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Bergrheinfeld
Stoff für eine Provinzposse mit Happy End
Die Grünen mussten ihre Banner gegen Atommülltransporte an zwei "grünen" Stellen mit Klebeband abdecken. Warum der Bergrheinfelder Bürgermeister das gefordert hat.
Protest gegen Atommülltransporte: In Bergrheinfeld mussten die Grünen Logo und Parteiname auf dem Banner zukleben.
Foto: Anand Anders | Protest gegen Atommülltransporte: In Bergrheinfeld mussten die Grünen Logo und Parteiname auf dem Banner zukleben.
Irene Spiegel
 |  aktualisiert: 08.02.2024 14:53 Uhr

Er wollte es ganz korrekt machen und hat damit Stoff für eine Provinzposse geliefert. Regisseur ist Bergrheinfelds Bürgermeister Ulrich Werner, Bühnenakteure sind die Grünen vor Ort. Inhalt ist der Widerstand der Region gegen die Pläne des AKW-Betreibers Preussen-Elektra, schwach- und mittelradioaktiven Müll aus dem ehemaligen Kraftwerk Würgassen (Nordrhein-Westfalen) eventuell ins neu gebaute Zwischenlager nach Grafenrheinfeld zu transportieren.

Erster Akt: Die Bergrheinfelder Grünen unter ihrem Ortsvorsitzenden Paul Knoblach fragen bei Bürgermeister Ulrich Werner (CSU) nach, ob sie aus Protest gegen die geplanten Atommülltransporte aus Würgassen Banner aufhängen dürfen. Der Bürgermeister gibt sein Okay. Die Grünen ordern bei ihrem Kreisverband drei Banner mit der Aufschrift "Grafenrheinfeld ist keine Atommüllkippe", von denen zwei am Ortsausgang von Bergrheinfeld und eines in Garstadt auf öffentlichem Grund aufgehängt werden sollen.

Zweiter Akt: Der Bürgermeister begutachtet vorab die Banner und findet sie nun gar nicht mehr so gut, weil darauf das Grünen-Logo und der Parteiname zu sehen sind. "Wir machen in Bergrheinfeld keine parteipolitischen Sachen", erklärt Werner und ordnet deshalb an, dass das Grünen-Logo rausgeschnitten werden muss. Das aber lehnen die Grünen ab, weil das Banner dann nicht mehr zu verwenden, also kaputt wäre.

Dritter Akt: Wie kann man den Urheber des Protestbanners unkenntlich machen, ohne das Banner zu zerstören? Jetzt ist Improvisationstheater angesagt. Die "grünen" Stellen sollen überklebt werden. Knoblach und seine Mitstreiter machen sich mit silberfarbenem Klebeband ans Werk. Doch wo anfangen und wo aufhören? Wollte man alles "Grüne" verdecken, müssten man das komplette Banner zukleben.

Vierter Akt und Happy End: Der Regisseur ordnet an, Impressum und Logo zu überkleben und regelmäßig zu kontrollieren, dass das Klebeband auch hält. Das Publikum darf Beifall klatschen, den Namen des Urhebers sieht man jetzt zwar nicht mehr, seine Handschrift erkennt man aber trotzdem. 

Keine parteipolitische Profilierung

Warum dann dieses Schaustück? Bürgermeister Ulrich Werner verweist auf die Bergrheinfelder Dorfgemeinschaft, in der die politische Farbe nicht im Mittelpunkt stehe. "Wir sind ein Gemeinderat und kein Parlament", deshalb wolle man keinen Raum für parteipolitische Profilierung geben. Parteiwerbung auf öffentlichem Grund oder in gemeindlichen Publikationen wie dem Amtsblatt werde grundsätzlich nicht zugelassen. Das sei im Gemeinderat so abgesprochen.

"Die Aussage auf dem Banner unterstützen wir", betont der Rathauschef. Bergrheinfeld werde deshalb – wie schon einige Nachbargemeinden – auch der Resolution gegen die Atommülltransporte aus Würgassen in das Zwischenlager nach Grafenrheinfeld zustimmen. Allerdings schließt man sich hier nicht dem von Bündnis 90/Die Grünen vorgelegten Entwurf an, sondern wird eine eigene Stellungnahme verfassen. In der nächsten Ratssitzung soll diese beschlossen werden.

Vorhang zu, Schauspiel aus? Man darf gespannt sein, ob es eine Fortsetzung geben wird. Denn die Grünen wollen ihre Banner noch in anderen Ortschaften im Umfeld des Atomkraftwerks aufhängen. In Grafenrheinfeld, in Werneck, in Schweinfurt, in Sennfeld. Müssen dort dann auch die "grünen" Stellen zugeklebt werden? Zumindest in der benachbarten und vom Atommüll hauptbetroffenen Gemeinde Grafenrheinfeld wird das nicht der Fall sein. Bürgermeister Christian Keller (CSU) hat grünes Licht für das grüne Banner gegeben: "Hinter diesem Ziel steht die ganze Gemeinde, dafür ist das okay."

 
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  • R. S.
    „Parteiwerbung auf öffentlichem Grund oder in gemeindlichen Publikationen wie dem Amtsblatt werde grundsätzlich nicht zugelassen. Das sei im Gemeinderat so abgesprochen.“
    Von einem Amtsblatt kann man nur sprechen, wenn es sich um das eigene Druckerzeugnis der Gemeinde handelt. Ein Amtsblatt ist im Rechtssinn kein Amtsblatt mehr, wenn der Herausgeber ein sogen. Amtsblattverlag ist, bei dem amtlichen Bekanntmachungen in einem periodischen Druckerzeugnis eines privatwirtschaftlich organisierten Drittanbieters veröffentlicht werden.
    Lt. Impressum ist die Gemeinde nur für den amtlichen Teil zuständig. Der gesamte redaktionellen Inhalt und der Anzeigenteil liegt ausschließlich im Verantwortungsbereich des Verlags.
    Mit dem Verbot einer „Parteiwerbung“ in einem privaten Druckerzeugnis übt der Gemeinderat eine verbotene Pressezensur aus und verstößt gegen das Grundrecht der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG).
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  • J. S.
    Die Provinzposse findet sich ja nicht nur in dieser Schlagzeile.
    Und auf das "Happy End" dürfen wir beim Atommüll noch ein paar hunderttausend Jährchen hoffen.

    Drollig finde ich, wenn hier ausgerechnet die Grünen für die energiepolitischen Fehler der vergangenen 16 Jahre verantwortlich gemacht werden sollen.
    Die Energiewende wurde um die Jahrtausendwende zwar eingeleitet, dann aber verzögert, vermurkst und bis auf den heutigen Tag behindert. Zehntausende neuer, hochqualifizierter Arbeitsplätze gingen dadurch wieder verloren.
    Deswegen fehlt heut der billige Strom aus Windkraft und Fotovoltaik, es fehlen Speicher im Stromnetz und es fehlt ein zukunftsfähiges Netzmanagement.
    Wir haben schlecht gedämmte Gebäude und unser Konsum- und Mobilitätsverhalten gibt der beschleunigten Klimaerhitzung zusätzlichen Schwung.
    .

    Je länger wir an alten Irrtümern festhalten,
    desto weniger werden wir bewahren können von dem,
    was wirklich wichtig ist.

    https://www.youtube.com/watch?v=2NNgv84dkvk
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  • U. A.
    Sind die Grünen nicht die , die die deutschen AKWs abschalten wollten um den Strom dann lieber aus tschechischen, belgischen, franzözischen AKWs etc. zu beziehen, weil das sicherer ist?

    Und den Atommüll abholen und persönlich entsorgen wollten sie ja auch nicht. Jedenfalls nicht im eigenen Garten.

    Und den jetzt in einem staatlichen Zwischenlager aufheben wollen sie aber auch nicht.

    Oh Herr lass Hirn regnen und wasch mich aber bitte mach mich nicht nass weil bei mir der Strom aus der Steckdose kommt.
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  • R. B.
    @Alfisti, pssst, leise, dass soll doch keiner wissen. Wer eine grüne Weste haben will, der erzählt den Menschen in diesem Land das Märchen vom atomfreien grünen Strom. Und man will es gar nicht glauben, wie viele Menschen glauben, in ihrem Haushalt kommt sauberer, aus Wind- und Wasserenergie gewonnener Strom an. Knapp 33.000 Gigawattstunden wurden 2020 aus dem Ausland ins deutsche Stromnetz eingespeist (eine Steigerung von ca. 35 % gegenüber dem Vorjahr). Grund dafür ist die verringerte Produktion im Bereich Braunkohle und Atomkraft im eigenen Land. Der importierte Strom, überwiegend aus Frankreich, besteht zu 35 % aus Atomenergie, Stein- und Braunkohle. Aber es ist schon toll wenn man sich auf die heimische Schulter klopfen kann und hinten herum den Dreck aus dem Ausland bezieht. Das ist eben die Doppelmoral der GRÜNEN und die Leute fallen reihenweise darauf herein.
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  • A. S.
    Grüner Strom aus Wasserkraft kommt zum Beispiel aus Norwegen. Schauen Sie mal auf die Internetseite der Stromrebellen aus Schönau.
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  • R. B.
    Das Posting verstößt gegen unsere Netiquette und wurde daher gesperrt.
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  • H. S.
    die Blume muss noch zugeklebt werden, die gehört zum Logo!
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  • L. W.
    Dieser Kommentar trägt nicht zur Diskussion bei und wurde daher gesperrt.
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  • B. M.
    Ich kann dem Bürgermeister nur zustimmen.
    Die Aussage auf dem Plakat deckt sich mit der Meinung der meisten Bürger/innen in den umliegenden Gemeinden.
    Aus welchem Grund erklären die Grünen sie zu ihrer exklusiven Botschaft?

    Wenn es doch nur um die Sache geht, verstehe ich nicht warum das Parteienlogo
    überhaupt angebracht wurde?
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  • E. H.
    wieso dem Bürgemeister zustimmen?
    er hat doch sein ok gegeben bei der Anfrage der Grünen
    oder hat er gedacht die lassen ein CSU logo darauf drucken ??

    und wieso wird es vom CSU Bürgermeister in Grafenrheinfeld erlaubt ??
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  • M. S.
    @bechri:
    Zitat: "Aus welchem Grund erklären die Grünen sie zu ihrer exklusiven Botschaft?

    Wenn es doch nur um die Sache geht, verstehe ich nicht warum das Parteienlogo
    überhaupt angebracht wurde?"

    einfache Antwort: weil sie es können! Man kann den Grünen vieles vorwerfen aber in Bezug auf die Atomkraft waren sie immer konsequent. Ohne die Anti-Atomkraftbewegung gäbe es die Grünen wohl kaum.

    Wie verlogen wäre es wenn die CDU/CSU oder die SPD ein Plakat mit dem Spruch anbringen? Die Parteien die jahrzehntelang als Förderer der Atomkraft auftraten.

    Das Getue um die Abklebung des Logos hat doch erst dafür gesorgt, dass die Aktion in aller Munde ist! Sehr schlau von den Grünen und ziemlich kleinlich und letztlich ein Eigentor von Ulrich Werner; erst recht nach dem Verweis auf das gegensätzliche Verhaltenvon Christian Keller (CSU) zur Thematik.
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