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Schweinfurt
Beischlaf im Schlaf: War es eine Vergewaltigung oder einvernehmlicher Sex?
Ein Bühnenkünstler weist den Vergewaltigungsvorwurf der Staatsanwaltschaft zurück. Er sei keiner, "der etwas erzwingt". Und er legte dem Gericht neue Beweismittel vor.
Landgericht und Amtsgericht Schweinfurt
Foto: Anand Anders | Landgericht und Amtsgericht Schweinfurt
Stefan Sauer
Stefan Sauer
 |  aktualisiert: 09.02.2024 19:35 Uhr

Der Vorfall, den das Schweinfurter Schöffengericht seit Dienstag beschäftigt, liegt fast fünf Jahre zurück. Nach einer Poetry-Slam-Veranstaltung im April 2017 in Schweinfurt soll ein 40-jähriger "freier Autor und Bühnenkünstler" aus Norddeutschland weit nach der Veranstaltung beim Übernachten in einer Privatwohnung mit einer Kollegin den Geschlechtsverkehr ausgeübt haben, während sie schlief.

Mitten in der Nacht habe sich der Angeklagte von seinem Bett in ihr Bett gelegt und den Beischlaf vollzogen, so der Anklagevertreter. Dabei habe er billigend in Kauf genommen, dass diese sich "wegen ihres Schlafzustandes nicht zur Wehr setzen" und ihren "entgegenstehenden Willen gegen sexuelle Handlungen weder bilden noch äußern konnte". Das sei strafbar als Vergewaltigung.

Von Konsens ausgegangen

Was sagt der Angeklagte dazu? Sein Verteidiger verliest seine viele Seiten umfassende Erklärung, in der er den Geschlechtsverkehr mit der ihm seit langem bekannten "sympathische Kollegin" nicht abstreitet. Aber: "Ich bin von Konsens ausgegangen", lässt er seinen Anwalt vortragen. Er habe kein Nein und keine Gegenwehr erlebt und sei "niemand, der etwas erzwingt", beteuert der Angeklagte in seiner Erklärung. Bei jeder Art von Ablehnung seitens der Frau hätte er sofort aufgehört.

Nun liegt der Vorfall schon Jahre zurück. Wieso kommt es erst jetzt zu dem Prozess? Erst in der jüngeren Vergangenheit habe eine Künstlerin über Vergewaltigungserlebnisse "geslamt", ein #Mee-to-Moment in der Szene, so der Angeklagte weiter. Erst dadurch sei ihm in den Sinn gekommen, dass der Sex damals als nicht einvernehmlich gesehen werden könnte. "Ich steigerte mich in ein schlimmstmögliches Szenario hinein." Naiv und töricht seien einige seiner Formulierungen gewesen, mit denen er seine Betroffenheit zum Ausdruck gebracht habe.

Absagen und Ausladungen

Schließlich kam es dann zu der Anklage vor dem hiesigen Schöffengericht, bei dem das mutmaßliche Opfer auch als Nebenklägerin auftritt. Zum Prozessauftakt am Dienstag kamen viele Kolleginnen von ihr – mehr, als der Gerichtssaal fassen kann. Der Anwalt des Angeklagten übergab dem Gericht und den Prozessparteien neben der ellenlangen Erklärung des 40-Jährigen weitere umfangreiche Aufzeichnungen über Chats und Nachrichten, die dem Gericht neu sind.

Diese Beweismittel müssten sorgfältig zur Kenntnis genommen werden, und zwar noch bevor der Angeklagte weiter befragt wird, wozu dieser sich bereit erklärt hatte. Und: Auch die Nebenklägerin soll erst im Anschluss an die Sichtung des Schriftverkehrs in den Zeugenstand gerufen werden. Am Ende seiner Erklärung ließ der Angeklagte wissen, mittlerweile habe sich in der Szene die "stille Post und die Gerüchteküche" für ihn sehr schädigend ausgewirkt. Er bekomme Absagen und Ausladungen. Vom Poetry-Slam-Geschäft sehe er sich weitgehend ausgeschlossen, zumindest solange dieses Verfahren läuft.

Das Gericht setzte einen weiteren Verhandlungstermin fest, zu dem auch drei Zeugen geladen werden: den 23. März, 13 Uhr.

 
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