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Stadtlauringen
Das gute Gefühl als Landarzt gebraucht zu werden
Warum die Oberlandpraxis in Stadtlauringen kein Nachwuchsproblem hat. Schon im Studium geht es raus aufs Land. Arbeiten im Team und keine Überstunden.
Besprechung mit Mund-Nasen-Schutz: Dorothea Hermle-Hartmann (v.l.), Julia Treiber und Beate Husain
Foto: Treiber | Besprechung mit Mund-Nasen-Schutz: Dorothea Hermle-Hartmann (v.l.), Julia Treiber und Beate Husain
Gerd Landgraf
Gerd Landgraf
 |  aktualisiert: 14.02.2024 13:56 Uhr

Der Landarzt der Zukunft ist kein Einzelkämpfer. Er arbeitet im Team und hat geregelte Arbeitszeiten. Der Besuch der Redaktion in der Oberlandpraxis für Allgemeinmedizin in Stadtlauringen zeigte ein für den ärztlichen Nachwuchs attraktives und in der Praxis erprobtes Modell – und viel Engagement von Dr. Julia Treiber in der Landarztgewinnung.

Bis 2030 werden in Deutschland 110 000 Ärzte fehlen. Treffen wird der Mangel voraussichtlich vor allem das flache Land. Eine Patentlösung gibt es nicht. Ein Ansatz ist, schon im Medizinstudium Anreize zu setzen, um Studierende von ländlichen Gebieten zu überzeugen. Das geschieht in der Sulzdorfer Straße in Stadtlauringen.  

Acht Ärzte und zehn Mitarbeiter

Beim Gang durch die Praxis mit Julia Treiber fällt häufig und in Variationen das Wort "Besprechung". Spätestens im Untergeschoss, wo die großzügigen Personalräume sind, ist die Einstufung zum Kompetenzzentrum für Allgemeinmedizin nicht zu hoch gegriffen und wird auch mit Zahlen belegt: In der Praxis arbeiten acht Ärzte, darunter Ältere, die noch einige Stunden in der Woche im Einsatz sind, Vollzeit- und Teilzeitkräfte, Ärzte in Weiterbildung und Studenten. Junges Wissen ergänze Erfahrung, sagt Julia Treiber, die damit auch das Können und die Fortbildungen der zehn Medizinischen Fachangestellten anspricht. 

"Die Zeit für den Erfahrungsaustausch muss sein"
Dr. Julia Treiber

Jeder im Haus hat Zusatzqualifikationen erworben, darunter in der Psychotherapie und der Chirotherapie, als Betriebsarzt und bei Ernährungsfragen, oder etwa in den Bereichen Palliativmedizin und Akkupunktur. Dass die Praxis großen Wert auf die Landarztgewinnung legt, dass diese Thema für Julia Treiber eine "Herzensangelegenheit" ist, bestätigen beim Gespräch im Personalraum Dr. Dorothea Hermle-Hartmann, die nach fünf Jahren als Ärztin in München seit einem Jahr dem Team angehört, und die Studentin Beate Husain. Die Wienerin ist im zehnten Semester und absolviert ein dreiwöchiges Praktikum und ist über das Angebot, in Stadtlauringen das praktische Jahr nach dem zweiten Staatsexamen abzuleisten, hoch erfreut, weil hier alles "super" sei, weil man hier Einblicke erhalte, die die Uni nicht vermittle.

Kooperationen mit Universitäten

Dorothea Hermle-Hartmann hatte eine gut organisierte Praxis gesucht und hat sie in der Oberlandpraxis auch gefunden. Zum Nutzen der Mitarbeiter und der Patienten seien und würden Abläufe permanent optimiert. Dass man in Stadtlauringen bei der Landarztgewinnung keine Probleme habe, führen die Gesprächspartner auf viele Aktivitäten zurück, etwa auf die Mitwirkung bei dem vom Freistaat geförderten Projekt "Gesundheitsregion Plus", die Kooperationen als Lehrpraxis mit Universitäten (Erlangen, Jena, künftig auch mit Würzburg) sowie weiteren Initiativen zur Landarztgewinnung, darunter eine Ferienakademie und die Landarztmanufaktur, bei der im Internet Fallanalysen gestellt werden. Für dieses Engagement sind die Ärzte in der Woche zwei Stunden vom Dienst freigestellt.

Studentin Beate Husain ist von der Kommunikationskultur im Hause angetan. Obligatorisch ist das einstündige Treffen der Ärzte am Dienstagmittag. Gefördert wird die Teilnahme an Qualitätszirkeln. Sich Rat bei den Kollegen im Behandlungszimmer nebenan zu holen, sei in der Sulzdorfer Straße nicht die Ausnahme, sondern eine auch von den Patienten geschätzte Praxis: "Schwarmwissen" nennen dies Treiber, Hermle-Hartmann und Husain, die die hohe Kompetenz der Medizinischen Fachangestellten ebenfalls auf den ständigen Austausch untereinander und die Fortbildungen zurückführen. 

Der nächste Facharzt ist weit weg

Die aus München kommende Ärztin und die Wienerin sagen, dass es gut tue, gebraucht zu werden, man in einem breit aufgestellten Spektrum wirke und Patienten nicht nur einmal sehen würde, sondern viele intensiver kennen lerne. Entgegen kommt den beiden, dass man ihnen Entscheidungsstärke abverlange, denn  der nächste Facharzt sei weit – "90 Prozent der Fälle lösen wir", darunter die Folgen von Mopedunfällen, von inneren Verletzungen, Zecken- und Wespenstichen oder auch von Erkrankungen an der Leber und anderen Organen.

 
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  • dohahpt@t-online.de
    ich habe noch nie verstanden, weshalb Mediziner nach dem Studium unbedingt in der Klinik bleiben wollen. Geregelte Arbeitszeiten während der Assistenzzeit, niemals. Ewig müssen sie kuschen und es dauert viele Jahre, bis man in der Hierarchie nach oben kommt. Besonders in Universitätskliniken. Trotzdem haben Ärzte Angst vor der Verantwortung einer Praxisführung. Natürich gibt es zu viel Bürokratie, aber das trifft auch auf die Kliniken zu. In den Gemeinschaftspraxen der heutigen Zeit, könnte ein Arzt viel erreichen und beweisen, warum er oder sie Medizin studiert hat. Es wäre zu wünschen, dass wieder ein Umdenken stattfindet.
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