Zum Artikel "Traktoren-Demo am Schweinfurter Marktplatz: Landwirte fordern weniger Flächenversiegelung " vom 20. März erreichte die Redaktion folgende Zuschrift:
Angesichts des angesagten angenehmen Vorfrühlingswetters vorletzten Samstag folgte ich sehr gerne wieder einmal der Einladung lieber Freunde nach Schweinfurt.
Treffpunkt: Am Denkmal von Friedrich Rückert, dem hochgebildeten freien Geist seiner Zeit aus Main-Franken, dem ich besondere Wirkkraft gerade in die Jetzt-Zeit wünsche – so auch ins gegenwärtige Schweinfurt!
Dort am Markt finde ich meine Clique, indes auch eine Schar von Landwirten mit rund 20 Traktoren: Diese gleichsam wie eine trutzige Wagenburg in Stellung gebracht – mit Parolen auf Transparenten an Front und Heck.
Als Freund dieses uralten Brettspiels fällt mir sofort der Sinnspruch ins Auge: "Nicht nur beim Schach wird der Bauer zuerst geopfert, damit die Großen noch größere Sprünge machen können" und schon bin ich im Gespräch mit Sven May, dem letzten, freilich doch recht selbstbewussten Milchbauer von Schweinfurt; seine Frau Kathrin und die Kinder sind auch mit auf den Marktplatz gekommen. Die ganze Familie macht einen selbstbewussten Eindruck – Leute vom Fach eben: "Wenn – ja wenn nur diese verfluchte 'Krake Flächenfraß' nicht wäre, der die Landwirtschaft mehr und mehr einengt. Täglich werden bayernweit in der Größenordnung von 15 Fußballfeldern Felder, Wiesen und Auen zubetoniert, asphaltiert und mit Verbundsteinen versiegelt; auf Generationen – oder gar für immer – einer überlebenswichtigen Nutzung entzogen."
"Natur statt Beton" sehe ich auf anderen Plakaten … und Menschen mit Stiften und Listen, auf denen eifrig Unterschriften für das Bürgerbegehren gegen ein überdimensioniertes Einkaufszentrum – auf derzeit noch intaktem Ackerboden – gesammelt werden … in Oberndorf, an Schweinfurts westlichem Weichbild.
Und ein Name fällt, der mich erblassen lässt (den ich jedoch hier nicht nenne) und den doch (fast) alle kennen: In dieses Konsum-Monstrum investiert und es projektiert dieselbe GmbH, die auch seit Herbst 2021 in meinem Wohnort die "Beplanung und Bebauung benachbarter Flächen von bestehenden Märkten" bewirbt: Wo ungelogen weniger als 100 Meter neben einem derzeit bestehenden Discounter mit 500 Quadartmetern Verkaufsfläche auf derzeit noch unbebautem Land ein solcher desselben Namens geplant wird: Ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb als Verbraucher- und Selbstbedienungsmarkt mit Nahrungs- und Genussmitteln, sonstigen Gütern des täglichen Bedarfs und Waren aller Art sowie einen Backshop. Die Verkaufsfläche des großflächigen Lebensmittelmarktes beträgt 1200 Quadratmeter.
Da wird mal wieder mächtig Verdrängungswettbewerb betrieben, Kaufkraft abgezogen und neu konzentriert – denke ich mir – und ich verstehe des letzten Schweinfurter Milchbauern Furcht vor der "Krake Flächenfraß" noch besser.
Bernhard Herrmann
95369 Untersteinach