er kommt damit super klar. Seine Pflegemutter Sabine Hahn kann bestätigen: „Das Teil ist für ihn optimal.“ So hat er damit bereits die ersten Einheiten absolviert, die er zur Stärkung vor allem seiner Beinmuskulatur dringend benötigt.
Ein Spendenaufruf dieser Redaktion hatte die Finanzierungslücke bei der Anschaffung des samt Zubehör auf 4500 Euro gekommenen Rades ermöglicht. Dieser Tage war es in Donnersdorf vom Sanitätshaus ausgeliefert worden.
Sabine Hahn: „Ich wusste mir nicht mehr anders zu helfen“
Sabine Hahn zu der positiven Wendung: „All die Jahre habe ich es selbst durchgezogen, um Manuel zu seinem Recht zu verhelfen. Aber diesmal war ich mit der Kraft am Ende und wusste mir einfach nicht mehr anders zu helfen. Ich wollte halt nur, dass Manuel das Rad bekommt, weil es ihm und seiner Muskulatur gut tut.“ Es sei das allererste Mal gewesen, dass sie diesen Weg über die Öffentlichkeit gegangen sei. Umso glücklicher seien Manuel und sie, dass es geklappt habe.
Sichtlich nach Worten suchend und ringend sagt Sabine Hahn: „Wir möchten uns auf diesem Weg ganz herzlich und aufrichtig bei allen Spendern bedanken. Ich bin immer noch von dem großen Zuspruch überwältigt. Mir fehlen einfach die Worte.“
Der Kampf mit der Krankenkasse
Manuels Krankenkasse hatte sich bekanntlich geweigert, die Kosten für das Therapierad zu übernehmen. Die Begründung: Eine Hilfsmittelversorgung mit einem Dreirad habe ab einem Alter von über 15 Jahren keine therapeutische Wirkung mehr. Die Physiotherapie sei somit ausreichend. Sabine Hahn: „Es ist unglaublich, was man alles erkämpfen muss, gerade wenn es um Hilfsmittel geht.“ Was, wie das Rad zum Beispiel, wirklich sinnvoll für Manuel sei, bekomme man oft nicht gefördert, obwohl er aufgrund der bei ihm vorliegenden „schwersten Beeinträchtigung der Selbstständigkeit“ unter den Pflegegrad 4 als die vorletzte Stufe in der Skala fällt. Dafür würden dann aber wieder viele andere Dinge genehmigt, die er nicht wirklich brauche. Sabine Hahn: „Es ist manchmal zum Verzweifeln und Verrücktwerden.“
Der gegen den abgelehnten Bescheid eingelegte Widerspruch hatte mit Unterstützung des VdK vor Gericht zu einem Vergleichsangebot der Krankenkasse geführt. Dieses hatte Sabine Hahn auf Anraten der Rechtsanwältin schließlich angenommen. Demnach gibt es zu dem Rad mit der entsprechenden Hilfsmittelnummer 1000 Euro von der Krankenkasse. Obwohl Sabine Hahn noch Geld aus eigener Tasche zuschießt, hatte sich bei den erwähnten Kosten von summa summarum 4500 Euro samt Zubehör eine ordentlich Finanzierungslücke aufgetan. Die konnte jetzt dank der Spendenfreudigkeit vieler Leser geschlossen werden.
Manuel den Rollstuhl ersparen
Sabine Hahn zu ihrem Antrieb: „Ohne all die anderen bisherigen Maßnahmen säße Manuel bereits im Rollstuhl. Und ich will auch weiterhin unter allen Umständen ersparen, dass er in den Rollstuhl kommt. Das Laufen wird mit Sicherheit besser durch das Muskeltraining auf dem Rad.“ Sie bekräftigt: „Es ist meine Hoffnung, mein Ziel, mein Wunsch und mein Glaube, dass er irgendwann wieder ganz ohne Rollator laufen kann, so wie schon einmal nach einer Operation, bevor er wieder gewachsen ist.“
Auf die Idee mit dem Rad war man beim Frühlingsfest in Gerolzhofen an einem Stand mit Liegefahrrädern gekommen. Anschließend konnte Manuel das favorisierte Modell selbst ausprobieren. Ein Sanitätshaus in Haßfurt hatte ihm dies ermöglicht.
