zurück
Schweinfurt
Corona und Hunger: Ohne Hilfe aus Schweinfurt wären viele gestorben
Täglich 2000 Essen wurden an die Menschen in den Slums in Indien und Namibia verteilt. Finanziert vom Verein "Kinder der III. Welt". Fünf Projekte, die beispielhaft für das Engagement sind.
Sie wurden wie Abfall entsorgt: hilfsbedürftige Kinder in einem Heim der Don-Bosco-Schwestern. Der Schweinfurter Verein Kinder der III. Welt hat die Generalsanierung finanziell unterstützt.
Foto: Mathew George | Sie wurden wie Abfall entsorgt: hilfsbedürftige Kinder in einem Heim der Don-Bosco-Schwestern. Der Schweinfurter Verein Kinder der III. Welt hat die Generalsanierung finanziell unterstützt.
Irene Spiegel
 |  aktualisiert: 14.01.2022 02:23 Uhr

Hunderte Millionen Inder haben ihre Arbeit verloren. Es gibt weder Lohnfortzahlung, Arbeitslosengeld noch Kurzarbeitergeld. Die Menschen können ihre Miete nicht mehr bezahlen und landen buchstäblich auf der Straße. Die Corona-Pandemie trifft die Ärmsten der Armen am härtesten. "Ohne die Hilfe des Schweinfurter Vereins Kinder der III. Welt wären mehr Menschen an Hunger als an Corona gestorben", sagt Vorsitzender Heinrich Hackenberg.

Die 340 Mitglieder und ihr dreiköpfiger Vorstand unterstützen seit vielen Jahren ehrenamtlich Projekte überwiegend in Indien und Namibia. Sie sammeln Spenden, suchen Sponsoren, vermitteln Patenschaften für Kinder und Projekte. Im vergangenen Jahr konnten 439 000 Euro überwiesen werden. Das Geld hilft beim Bau von Schulen, Krankenhäusern, Kindergärten und Kinderheimen sowie bei der Verbesserung der Stromversorgung und der Wasserprobleme.

"Dank unseres Einsatzes in Kalkutta und in Namibia konnte durch Lebensmittelverteilung an die Armen das Schlimmste verhindert werden", sagt Hackenberg. 600 000 Essensportionen wurden im Corona-Jahr verteilt, täglich etwa 2000 an die Menschen in den Slums und auf den Straßen. "Auch unsere Corona-Teststationen in den Slums verhinderten manchen schlimmen Ausgang", meint Hackenberg. In den Elendsgebieten habe es keine großen Ausbrüche gegeben, und die Zahl der Verstorbenen sei gering gewesen.

Seit 34 Jahren engagiert sich der pensionierte Polizist aus Ebenhausen (Lkrs. Bad Kissingen) für die "Kinder der III. Welt". Eine Reise nach Indien hatte den Ausschlag gegeben. "Da habe ich so viel Elend gesehen." Und Mutter Teresa persönlich kennengelernt. Ihre Bitte um Hilfe hat ihn berührt, weshalb Hackenberg seitdem unermüdlich für die "Armen und Unterdrückten" im Einsatz ist. 

Keine Patenelternreisen wegen Corona-Pandemie

Bei der Coronahilfe geht der Verein einen neuen Weg. Da die Krankheit immer noch stark in Indien grassiert, haben die Verantwortlichen in Kalkutta in ihrer Schule ein kostenloses Testzentrum eingerichtet. Dies werde sehr gut angenommen. Viele Familien seien vor der Krankheit auf das vermeintlich sichere Land geflohen. "Das macht uns wieder viel Arbeit, denn die Patenkinder sind damit auch nicht mehr erreichbar."

Aufgrund der Corona-Pandemie konnte der Verein in den vergangenen zwei Jahren auch keine Patenelternreise nach Indien oder Namibia anbieten. Hackenberg selbst war im Dezember 2019 letztmals in Indien. Sollte sich in diesem Jahr die Corona-Lage bessern, werde wieder eine Reise organisiert.     

Dreirad als Weihnachtsgeschenk

Geschenk zu Weihnachten: Für einen beinamputierten Familienvater finanzierte der Schweinfurter Verein ein Dreirad zur Fortbewegung.
Foto: Mathew George | Geschenk zu Weihnachten: Für einen beinamputierten Familienvater finanzierte der Schweinfurter Verein ein Dreirad zur Fortbewegung.

Fünf Projekte stellt der Vorsitzende bei seiner Rückschau besonders in den Vordergrund. So kaufte der Schweinfurter Verein ein Dreirad für einen Familienvater, der bei einem Unfall beide Beine verloren hat und nun wieder beweglich sein kann. "Die Freude über dieses Geschenk zu Weihnachten war riesengroß."

