
Als Patricia Rapps den Schulabschluss in der Tasche hatte, gab es die Frage: Was macht man mit einem Mädchen, das in Mathe richtig gut ist? Die Antwort war typisch für die damalige Zeit: Man schickt sie zur Bankausbildung. Die war sehr gut, sagt Patricia Rapps heute. Und doch war schnell klar, sie will mehr. Heute ist sie, gerade mal 42 Jahre alt, Produktionsleiterin für einen von fünf Bereichen von Fresenius Medical Care in Schweinfurt; führt knapp 400 Mitarbeitende.
Karriere, drei Kinder und eine klare Vorstellung, wie Gesellschaft sein müsste, damit Frauen wie sie keine Ausnahme, sondern Normalität sind: Patricia Rapps will auch Vorbild sein, will junge Frauen unterstützen. Und wird nicht zuletzt dafür in Washington mit dem Women MAKE Awards ausgezeichnet. Vorgeschlagen hat sie dafür ein Kollege, ein ehemaliger Mitarbeiter von Rapps. Im Interview erzählt Rapps über den Preis, ihren Werdegang, die Unternehmenskultur und das, was ihr am Internationalen Frauentag Mut macht.
Patricia Rapps: Ich fühle mich sehr geehrt, es ist ja eine hohe Auszeichnung. Von Fresenius Medical Care bin ich die Neunte, aber die erste Frau außerhalb der USA, die diesen Preis bekommt. Dass ich ein Vorbild vielleicht bin, dass ich etwas bewege, auch damit, dass ich Mentoring mache, das ist mir persönlich gar nicht so bewusst. Ich mache das nicht, weil ich es machen sollte, ich bin so. Die Verleihung ist im April in Washington, da werde ich mit einer Kollegin hinfliegen. Ich freu’ mich riesig.
Rapps: Ich denke schon, dass sich einiges zum Positiven geändert hat. Bei Fresenius Medical Care und hier am Standort. In unserem Managementteam, da macht es keinen Unterschied, ob man ein Mann ist, eine Frau, welchen Hintergrund man hat. Das ist wichtig - und da muss eigentlich die ganze Gesellschaft hinkommen. Dass jeder die gleichen Chancen bekommt.
Rapps: Genau. Ich versuche als Mentorin Kolleginnen und Kollegen zu ermutigen, sich selbst mehr zuzutrauen, ihnen Tipps zu geben, diesen oder mal einen anderen Weg zu gehen. Da muss man Frauen und vor allem junge Frauen, einfach ein bisschen unterstützen, anstupsen.
Rapps: Ich wusste schon immer, was ich will, was ich machen möchte, dass ich weiterkommen möchte. Das war früh in meinem Leben schnell klar. Möglich gemacht hat das auch mein Mann. Wir haben drei Kinder, das läuft auch nicht von allein. Da braucht man einfach Leute, die dahinterstehen, die einen mit begleiten, unterstützen. Mein Tipp an alle, die Karriere und Familie unter einen Hut bringen wollen: sich Unterstützung holen - sei es von der Oma, der Tante oder auch von Nachbarn.
Rapps: Fresenius Medical Care hat zwar keinen eigenen Betriebskindergarten, unterstützt aber mit Zuschüssen. Ein wichtiger Punkt sind flexible Arbeitszeiten. Wir haben auch in der Produktion flexible Arbeitszeiten. Wenn doch mal etwas Wichtiges ansteht oder ein Kind krank ist, dann kann man sich absprechen, auch mal später kommen. So funktionieren dann auch viele Sachen im Privaten.
Rapps: Das Wichtigste ist, einfach mutig voranzugehen und die eigene Meinung zu vertreten. Ich möchte den Frauen Mut machen: steh deine Frau - sie können das. Die Hürde ist oft, sich das selbst zuzutrauen. Frauen überlegen mehr, wägen ab. Deshalb ist der Mix ja so wichtig, auch im Managementteam und bei der Entscheidungsfindung.
Rapps: In Schweinfurt haben wir drei große Bereiche, einer davon ist der Produktionsbereich mit fünf Abteilungen. Zwei davon werden von Frauen geführt. Auch in den produzierenden Bereichen legen wir großen Wert darauf, dass Frauen in Führungsrollen kommen, sowohl fachlich als auch disziplinarisch. Für den Standort Schweinfurt liegt der Frauenanteil bei 40 Prozent. In der Gesamtbelegschaft weltweit liegt der Frauenanteil sogar bei 70 Prozent. Von fünf Vorstandsmitgliedern sind zwei Frauen, mit Helen Giza hat Fresenius Medical Care eine Vorstandsvorsitzende. Auch der Aufsichtsrat ist paritätisch besetzt.
Rapps: Flexibilität ist wichtig, aber nicht für Frauen. Viel wichtiger ist, das wir dies auch bei den Männern zulassen. Wie viele Männer arbeiten in Teilzeit? Das ist ein erheblich größeres Thema, dass man sich die Arbeit zuhause konsequent aufteilt und nicht die ganze Care-Last bei den Frauen liegt. Viele Männer wären bestimmt dazu bereit. Wir müssen im Hinblick auf beide Geschlechter wegkommen von diesen traditionellen Rollenbildern.
Rapps: Ich bin familiär geprägt - meine Mutter ist Apothekenhelferin gewesen, meine Schwester war dann Pflegerin. Es ist einfach ein Bereich, in dem man Menschen helfen, etwas bewirken kann. Das ist nicht nur Technik, was ja per se auch schon sehr interessant ist.
Rapps: Genau, ich möchte, dass wir in unserer Gesellschaft weiter vorankommen, dass wir alle mitnehmen. Dass ich junge Frauen als Mentor unterstütze - egal, wo sie herkommen, welchen religiösen Hintergrund sie haben, das ist mir wahnsinnig wichtig. Das gilt auch für Inklusion. Man sollte die Fähigkeiten der Menschen sehen, nicht die Herkunft, das Geschlecht oder etwaige Einschränkungen.