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KREIS SCHWEINFURT
Brönnhof: Nach den Panzern regiert jetzt die Natur
Obstblüte am Brönnhof. Auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz müssen die Interessen von Natur und Bewirtschaftern unter einen Hut gebracht werden.
Foto: Anand Anders | Obstblüte am Brönnhof. Auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz müssen die Interessen von Natur und Bewirtschaftern unter einen Hut gebracht werden.
Nike Bodenbach
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:17 Uhr

Schon als auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Brönnhof noch US-Soldaten trainierten, waren die über 2000 Hektar Wald und Offenland auch Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen. Seit in dem Gebiet nördlich von Schweinfurt keine Panzer mehr fahren, entwickelt sich der Brönnhof zu einem echten Rückzugsort– auch für bedrohte Arten. Gleichzeitig wird vor allem der Wald, der vier Fünftel der gesamten Fläche ausmacht, bewirtschaftet.

Alle Interessen müssen unter einen Hut gebracht werden. Jetzt soll ein sogenannter Managementplan entwickelt werden, wie der gute Zustand des Gebiets für die Zukunft erhalten werden kann. Darin steht dann zum Beispiel, ob mehr Totholz liegen gelassen werden muss. Am Anfang steht nun eine aufwendige Kartierung. Was lebt eigentlich wo?

Lange ausgewiesen, jetzt geht es los

Schon seit mehr als zehn Jahren ist das Gebiet offiziell „FFH-Gebiet 5827-371 Standortübungsplatz Brönnhof und Umgebung“. Unter dem Namen „Natura 2000“ wurden damals ein europaweites Netz an Fauna-Flora-Habitat- (FFH) und Vogelschutzgebieten ausgewiesen. Ziel der Initiative war nicht weniger als die Erhaltung des Naturerbes des Kontinents. Zumindest am Brönnhof ist, sicher auch wegen der militärischen Nutzung, damit aber nicht viel passiert. Deshalb hieß der Info-Termin für Grundstücksbesitzer, Bewirtschafter, Behörden und Naturschützer am Schweinfurter Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) auch „Auftaktveranstaltung“.

Natura-2000-Gebietsbetreuer Klaus Kaufmann und Tobias Scheuer vom regionalen Kartierteam erklärten hier, was FFH überhaupt bedeutet und was sie vorhaben. Im kommenden Jahr soll der Managementplan dann an einem Runden Tisch vorgestellt werden. Auch für andere FFH-Gebiete werden jetzt solche Pläne erarbeitet. Der Managementplan wird nur für Behörden verpflichtend sein, was aber den Löwenanteil des Brönnhofs betrifft. Bis auf 20 Prozent des Waldes ist alles in öffentlicher Hand, vor allem in der des Bundesforstes.

Aber was hat der Brönnhof eigentlich, das so schützenswert ist? Zur sogenannten FFH-Richtlinie gehören Listen mit Arten und „Lebensraumtypen“, die besonders wertvoll sind. Sie stehen quasi als Paten für andere Arten, die auch dort vorkommen. Dazu gehören der Kammmolch und die Bechsteinfledermaus. Als Lebensraumtypen (Habitate) finden sich am Brönnhof komplizierte Wortschöpfungen wie Flachlandmähwiesen, Waldmeister-Buchenwald und Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald.

Der anspruchsvolle Kammmolch

Der Kammmolch ist laut Gebietsbetreuer Kaufmann der größte heimische Molch. Die Weibchen können bis zu 20 Zentimeter lang werden. Für den Kammmolch reicht der Gartentümpel nicht, so ab 100 Quadratmetern und einem halben Meter Wassertiefe fühlt er sich erst richtig wohl. Und damit der Laich nicht weggefressen wird, sollten bestenfalls keine Fische im Teich leben und auch noch die Sonne drauf scheinen. Gar nicht so leicht, aber am Brönnhof hat der Molch alles, was er braucht.

Die Bechsteinfledermaus ist eine typische Waldfledermaus, die nirgendwo in Europa so stark verbreitet ist wie in Nordbayern. Deshalb muss sie am Brönnhof besonders geschützt werden. Sie braucht viele alte Bäume mit Höhlen darin. Sie muss nämlich alle zwei bis drei Tage umziehen, weil sich in den Höhlen sonst Parasiten einnisten und der Marder die Adresse kennt.

Hier hat Tobias Scheuer vom regionalen Kartierteam eine männliche Bechsteinfledermaus vor die Linse bekommen.
Foto: Tobias Scheuer | Hier hat Tobias Scheuer vom regionalen Kartierteam eine männliche Bechsteinfledermaus vor die Linse bekommen.

Wie viele Tiere dieser Arten am Brönnhof leben und wo genau die besonderen Lebensraumtypen liegen, ist zum jetzigen Zeitpunkt aber noch unklar. Das ist nun der Job der Kartierer. Für das Offenland sind laut Tobias Scheuer freie Kartierbüros beauftragt, für die Wald-Lebensraumtypen und die Arten ist sein Natura-2000-Kartierteam zuständig. Aber wie funktioniert das genau?

Zuerst, so Scheuer, nimmt er sich Luftbilder zur Hand, im Maßstab 1:5000. Anhand derer kann er grob eingrenzen, wo etwa besonders viele Bäume einer Art wachsen. Die Grenzlinien werden grob eingezeichnet, dann geht es vom Schreibtisch in die Natur. Diese Arbeit hat bereits begonnen. Hier werden die einzelnen Lebensräume detailliert eingegrenzt und die Karte konkretisiert. Das Bayerische Landesamt für Umwelt legt dann eine Art Gitternetz über die Karte und bestimmt einzelne Punkte, an denen dann später nochmal ganz genau nachgezählt wird.

Dafür ist dann die „Inventurtruppe“ zuständig. Das sind laut Scheuer Teams aus zwei bis drei Leuten. Ausgestattet mit GPS suchen sie genau die Punkte auf und zählen in einem „Probekreis“ mit einem Radius von fünf bis 20 Metern alles, was für die Kartierung relevant ist. Das sind zum Beispiel die Fledermaushöhlen oder -wochenstuben, Baumarten oder der Totholzanteil. Um die Bäume zu zählen gibt es sogar ein spezielles Gerät, das Spiegelrelaskop. Damit kann man unter anderem den Stammdurchmesser bestimmen und so alte Bäume erfassen.

Eine Wochenstube der Bechsteinfledermäuse. Erwachsene Tiere kümmern sich gemeinsam um ihren Nachwuchs.
Foto: Tobias Scheuer | Eine Wochenstube der Bechsteinfledermäuse. Erwachsene Tiere kümmern sich gemeinsam um ihren Nachwuchs.

Inventurtruppen ab Winter unterwegs

Scheuer schätzt, dass die Teams im kommenden Winter und Frühjahr unterwegs sein werden. Aus ihren Zahlen errechnet eine Datenbank dann die Güte eines Lebensraumtyps und teilt ihn in die Klassen A bis C ein, wobei C am schlechtesten ist. Und daraus ergeben sich dann mögliche Maßnahmen für den Managementplan. „Wenn zum Beispiel der Totholzanteil mit C bewertet wird, würde dann drinstehen, dass er erhöht werden muss“, erklärt Gebietsbetreuer Kaufmann. Für den öffentlichen Wald wäre das dann verpflichtend, für private Besitzer würden die Behörde versuchen, über Förderprogramme wie den Vertragsnaturschutz von C auf A zu kommen.

Es bleibt also noch viel zu tun. Der ehemalige Truppenübungsplatz ist weiter im Wandel.

 
 
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