Falls der Gerolzhöfer Stadtrat wie geplant am 13. Mai den Haushalt für das Jahr 2024 verabschieden wird, dann geschieht das nicht nur ungewöhnlich spät im Jahr. Es dürfte einigen Stadträtinnen und Stadträten dabei auch etwas mulmig zumute sein. Dies wurde jüngst in der Sitzung des Finanz- und Hauptausschusses des Stadtrats deutlich, als Kämmerer René Borchardt den Haushalt zur Beratung vorstellte.
Denn den Entwurf zu erstellen, war für Borchardt nicht nur wegen der personell angespannten Situation in der Finanzverwaltung "eine wirklich herausfordernde Aufgabe", wie Bürgermeister Thorsten Wozniak es formulierte. Es hätten "nicht nur Köpfe geraucht" bei dem Versuch, bevorstehende Millionen-Ausgaben mit erwarteten Einnahmen zu einem vertretbaren Finanzplan zusammenzubringen – ohne dass die prognostizierten Schulden Gerolzhofen völlig über den Kopf wachsen. Man habe deshalb geschaut, wo gespart und Projekte zeitlich nach hinten geschoben werden können.
Auf den ersten Blick scheint dem Kämmerer dies Kunststück gelungen zu sein. Der Haushaltsentwurf sieht eine freie Finanzspanne von knapp über 300.000 Euro vor. Das ist das Geld, das der Stadt von den einkalkulierten Einnahmen nach Abzug aller vorgesehenen Ausgaben bleibt, um Unerwartetes zu bezahlen. Zum Vergleich: Vergangenes Jahr lag die freie Finanzspanne noch bei 1,2 Millionen Euro, im Jahr 2022 sogar bei 1,7 Millionen Euro.
Kredite in Millionenhöhe geplant
Doch um überhaupt flüssig zu bleiben, musste der Kämmerer nach neun Jahren Schuldenabbau für das laufende Jahr fast 3,4 Millionen Euro einplanen, die sich die Stadt bei Banken holt. Und in den drei folgenden Jahren bis 2027 sollen weitere Kredite über fast 9,5 Millionen Euro hinzukommen.
Ohne die zuletzt sprudelnden, laut Wozniak "sehr guten" Steuereinnahmen und dem vorangegangenen Schuldenabbau wäre dies ausgeschlossen. Allein an Gewerbesteuern – der größten Einnahmequelle der Stadt – kalkuliert Borchardt für das laufende und die folgenden Jahre jeweils mindestens vier Millionen Euro ein, "vorsichtig geschätzt". Tatsächlich dürften die Summe laut Kämmerer höher ausfallen.
Dass die Stadt bei den von örtlichen Unternehmen zu zahlenden Gewerbesteuern so gut dasteht, verdanke man dem gesunden, "gut gewachsenen Mix" kleinerer bis mittelständischer Unternehmen, sagte Wozniak. Die Stadt hänge nicht am Geldtropf einzelner Großbetrieben, die je nach Konjunkturlage schnell auch mal deutlich weniger Steuern zahlen als gedacht.
Ausstehende Beschlüsse könnten vieles ändern
Dass sich auch die im Haushaltsentwurf enthaltenen städtischen Ausgaben innerhalb kurzer Zeit drastisch ändern können, verdeutlichte ein Einwurf von Arnulf Koch (CSU). Nicht nur ihm war aufgefallen, dass der Entwurf von Kosten von rund 43 Millionen Euro für den Neubau der Grund- und Mittelschule in Gerolzhofen ausgeht. Dabei hat die jüngste Stadtratssitzung zu diesem Thema gezeigt, dass im Stadtrat mit weit höheren Kosten gerechnet wird. Inklusive nicht erfasster, doch unvermeidlicher Kosten, dürfte ein Neubau am bisherigen Standort um die 60 Millionen Euro kosten.
Dass diese deutlich höhere Summe sich nicht anteilig im Gerolzhöfer Haushaltsentwurf wiederfindet, liegt laut dem Kämmerer daran, dass es hierzu (noch) keine geltenden Beschlüsse der verantwortlichen Gremien gibt. Ob dieser Unsicherheit sprach Koch von einem "Damoklesschwert", das der Schulhausbau, auch weitere schwebende Großprojekte, wie die Marktplatzsanierung und der Bau eines weiteren Kindergartens, für den Haushalt bedeute. Die Ausgaben der Stadt – und damit deren Schulden – könnten sehr schnell um mehrere Millionen Euro nach oben schießen, meinte Koch. Der Haushaltsentwurf würde so schnell zur Makulatur werden.
Die Frage, welchen Wert ein solcher Haushalt dann überhaupt hat, dürfte in der Stadtratssitzung am 13. Mai nochmals debattiert werden.