"Wir wollen eine Zukunft", rufen sie immer wieder und wollen sich damit Gehör verschaffen. Etwa 90 Demonstranten haben sich am Donnerstagmorgen auf dem Schillerplatz in Schweinfurt versammelt. Sie alle stammen aus Somalia, wohnen im Ankerzentrum in Geldersheim und warten dort seit Monaten, wie es mit ihnen weitergeht.
"Die Menschen haben keinen sicheren Status, der es ihnen ermöglicht, in eine Lebensplanung zu gehen", sagt Uwe Kraus, Leiter der sozialen Dienste der Diakonie, der die Demonstration begleitet hat. Für die Behörden sei es sehr schwierig, nach Somalia abzuschieben, weil es nach wie vor ein Kriegsland sei. Das Schicksal der meisten sei klar: "Sie kriegen keine Anerkennung, aber sie können auch das Land nicht verlassen."
186 Somalier leben im Ankerzentrum Geldersheim
Aktuell sind nach Angaben der Regierung von Unterfranken 186 Somalier im Ankerzentrum in Geldersheim untergebracht bei insgesamt 639 Bewohnern (Stand 31. Januar 2020). Die Schutzquote (Summe positiver Entscheidungen) bei Asylsuchenden aus Somalia lag nach Angaben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge im vergangenen Jahr bundesweit bei 41,9 Prozent, in Bayern bei 40,8 Prozent.
Einer der Demonstranten auf dem Schillerplatz ist Kirix Abdi Asis. Er ist seit vier Jahren in Deutschland, seit fast drei Monaten wohnt er im Ankerzentrum Geldersheim. Er ist geduldet, doch bis heute hat er keine Arbeitserlaubnis und, wie er sagt, keine Zukunft. "Die Leute haben hier kein Leben", sagt er. "Ich habe keine Arbeitserlaubnis und darf nicht in eine andere Stadt gehen." Er und die anderen Demonstranten wollen in Deutschland bleiben, haben Angst, zurück nach Somalia zu müssen.
Fehlende Perspektive
"Insgesamt ist die Situation nicht leicht aufzulösen", sagt Uwe Kraus. "Es gibt keine Einigkeit in Europa. Wir sagen, um die Leute, die da sind, muss man sich ordentlich kümmern." Damit sie nicht ewig in dieser Unterkunft sitzen, sagt er. "Die meisten haben keinen Pass", erklärt Kraus. "Und sind Dublin-Fälle, die ursprünglich in Italien ankamen." Eine Möglichkeit für sie wäre, freiwillig nach Italien auszureisen. "Aber das wollen sie nicht", sagt Kraus.
Die Demonstranten kritisieren, dass sie nicht umfänglich die Möglichkeit hätten, Deutsch zu lernen. Dass ihnen Steine in den Weg gelegt würden, wenn es darum gehe, Arbeit zu bekommen. Und, dass die Barleistungen für Tickets und Essen nicht ausreichen würden.
Die Kritik richtet sich unter anderem an die Zentrale Ausländerbehörde (ZAB), sei aber aus Sicht der ZAB nicht immer nachvollziehbar, teilt Johannes Hardenacke, Pressesprecher der Regierung von Unterfranken auf Anfrage dieser Redaktion mit. Für die Somalier des Ankerzentrums, "über deren Asylantrag neun Monate nach förmlicher Antragstellung noch nicht bestandskräftig entschieden wurde", bestehe nach Paragraph 61 des Asylgesetzes mit wenigen Ausnahmen ein Anspruch auf Beschäftigungserlaubnis. Sind die Voraussetzungen erfüllt, werden diese Anträge durch die ZAB regelmäßig genehmigt, so Hardenacke weiter. In Einzelfällen könne es dennoch zu Wartezeiten kommen.
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Wie der Pressesprecher außerdem mitteilt, wird in Anker-Einrichtungen der Bedarf grundsätzlich durch Sachleistungen gedeckt. Die Höhe der Sozialleistungen richte sich nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Aktuell erhalten Bewohner der Ankereinrichtung Unterfranken über den grundsätzlichen Sachleistungsbedarf hinaus noch Geldleistungen von knapp über Hundert Euro im Monat gezahlt.
AfD-Politiker Graupner kritisiert die Demo
Der Schweinfurter Stadtrat Richard Graupner (AfD) meldete sich nach der Demonstration umgehend mit einer Pressemitteilung zu Wort. Er bezeichnet darin die Forderungen der Demonstranten als nicht "akzeptabel". Er habe sich "selbst erst vor Kurzem bei einem Vor-Ort-Termin ein Bild von den mehr als komfortablen Bedingungen im Ankerzentrum machen können." Er könne gut nachvollziehen, dass viele Bürger solche Aufmärsche als Zeichen der Undankbarkeit empfinden, erklärt er weiter. Graupner stellt auch die Rechtmäßigkeit der Demonstration in Frage, für ihn war unklar, ob die Kundgebung angemeldet war.
Dies war aber der Fall, wie das Polizeipräsidium Unterfranken in Würzburg erklärt: "Ein Bewohner der Anker-Einrichtung Unterfranken hatte die Versammlung am Dienstag angezeigt", heißt es in einer Pressemitteilung. Die Demonstration sei von der Schweinfurter Polizei begleitet worden und "nahm einen friedlichen Verlauf". Abschließend erklärt das Polizeipräsidium: "Es kam während der gesamten Versammlung zu keinerlei Sicherheitsstörungen."
Neben den vielen Plakaten "Wir wollen eine Zukunft", "Wir wollen eine Perspektive", "Wir wollen mehr Menschenwürde" (was ich als Wunsch auch vollkommen nachvollziehen kann) wurden nämlich noch andere gezeigt (ich habe zwei gesehen):
"Wir wollen keine Sachleistungen".
Das wurde auch lautstark von einigen im Chor gerufen.
Ich kann mir darüber kein allgemeingültiges Urteil erlauben, aber vielleicht waren das am Ende die ehrlichsten Forderungen der Demonstranten.
Es kommen von Jahr zu Jahr weniger Asylbewerber und selbst Kinder lassen wir lieber auf griechischen Inseln verrecken wie wir es nicht mal einem Hund zumuten würden.
Aber sie klopfen immer in die gleiche Kerbe, die Ihnen die AfD einmal aufgezeigt hat, statt die Zahlen zu verifizieren und darüber nachzudenken. Nicht umsonst hat unser Grundgesetz das Recht auf Asyl als Wesensbestandteil. Wenn es das in den 30ern des letzten Jahrhunderts schon weltweit gegeben hätte, dann hätten sich zig-Tausende Deutsche vor den Gräueln des Naziterrors retten können. Das Asylrecht ist ein Recht auf Leben und die AfD bestreitet in bester Nazitradition dass manche Menschen ein Recht auf Leben haben.
Was (mir) fehlte, waren die Plakate mit "wir bieten", "wir sind bereit".
Ich verstehe, dass diese Menschen sich eine bessere Zukunft wünschen.
Aber hätten Sie diese (ohne eigene Leistung) zu Hause gehabt?
Biete ich den kleinen Finger, zerrt plötzlich jemand an meinem Arm.
Das was gestern in der Innenstadt passierte war doch Salz auf die Mühlen der Kritiker!
Eine bessere Werbung für rechte Gruppierungen und Parteien hätten die Menschen gestern gar nicht machen können.
Leider!
Freie Unterkunft, freie Verpflegung, Taschengeld und unbeschränkten Ausgang!
Und sie reden von Gefängnissen.
Wer soll das verstehen.
Übrigens in Italien wurden die Somalier auch nicht verfolgt!!!
Ein bisschen mehr Empathie!
Was Menschen brauchen ist eine Perspektive! Wenn ich in solch ungeklärten Verhältnissen leben müsste würde ich genauso handeln. Es geht einfach nicht immer nur ums Geld und saubere Toiletten im Ankerzentrum.
Zwei Tipps.
Bei Wikipedia den Begriff "Somalia" eingeben und lesen.
Zweitens,dass eigene Kaufverhalten bei Aldi und Kupsch reflektieren. Geiz ist Geil! Unser Kaufverhalten und die unsägliche Agrarpolitik der EU macht erst die Flüchtlingsboote in Afrika richtig voll.
Das hat ein Hr. Graupner bis heute nicht kapiert!!!
es bedarf sicherlich etliches zu Stemmen in unserer Gesellschaft. In unserer Region wird händeringend nach Fachpersonal in der Gastronomie, sowie in der Kranken,-und Altenpflege gesucht Das Handwerk nicht zu vergessen. Dazu bedarf es aber grundlegender Kenntnisse in der Deutschen Sprache.
Wenn ich Ihren Kommentar lese, kommen mir Zweifel auf ob Sie diese besitzen.
Ich bin mir sicher, dass sie die Regelschule besucht haben.
Sie müssen aber wissen, dass es in Somalia gerade 10% der Menschen gibt, die eine Schulbank "gedrückt" haben. Was für ein Privileg.
Leichtfertig über diese Menschen zu urteilen.
Sie sind nicht der einzige Mensch, der in unserer Republik Steuern bezahlt.
Ach ja, ich arbeite im Krankenhaus. Und ohne den KollegInnen aus anderen Ländern, könnten wir unseren Laden dicht machen.
Mit freundlichem Gruß
Stefan Fuchs
Schweinfurt