Besonders schlimm sei das Lebensumfeld in den Elendsviertel in Kalkutta. Hier leben bis zu 4000 Menschen auf engstem Raum, direkt neben einem Abwasserkanal. In der Regenzeit werden ihre Elendsbehausungen oft in den Kanal geschwemmt, und sie werden obdachlos. Der Schweinfurter Verein ließ dort nun feste Unterkünfte aus Wellblech mit betoniertem Boden und erhöhtem Eingangsbereich bauen, so dass die Wassermassen nicht mehr eindringen können. Mit den Spenden seien inzwischen über 140 solcher Häuser errichtet worden. Ein Haus kostet etwa 500 Euro.

Unbeschreiblich sind laut Hackenberg die Lebensverhältnisse auf der größten Müllhalde der Stadt. 3000 Menschen wohnen hier in Elendsbehausungen, manche hätte sich Wohnungen in den Müllberg gegraben. Sie sammeln alles Verwertbare aus den Abfällen der Stadt, täglich werden etwa 500 Tonnen Müll angekarrt. Zu allem Elend seien jetzt die vom Verein gebauten Toilettenanlagen zerstört worden. Beim letzten Monsunregen rutschte eine Teil der Müllhalde ab und mit ihm die Einrichtungen. "Nun sind wir dabei, diese wieder aufzubauen."

Elendsslum Kapali: Hier leben 4000 Menschen auf engstem Raum, direkt neben einem Abwasserkanal.
Foto: Mathew George | Elendsslum Kapali: Hier leben 4000 Menschen auf engstem Raum, direkt neben einem Abwasserkanal.

Stolz berichtet Hackenberg von dem neuen Großprojekt "Dorf der Hoffnung". Etwa 200 Kilometer nördlich von Kalkutta sollen 45 Häuser gebaut werden für Menschen, die dort in einem Waldgebiet unter Zeltplanen, in Notunterkünften und Bretterbuden leben. Das Projekt finanziert Ehrenmitglied Petra Theiner aus Südtirol, der Verein will beim Aufbau der Infrastruktur unterstützen. Das Dorf soll sich selbst unterhalten. So müssen die künftigen Dorfbewohner beim Bau der Häuser auch selbst mit Hand anlegen. Acht Brunnen seien bereits gebohrt worden, aus denen das Trinkwasser gefördert wird. "Wir werden den Tierankauf unterstützen", informiert Hackenberg. Eine gute Milchkuh koste in Indien 300 Euro, eine Ziege 60 Euro, ein Schwein 20 Euro und ein Huhn etwa drei Euro.

Das neue Großprojekt 'Dorf der Hoffnung': 200 Kilomter nördlich von Kalkutta werden 45 Häuser für obdachlose Menschen gebaut.
Foto: Mathew George | Das neue Großprojekt "Dorf der Hoffnung": 200 Kilomter nördlich von Kalkutta werden 45 Häuser für obdachlose Menschen gebaut.

Finanzielle Hilfe für Kinderheim und Pflegeeinrichtung

Bei seinem Indienaufenthalt 2019 besuchte Hackenberg auch ein Heim des Don-Bosco-Schwesternordens für schwerstkranke Kinder. "Ich war über die schlimmen Zustände in dem Haus erschüttert, alles war heruntergekommen, es fehlte an allen Ecken und Enden." 49 Kinder leben dort. Sie wurden auf den Straßen "aufgelesen", man hatte sie wie Abfall entsorgt. Hackenberg setzte sich sofort mit Ehrenmitglied Petra Theiner in Verbindung, die eine große Summe überwiesen habe, damit neue Betten, Moskitonetze, Decken, Haushaltsgegenstände, Essensvorräte, Medikamente und Arztkosten bezahlt werden konnten.

Die Don-Bosco-Schwestern führten den Gast aus Deutschland auch in ihr Alten- und Pflegeheim. "Die Zustände dort waren ebenfalls schockierend", fasst Hackenberg zusammen. Auch hier musste sofortige Hilfe erfolgen. Gesagt, getan. Inzwischen sei in beiden Heimen zudem eine Generalsanierung erfolgt. In Indien gibt es laut Hackenberg keine staatlichen Hilfen für Bedürftige. Wenn Angehörige ihren Alten und Kranken nicht helfen, landen diese auf der Straße. "Für uns undenkbar, aber dort Realität."

All die Hilfen des Schweinfurter Vereins seien nur durch Spenden möglich. Der Verein hofft deshalb weiterhin auf Unterstützung, um die größte Not zu lindern.

Die Bankverbindung: Bankhaus Max Flessa, IBAN: DE48 7933 0111 0002 4242 41, BIC: FLESDEMMXXX, Verein Kinder III. Welt e.V., Verwendungszweck: Spende freie Verfügung oder Spende für Projekt

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schweinfurt
Irene Spiegel
Bankhaus Max Flessa
Coronahilfen
Covid-19-Pandemie
Kindergärten
Vereine
Weihnachtsgeschenke
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • M. B.
    Ich habe 2012 gesehen wie die Menschen im Slum Dharavi in Mumbai leben und arbeiten. Es sind hygienisch unvorstellbare Zustände, die man nicht beschreiben kann. Ein jeder Euro und jede Hilfe ist wichtig. Dankeschön dem Schweinfurter Verein für das Engagement.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten