Das Chefbüro im Ausweichquartier ist auffällig klein. Doch Bürgermeister Peter Neubert ist Wohnmobilist: Er weiß, wie man beengte Räumlichkeiten optimal nutzt.
Nach 42 Jahren in der Verwaltung, davon 18 Jahre als Chef, hat er an diesem Freitag im ehemaligen Kindergartengebäude, in dem die Gemeindeverwaltung wegen des Rathausumbaus residiert, seinen letzten Arbeitstag. Am 1. Mai zieht dort sein Nachfolger Ulrich Werner ein.
Loslassen ist nicht einfach
Peter Neubert gibt unumwunden zu: „Das Loslassen ist nicht einfach.“ Gerne hätte er noch ein paar Dinge in der Gemeinde umgesetzt, andererseits ist da die Vorfreude auf die Ungebundenheit, die ihn ab nächster Woche erwartet. Die meisten Mitbürger, so Neuberts Wahrnehmung, sähen es ähnlich: Viele würden ihn noch etwas länger im Amt sehen, was die Altersgrenze verhindert. Jedoch würden ihm die Menschen auch den Ruhestand gönnen.
Für Neubert ist es nicht nur ein Abschied vom Bürgermeisterstuhl. Fast sein komplettes Berufsleben hat er im Rathaus verbracht. Alleine 500 Gemeinderatssitzungen hat er gezählt. Insofern habe er schon genau gewusst, auf was er sich einlässt, als er 1999 – relativ knapp – zum Bürgermeister gewählt worden ist.
Junge Familien sind geblieben
Den 2005 fertig gestellten Bau der Umgehungsstraße nennt Neubert als wichtigstes Projekt der vergangenen Jahrzehnte. Nur die Entlastung vom Durchgangsverkehr habe die Chance geboten, den Altort im Süden neu zu gestalten. Deswegen habe die Gemeinde auch selbst über vier Millionen Euro in das Straßenprojekt eingebracht.
Mit Blick auf die heutige Dorfmitte sagt er: „Das hat sich ausgezahlt.“ Der deutliche Anstieg der Lebensqualität hat in Neuberts Augen verhindert, dass junge Familien dem Ort den Rücken gekehrt haben. In alten Hofstellen sind neue Wohnhäuser entstanden.
Dass die Sportanlagen entgegen der ursprünglichen Intentionen des Vereins am Ort geblieben und ausgebaut worden sind, wertet der Rathauschef ebenso positiv wie die Auslastung des Industriegebiets. Insgesamt sieht er die Politik bestätigt, dass das sicherlich nicht darbende Bergrheinfeld keine großen Rücklagen gebildet, sondern stetig investiert habe.
Kapitän eines Teams
Neubert strahlt eine Art zurückgenommenes Selbstbewusstsein aus. Er weiß um die Erfolge seiner Arbeit und benennt sie auch klar, bildet sich aber nichts darauf ein. Und stets stellt er die Mannschaftsleistung heraus: in den Teams der Verwaltung, des Gemeinderats, der Bürgerschaft. In seiner ruhigen Art und empathischen Wortwahl klingt dies nach deutlich mehr als einem Lippenbekenntnis.
Als Beispiel nennt er den „alternativen Neujahrsempfang“, den die Mitarbeiter des Bauhofs organisieren. Mit Bratwürsten und Glühwein. Nicht im Auftrag der Gemeinde, sondern aus eigenem Antrieb. „Das schweißt zusammen“, sagt Neubert. Der Erlös geht an ein soziales Projekt.
Die Gelassenheit der Bercher
Von Skandälchen ist Neuberts Amtszeit verschont geblieben. Von Auseinandersetzungen in der Sache aber keineswegs: um das benachbarte Atomkraftwerk, um die Stromtrasse SuedLink, um das Umspannwerk, um die Umgehungsstraße, um den Kreisverkehr in der Hauptstraße. Dies sei aber nie in echten Streit ausgeartet, weil man im Ort anständig miteinander umgehe, analysiert Neubert: „Das macht uns in Berch aus.“
Neubert führt dies aber auch darauf zurück, dass Bürgermeister, Rat und Verwaltung die Menschen in Projekte stets einbezogen hätten: „Man muss die Bürger ernst nehmen und auch mitnehmen.“ Beim Bau der Umgebung habe man Anregungen berücksichtigt. Deswegen habe man dann auch problemlos die nötigen Flächen kaufen können. Und auch bei der Umgestaltung des Friedhofs seien die Bedenken der Menschen ernst genommen worden.
Friedhof als Bürgerpark
Letzteres ist für Neubert ein positives Beispiel gelungener Überzeugungsarbeit. Verkleinerte Grabstellen, Rasengräber, die nicht bepflanzt werden müssen, und Baumbestattungen machen den Gottesacker heute aus. Neben der Funktion als Ort der Trauer und Erinnerung sei der Friedhof zusätzlich zu einer Begegnungsstätte für die Menschen geworden. Als eine Art Bürgerpark. „Ich gehe gerne dorthin. So komisch das klingt“, sagt Neubert. Für das Konzept gab es die Goldmedaille für den innovativsten Friedhof im Landkreis.
Noch in der letzten Woche von Neuberts Amtszeit hat das Tagesgeschäft überwogen. Mit Ausnahme der Abschiedstermine. In den Kindergärten haben sie schon „Auf Wiedersehen“ gesagt. Mit irischen Segensliedern und selbst gebastelten Bändern. Das hat Neubert bewegt. Den Gemeinderat hat er zur Ausstands-Brotzeit eingeladen. An diesem Freitagmittag verabschiedet er sich von den Mitarbeitern der Verwaltung, bevor der offizielle Festakt am Abend folgt.
Ohne Druck im Wohnmobil
Und dann? „Man muss was tun“, sagt der 65-Jährige. Er will Spanisch lernen und sich noch mehr aufs Fahrrad setzen als bisher. Und selbstverständlich im Wohnmobil verreisen. Einfach dort Station machen, wo es ihm und seiner Frau gefällt. Ganz ohne Termindruck.