Radweg führt hinter dem Haus vorbei
Mit dem Therapie-Dreirad kann Manuel jetzt zum einen selbstständig kleine Touren unternehmen. Er ist also deutlich mobiler. Der Radweg nach Pusselsheim führt direkt hinter dem Haus in der Siedlerstraße am nördlichen Ortsrand vorbei.
Was aber noch wichtiger ist und schwerer wiegt: Manuel kann auf diese Art und Weise eben ohne therapeutischen Aufwand seine Muskeln und Sehnen soweit kräftigen, um eben nicht auf den Rollstuhl angewiesen zu sein. Das wäre für ihn und seine ihn allein betreuende Pflegemutter ein großer Rückschritt. Das Laufen fällt dem jungen Mann nämlich aufgrund seiner spastischen Lähmungen schwer.
Gemeinde freut sich mit Manuel
Donnersdorfs Bürgermeister Klaus Schenk erklärt: „Wir als Gemeinde freuen uns, dass der Spendenaufruf eine so positive Resonanz hatte und es dadurch möglich gewesen ist, das Rad zu kaufen. Dadurch bleibt Manuel mobil.“
So könne der 19-Jährige nun ohne fremde Hilfe Veranstaltungen in Donnersdorf und über den Radweg auch in umliegenden Ortsteilen und Ortschaften besuchen. Klaus Schenk: „Dafür haben wir gerne das Konto eingerichtet, damit auch Spendenquittungen ausgestellt werden können.“
Hoffnung auf Handlauf am Haus
Da auch nach Bezahlung der Rechnung für das Liegerad noch Geld auf dem für Manuel zweckgebundenen Spendenkonto übrig bleibt, könnte in naher Zukunft obendrein der noch fehlende Handlauf am Haus angebracht werden. Dann muss er nicht mehr fast ins Haus krabbeln wie derzeit, sondern kann sich an der Reling entlang hangeln und sich so bei der Fortbewegung deutlich leichter tun.
Eine Verkettung unglücklicher Umstände hatte bei der Geburt dazu geführt, dass Manuel bleibende geistige und körperliche Schäden erlitt. Offiziell nennt sich die Diagnose Infantile Cerebralparese (kurz ICP) vom Typ einer spastischen Diparese. Damit wird die bleibende, aber nicht fortschreitende funktionelle Hirnschädigung aufgrund des Sauerstoffmangels beschrieben. Diese äußert sich nicht zuletzt in Form von Störungen des Nerven- und Muskelsystems im Hinblick auf Koordination und Bewegungsabläufe. Manuel leidet vor allem unter der spastischen Lähmung der Gliedmaßen, die die Funktion der Arme und Beine beeinträchtigt.
Über ein Familienmitglied hatte Sabine Hahn 2004 Manuel erstmals kennengelernt. Damals besuchte er den Kindergarten der Lebenshilfe in Schonungen. Als Manuel 2005 wegen eines längeren Krankenaufenthaltes seiner leiblichen Mutter vorübergehend in ein Heim kommen sollte, entschied Sabine Hahn, ihn in dieser Zeit zu sich zu nehmen. Da alles so gut lief, bekam Sabine Hahn anschließend in Abstimmung mit dem Jugendamt die offizielle Pflegemutterschaft für Manuel übertragen. Das ist inzwischen über 13 Jahre her.
Von Schule an Arbeitsplatz gewechselt
Jetzt zum September ist Manuel übrigens von der Schule der Lebenshilfe für Körperbehinderte in Schonungen in deren Werkstätten nach Augsfeld gewechselt. Dort gefällt es ihm sehr gut, wie er sagt.