Zum Artikel "Ein neuer Park statt Landesgartenschau" vom 27. Oktober erhielt die Redaktion folgende Zuschrift:
Kaum hat man aus reiner Not und nicht aus reiner Vernunft den Kopf aus der Schlinge gezogen, beginnt ein erneutes Herumirren. Jahrelang hat man mit unbeirrbarer Hartnäckigkeit das Projekt LGS verfolgt – und nun muss im Handumdrehen das Projekt Zukunft auf dem Gelände der ehemaligen Ledward Kaserne realisiert werden. Ein zukunftsfähiges Konzept entwickelt man allerdings nicht in ein oder zwei Stadtratssitzungen.
Die punktuellen Aufhübschungen sind zu begrüßen. Dass es keine Millionen braucht, um Lebensqualität zu erhöhen, zeigen die kulturellen Sommerwochen. Nur ein Beispiel: Musik vor der Kunsthalle, ein paar Biertischgarnituren und Sitzgelegenheiten auf der Grünfläche, und die Menschen fühlen sich wohl. In diesem Stil darf es weitergehen, für die rührige Kulturszene und die örtliche Gastronomie fällt auch noch etwas ab.
Ganz anders sieht’s beim zentralen Punkt aus: Was machen wir mit dem Ledward-Gelände? Auf Biegen und Brechen soll hier etwas installiert werden – groß und mächtig, zukunftsträchtig! Im Umgang mit frei werdenden Großflächen hat Schweinfurt eigentlich seine Erfahrungen mit undurchdachten Schnellschüssen. An der Stadtgalerie laboriert bis heute die Innenstadt.
Nur an die Zukunft der Stadt zu glauben, ist als Konzept nicht tragfähig. Wo liegt die Zukunft der Stadt? Dazu ein Blick auf Vergangenheit und Gegenwart: Schweinfurt war und ist eine Industriestadt, was selbstbewusst auch Schilder an der Autobahn demonstrieren. Nahezu unbemerkt hat sich hier eine Institution entwickelt und etabliert, die weltweit zum guten Ruf unserer Kernkompetenz beiträgt: Das Polytechnikum, die Fachhochschule und neuerdings die Technische Hochschule.
In vielen Gesprächen mit Studenten aus aller Welt (ich habe mehrere Jahre als Dozent Deutsch unterrichtet) wurde mir der gute Ruf unserer FH bestätigt. Kurz und gut: Es ist wichtig und richtig, in diese Richtung zu denken und mittel- und langfristig das Flächengeschenk für die Entwicklung unserer Technischen Hochschule vorzuhalten. Die Verantwortung der Stadt für den Ausbau dieser zukunftsträchtigen Institution zurückzuweisen, ist alles andere als Arbeit für die Zukunft unserer Stadt.
PS: Es gibt in Schweinfurt ein wunderbares, räumlich beengtes Industriemuseum, in dem ehrenamtlich von engagierten Ingenieuren das technische Vermächtnis Schweinfurts gepflegt wird. Gäbe es einen besseren Ort für das industrielle Erbe als das entwicklungsträchtige TH-Gelände? So könnte für Studenten und Besucher der Bogen von der Historie in die Zukunft geschlagen werden.
Hartmut Stahl
97422 Schweinfurt