Es sind besondere Models, die einem auf großformatigen Porträtfotos entgegenblicken. Stolz tragen die 20 Frauen und drei Männer ihre Falten zur Schau. Die Falten verleihen den 23 Gesichtern nicht nur einen einzigartigen Charakter, sondern legen Zeugnis ab von dem langen Leben, das hinter den fotografierten Menschen liegt.
Und noch etwas ist dem Gerolzhöfer Fotografen Jochen Fehlbaum eindrucksvoll gelungen: Er hat den Titel der Foto-Ausstellung, "Das Leuchten des Alters", mit seiner Kamera gekonnt eingefangen und auf Dauer festgehalten. Am Dienstagnachmittag wurde die von fünf Geldgebern gesponsorte Ausstellung im Festsaal des Caritas-Wohnstifts Steigerwald in Gerolzhofen eröffnet.
Die fotografierten Frauen und Männer leben allesamt im Wohnstift. Die Bereitschaft zur Teilnahme an dem Projekt war unerwartet groß, berichtet Fotograf Fehlbaum. Gerechnet habe er mit zehn Freiwilligen. Am Ende lächelten mehr als doppelt so viele Bewohnerinnen und Bewohner des Hauses in seine Kamera.
Menschen rücken den Fokus
Die Idee für die Ausstellung stammt vom Gerolzhöfer Pfarrer Stefan Mai. Dieser hatte etwas Ähnliches in einem in Oldenburg erschienenen Kalender gesehen. Auch dort ging es darum, mit Porträtfotos die Lichtseiten des Alters sichtbar zu machen. Für diese Idee sei er sofort Feuer und Flamme gewesen, berichtet Fehlbaum. Bislang hat er hauptsächlich den Himmel und Landschaften fotografiert. "Mit Menschen zu arbeiten", stellt der Fotograf fest, "hat seinen ganz eigenen Reiz." In diesem Bereich möchte er ab sofort häufiger tätig werden.
Die Ausstellung ziele darauf, die faltige Haut des Alters nicht zu verbergen, sagt Pfarrer Mai. Die Falten in den Gesichtern erzählten viel vom Leben: "Vom erlebten Glück, wo die Erde vor Freude gewackelt hat, aber auch vom erlebten Leid, wo einem der Boden unter den Füßen fast weggezogen wurde." Die Betrachterinnen und Betrachter der Fotos sind unschlüssig: Ist das Alter für die Fotografierten ein gesegnetes, ein Lebensabschnitt, in dem sie "wie von einem Balkon aus ruhig und zufrieden auf ein langes Leben zurückschauen dürfen"? Oder verstecken sich hinter dem Leuchten nicht doch die Last des Alters und dessen Gebrechen?
Freude beim Fotoshooting
Losgelöst von dieser Frage, zeigen die Fotos eines ganz bestimmt: Die Porträtierten hatten während des Fotoshootings Freude. "Das war mal etwas anderes, eine Abwechslung", sagt Barbara Schwarz, die aus Frankenwinheim stammt. "Da war Gaudi dabei" – was jeder glaubt, der die 82-Jährige auf ihrem Foto so lachen sieht.
Schwarz ist mit ihrer Lebensgeschichte ein gutes Beispiel für das Tiefgründige, das die Fotos auf den ersten Blick nicht verraten. Denn die Frau, die als Elfjährige aus Rumänien nach Deutschland kam, erlitt im Alter von 22 Jahren einen Unfall und ist seitdem querschnittsgelähmt. Den Kopf in den Sand stecken – das sei ihr schon als junger Frau nicht in den Sinn gekommen, sagt sie. Das bringe nichts. "Ich mache immer das Beste aus allem und mache viel für andere", sagt sie. Das Lächeln, das sie sich bewahrt hat, zeugt auch von ihrer Freude auf das erste Urenkelkind, auf das sie wartet.
Als Anna Kratschmer am Dienstag zum ersten Mal das große Foto von sich in der Ausstellung sieht, sagt sie: "Schöne Falten habe ich im Gesicht. Das passt wirklich." Alt zu sein, findet sie, sei "schon schön". Mit 95 Jahren ist sie eine der Ältesten auf den Fotos. Auch sie weiß: Die Sorgen bleiben dem Menschen im Alter. Eines ihrer drei Kinder hat das Downsyndrom. Um diesen Sohn hat sie sich gekümmert, bis sie vor fast fünf Jahren ins Wohnstift gezogen ist. Doch sie kann sich auch immer noch freuen, etwa über die vielen Blumen in ihrem Zimmer im Wohnstift. Diese erinnern sie an ihren Garten, den sie zu Hause in Frankenwinheim hatte.
Das weiß nur der Himmel
Fotomodel zu sein, das war für sie eine völlig neue Erfahrung, sagt Hannelore Schneider, die aus Stuttgart stammt. Bislang habe sie nur Porträtfotos von sich machen lassen, wenn sie welche für den Personalausweis gebraucht hat. "Doch das hier hat mir Spaß gemacht", sagt die 76-Jährige. Sie wünscht sich eines der Motive für ihre Kinder.
Trotz der vielen Deutungsansätze lassen die porträtierten älteren Menschen, die einem zuzuzwinkern scheinen, eine Frage offen, die Mai so formuliert: "Ihr entzückendes, verschmitztes, zufriedenes Lächeln, wo es nur herkommt?" Dies wisse nur der Himmel, meint der Pfarrer.
Der Vorsitzende des Diözesan-Caritasverbands Würzburg, Clemens Bieber, der zur Ausstellungseröffnung gekommen ist, äußert eine eigene Vermutung zum Ursprung des Leuchtens im Alter: Dieses komme aus einem Herzen, das dankbar ist, und zuversichtlich.
Die Foto-Ausstellung "Das Leuchten des Alters" im Wohnstift in Gerolzhofen ist bis zum Herbst öffentlich zugänglich. Ein Enddatum steht noch nicht fest. Vorgesehen ist, die Fotos anschließend als Wanderausstellung an weiteren Orten zu zeigen.