zurück
Schweinfurt
Auf den Kleingarten muss der Schweinfurter sehr lange warten
Obst und Gemüse anbauen, Freizeit im Garten verbringen: Das ist auch dank Corona ein Trend. Allerdings ist in Schweinfurt die Nachfrage nach Gärten größer als das Angebot.
Kleingärten in Schweinfurt: Der Blick in ein so kleines Paradies weckt Sehnsüchte, der auf die Wartelisten jedoch kaum Hoffnung.
Foto: Anand Anders | Kleingärten in Schweinfurt: Der Blick in ein so kleines Paradies weckt Sehnsüchte, der auf die Wartelisten jedoch kaum Hoffnung.
Gerd Landgraf
Gerd Landgraf
 |  aktualisiert: 09.02.2024 01:58 Uhr

Natur-, Klima- und Artenschutz, den Wunsch, gesundes Obst, Gemüse und Salat auf den Tisch zu stellen, den Spaß in der Freizeit und den Auftrag, die Kinder in die Natur zu führen, nennt Michaela Büchner, stellvertretende Vorsitzende im Stadtverband der Kleingärtner, als Gründe für die rasant gestiegene Nachfrage an Kleingärten. Über 1000 davon haben die sechs angeschlossenen Schweinfurter Vereine, die bei Bewerbungen auf lange Wartelisten und viel Geduld verweisen müssen. Erst nach drei oder gar sechs  Jahren werden die Interessenten zum Zuge kommen.

Weit über 150 Interessenten auf den Wartelisten

Corona habe also den Trend nicht ausgelöst, aber beschleunigt. Immer länger seien die Wartelisten geworden. Teilweise werde auch schon abgewunken, weil selbst auf lange Sicht keine Hoffnung auf Zuteilung bestehe, so Michaela Büchner. Mit deutlich über 150 Anmeldungen fehlt der Stadt eine weitere, also eine siebte große Anlage neben jenen der Arbeitsgemeinschaft der Kleingärtner Alte Warte (483 Mitglieder), der Kleingartenvereinigung am Schweinfurter Kreuz (mit Hutrasen 223), dem Kleingartenverein Oberndorf (206), dem Kleingartenverein Sonnenblick (85), dem Kleingartenverein Zellerau (mit Heckenweg 43) und der Kleingartenanlage Berglblick (26). 

Der Anbau von Obst, Gemüse und Salat ist Pflicht und Voraussetzung für die Gemeinnützigkeit.
Foto: Anand Anders | Der Anbau von Obst, Gemüse und Salat ist Pflicht und Voraussetzung für die Gemeinnützigkeit.

Der Stadtverband kann sich auch ein Projekt vorstellen, in dem nicht jeder einen abgeschlossenen Garten mit Gartenhäuschen hat, sondern wo gemeinschaftlich gepflanzt und gepflegt, wo es zugewiesene Parzellen und nur ein Gartenhaus für alle gibt. 

Der Kleingarten ist Party-Garten

Da die Anlagen der sechs Vereine als gemeinnützig eingestuft sind, gibt es dort keine Party-Gärten. Der Anbau von Obst und Gemüse ist Pflicht. Da der Stadtverband mit der Zeit geht und das Bedürfnis an Entspannung auch ein Vereinsziel ist, gilt die Vorgabe, dass die Hälfte jeder Parzelle für den Anbau zu nutzen ist. Geprüft wird dies nicht nur von der jeweiligen Vorstandschaft, sondern auch vom Stadtverband, der sich hierbei über Arbeitsmangel nicht beklagen könne, so die stellvertretende Vorsitzende.  

Neubürgern wie auch Alteingesessenen sei immer wieder klar zu machen, dass Kleingärten keine Biergärten und keine Abstellplätze, dass Gartenhäuser keine Wochenendhäuser seien, sagt Michaela Büchner und: "Das klappt dann auch." Aktuell ist man coronabedingt bei den Begehungen nicht im Plan. So herrsche immer wieder Verunsicherung – darüber, was momentan erlaubt, was verboten sei. 

Rat bräuchten derzeit aber nicht nur die Gartenbesitzer, sondern auch die Vorstände, denn die Absage von Festen hätte nach all den Vorbereitungen und Investitionen Löcher in die Vereinskassen gerissen. 

Klein und fein, aber kein Wochenendhaus.
Foto: Anand Anders | Klein und fein, aber kein Wochenendhaus.

Harald Endres führt die Arbeitsgemeinschaft Alte Warte und kann auf die Mitarbeit von 16 Feldobmännern, 30 Mitgliedern des Arbeitsausschusses und der drei Gartenbesitzer rechnen, die sich um die Wasserversorgung kümmern. Bei jetzt 50 Bewerbungen und bei durchschnittlich 14 Rückgaben im Jahr hat Harald Endres ausgerechnet, dass 3,57 Bewerber auf einen frei werdenden Garten kommen. Unter Berücksichtigung der bevorzugten Übergabe an die Kinder der bisherigen Gartenbesitzer werde ein neuer Bewerber so erst in vier bis fünf Jahren bedacht.

Müll an jedem Wochenende

Zugesichert ist, dass jeder Antrag bearbeitet wird, und "wir es uns nicht leicht machen". Der Vorsitzende freut sich derzeit über viele positive Rückmeldungen aus dem Verein an die Vorstandschaft und auch über viele Neubürger, die beim Arbeitsdienst kräftig zulangen würden. Einschreiten müsse er leider immer wieder bei Schwarzbauten, und höchst unerfreulich sei die Vermüllung der Anlage an den Wochenenden mit dem Verpackungsmaterial für Hamburger, Cheeseburger und Pommes.   

Nicht nur der eigene Garten, auch die gemeinschaftlichen Einrichtungen sind zu pflegen.
Foto: Anand Anders | Nicht nur der eigene Garten, auch die gemeinschaftlichen Einrichtungen sind zu pflegen.

"Seit Corona werden wir mit Nachfragen überrannt", sagt Barbara Schmidt von der Kleingartenvereinigung Schweinfurter Kreuz. Bei 36 Anmeldungen werde sich die Wartezeit auf bis zu sechs Jahren ziehen. Als positiv notiert ist das steigende Interesse der Jüngeren. Auch würden Gärten vermehrt an die eigenen Kinder weitergegeben, so die Vorsitzende. Eine schnelle Abhilfe sieht auch Barbara Schmidt nur in der Ausweisung einer weiteren Kleingartenanlage.

Einen "Run" verzeichnet der Vorsitzende des dritten der drei großen Vereine. Um 200 Prozent ist laut Christoph Lazarek die Nachfrage bei den Kleingärtnern von Oberndorf gestiegen. Mit zwei bis drei Jahren liegt hier die Wartezeit noch in einem vergleichsweise erfreulichen Rahmen. Erfreulich sei auch, dass wieder viele junge Familien zu Spaten und Rechen greifen wollen.

Geschlossen, weil aussichtslos

Auch für die Kleingartenverein Sonnenblick ist die finanzielle Durststrecke in das zweite Jahr gegangen. Das Vereinsheim konnte nicht mehr für Feierlichkeiten gebucht, Feste konnten nicht gefeiert werden. Da bereits 15 Interessenten auf der Warteliste stehen, ist diese geschlossen. 

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schweinfurt
Gerd Landgraf
Anbau
Gartenbesitzer
Gartenhäuser
Gemüse
Kleingartenanlagen
Kleingartenvereine
Kleingärten
Kleingärtner
Obst
Stadtverband der Kleingärtner
Vorsitzende von Organisationen und Einrichtungen
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • F. R.
    Vorschlag: Intelligente neue Kleingärten im Kontext mit der Stadtentwicklung, zur Verbesserung der Stadtstruktur UND des Stadtklimas.

    Neue Stadtteile sollen nicht direkt aneinander gebaut werden, als strukturloser Siedlungsbrei, sondern durch, wenn auch nur schmale, grüne Bänder voneinander getrennt werden. Anlage & Pflege der grünen Bänder kosten der Stadt aber viel Geld. Das könnten auch langgezogene neue Kleingartenanlagen sein - eine Win-win-Situation!

    So z. B. entlang des nördlichen Randes der Gartenstadt, als grünes Band zwischen Gartenstadt und dem späteren Baugebiet Mönchkutte (wobei man bei einer Planung auch an eine spätere, mögliche Trasse der Nordtangente Gretel-Baumbach-Str.- Eselshöhe denken sollte).
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten