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Schweinfurt
Corona-Ausbruch: Wie die Stadt Schweinfurt erklärt, was im Servicebetrieb geschah
Bereits im April infizierten sich Mitarbeiter im Servicebetrieb mit dem Corona-Virus, zwei starben an den Folgen der Krankheit. Welche Maßnahmen die Stadt ergriffen hat.
Bei der städtischen Müllabfuhr gab es einige Mitarbeiter, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben. 
Foto: Fuchs-Mauder | Bei der städtischen Müllabfuhr gab es einige Mitarbeiter, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben. 
Oliver Schikora
 und  Thomas Starost
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:58 Uhr

"Die Stimmung ist sehr betroffen und traurig", betont Baureferent Ralf Brettin, in dessen Abteilung der Servicebetrieb der Stadt angegliedert ist. Vor einigen Wochen gab es hier 27 Mitarbeiter, die sich mit dem Coronavirus infizierten. Vier von ihnen mussten im Krankenhaus versorgt werden, zwei starben. Ihrer gedachte Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) auch in der jüngsten Stadtratssitzung.

"Es gibt keine einzelne einfache Erklärung, aber es war sicher kein Superspreading-Event."
Personalamtsleiter Armin Seebauer zu den Corona-Infektionen im Servicebetrieb.

Wie konnte es zu den Infektionen kommen, und hätte die Stadt früher reagieren müssen? Aufklärung gaben im Stadtrat Ralf Brettin und Personalamtsleiter Armin Seebauer. Die Infektionen begannen am 19. April und erstreckten sich bis Anfang Mai, erklärte Seebauer. Gerüchten, sie seien alle im Servicebetrieb entstanden, trat er entgegen: Zum einen habe man sehr viele Abteilungen dort, es seien aber nur drei betroffen gewesen. Zum anderen spreche viel dafür, dass sich die Infizierten eher in ihrem privaten Lebensumfeld angesteckt haben. Die meisten leben nicht in Stadt und Landkreis Schweinfurt, sondern außerhalb. "Es gibt keine einzelne einfache Erklärung, aber es war sicher kein Superspreading-Event", betonte Armin Seebauer.

In diesem Zusammenhang wies auch der kommissarische Leiter des Gesundheitsamtes, Matthias Gehrig, darauf hin, dass das örtliche Gesundheitsamt von den umliegenden Gesundheitsämtern nicht mitgeteilt bekomme, wenn dort aufgefallen wäre, dass es mehrere infizierte Personen im Servicebetrieb gab. Der Arbeitsplatz werde zwar abgefragt, doch eine Daten-Vernetzung gebe es nicht, so Gehrig.

Detailliertes Hygienekonzept der Stadt für Servicebetrieb und Müllabfuhr

Baureferent Brettin schilderte die Hygienemaßnahmen im Servicebetrieb, die teils schon vorher galten. Es gebe ein Hygienekonzept, die Pausen seien entzerrt worden, in den Müllfahrzeugen wurde nach den Infektionen die Zahl der Besatzung von vier auf drei reduziert und es gelte in den Fahrzeug-Kabinen Maskenpflicht. Auch im Pausenraum gab es ein Hygienekonzept und lediglich Essen To-Go. Den Mitarbeitern wurde außerdem psychologische Betreuung angeboten, um mit der Situation zurecht zu kommen.

Darüber hinaus wurden seit 23. April rund 400 Schnelltests gemacht, so Brettin. Alle seien negativ gewesen. Einen Domino-Effekt ausgehend von einer Ansteckung sieht Armin Seebauer nicht. "Es scheint, dass unsere Maßnahmen greifen und es keine Ansteckungskette gab."

Eine Frage beschäftigt nach Informationen dieser Redaktion die Mitarbeiter im Servicebetrieb: Welche Rolle spielt der Pausenraum, intern Kantine genannt, bei den Infektionen? Seit 28. April ist er geschlossen und der „To-Go-Verkauf“ gestoppt. Armin Seebauer sah im Stadtrat keinen Hot-Spot, da der Raum von vielen Mitarbeitern genutzt wurde und nur einzelne Abteilungen Ansteckungen hatten. Ob eine Mitarbeiterin an der Essensausgabe dort auch eine Infektion mit dem Coronavirus hatte, wollte der Personalamtsleiter aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht ausführen.

Mitarbeiter im Servicebetrieb zeigen sich betroffen

Es gibt Erzählungen von Mitarbeitern im Servicebetrieb, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen wollen, dass im Pausenraum der Mindestabstand gelegentlich ebenso wenig eingehalten worden sein soll wie die Maskenpflicht. Aufgrund der beiden Todesfälle "hat man jetzt schon ein komisches Gefühl“, so ein Mitarbeiter. Auf Anfrage erklärte Pressesprecherin Kristina Dietz, die "Nutzung des Pausenraumes ohne Mindestabstand und Maskenpflicht ist nicht bekannt.“

Schon Anfang Januar hat die Staatsregierung beschlossen, dass „Betriebskantinen grundsätzlich zu schließen sind, wo immer es die Arbeitsabläufe zulassen“. Aus Sicht der Stadtverwaltung war der Pausenraum im Bauhof für die „Arbeitsabläufe im Servicebetrieb unabdingbar.“ Dies habe bis zum 28. April gegolten, zur Eindämmung der Infektionen wurde er dann geschlossen. Außerdem wurden die Duschen geschlossen. 

In der Schweinfurter Industrie sind die Kantinen zum Beispiel bei SKF seit März 2020 geschlossen, bei Schaeffler seit Januar 2021 und bei ZF seit November 2020. Allerdings gibt es in allen Betrieben eine Versorgung der Belegschaft mit To-Go-Produkten.

 
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Kommentare
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  • webewue
    Die Leute an der Front sind zu impfen und nicht die Urlauber ua!
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  • bomafi@t-online.de
    In Schweinfurt sitzen globale Unternehmen, die ohne Fortschritt bei IT und Digitalisierung schon längst nicht mehr am Markt wären. Der öffentliche Dienst sollte sich Experten aus der Industrie zur Beratung in Sachen IT holen. Ansonsten geht die Zukunft am Staat vorbei. Das ist einfach nur noch lächerlich, was sich da gerade für Mängel zeigen.
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  • thomas@blotevogel.de
    Keine Übermittlung der Arbeitgeber zwischen den Gesundheitsämtern? Unfassbar, dass diese Daten nicht zur Hotspot-Suche genutzt wurden/werden... Aber die Großindustrie in Schweinfurt ist kein Hotspot, wie immer wieder behauptet wird. Auf Basis welcher gesicherten Daten wurde diese Aussage denn dann getroffen?
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  • bfoerster
    Und wieder die Frage. Wieso werden die Arbeitgeber nicht übermittelt?
    Es ist doch sinnvoll hier nach Auffälligkeiten zu suchen. Datenschutz vor Menschen Verstand.
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  • seneca
    Man muss der Presse dankbar sein, dass sie Licht in das geheimnisvolle Dunkel bringen, denn von Seiten der Ämter gibt es immer nur das Wort "diffus".
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  • poetry2000@web.de
    27 Infizierte aber die haben sich alle privat angesteckt. Ne, ist schon klar! Unfassbar wie hier mit Menschenleben gespielt wird... mein Beileid den Angehörigen. Sie dürfen jetzt noch den Kampf austragen, ob es als Dienstunfall anerkannt wird. Denn vermutlich wird das der Dienstherr abstreiten. Sieht man ja schon im Artikel.
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  • seneca
    Ein Hauptproblem bei der Bekämpfung der Pandemie ist Verschleierung.
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