Auf einem Fußballplatz rennen Kinder schreiend einem Ball hinterher. Daneben ragt das dreistöckige ehemalige Forsthaus von Eichelsdorf auf. Im Hof spielen Kinder Basketball. Helles Lachen dringt aus dem Nebengebäude nach draußen. Auf der anderen Seite des großen Hauses arbeitet eine Frau in einem Kräutergarten. Hinter ihr, auf der Wiese, ist ein Volleyballtunier in vollem Gange.
Das ehemalige Forsthaus ist seit mehr als 50 Jahren das Schullandheim des Alexander von Humboldt Gymnasiums (AvH) Schweinfurt – und die Frau im Garten ist Sabine Jüngling. Sie ist seit 2006 fest am AvH angestellt. Als Lehrerin für Latein und katholische Religionslehre. Seit zehn Jahren leitet sie das Schullandheim. Das passt perfekt. Jüngling wohnt nur 16 Kilometer entfernt in Haßfurt. Man müsse oft herfahren, für Wochenendvermietungen an Externe, die Einweisung der Klassen am Montag, die Abnahme am Freitag und als Ansprechpartner, wenn etwas schieflaufe. Zum ehemaligen Forsthaus hat sie eine besondere Verbindung: Ihr Großonkel war Förster in Eichelsdorf.
Wie das Gymnasium zum Forsthaus kam und was es daraus gemacht hat
Das Hauptgebäude entstand 1893 als königlich bayrisches Forsthaus. 1963 wurde es vom 1959 gegründeten "Schullandheimverein der Oberrealschule Schweinfurt e.V." gekauft. Ziel war es , für die Schüler einen Ort zu schaffen, an dem sie Unterrichtserfahrungen außerhalb der Schule und in der Nähe zur Natur erwerben können. Und: Eichelsdorf ist nicht zu weit entfernt von Schweinfurt, aber trotzdem mitten im Grünen.
Auch das Gebäude eignet sich gut als Schullandheim. Drei Stockwerke hat das alte Forsthaus, inklusive Speisesaal, Küche, Studierzimmer. Sogar ein Klavier, das der Chor gerne bei Probenwochenenden benutzt, gibt es. Mädchen und Jungs bewohnen jeweils ein Stockwerk. Es gibt Mehrbettzimmer mit Stockbetten für die Schüler, Doppelzimmer für die Tutoren und Einzelzimmer für die Lehrkräfte. Das ehemalige Forsthaus besitzt zudem einen alten Gewölbekeller - mit Tischtennisplatte, Tischkicker, Billard-Tisch und einem offenen Kamin.
Die Ausstattung des Hauses sei zum Teil schon sehr alt und einfach gehalten, erklärt Jüngling. So gibt es Gemeinschaftsduschen und große Acht-Bett-Zimmer. Während der Zeit in Eichelsdorf müssen die Schülerinnen und Schüler ihr Handy abgeben und bekommen es nur am Abend zu gewissen Zeiten wieder, um zu Hause anrufen zu können. Gerade solche Erfahrungen der Einfachheit seien wertvolle Erlebnisse für die Kinder, sagt Jüngling. "Wieder ein bisschen runterkommen und feststellen: Man braucht sein Computer nicht, man braucht sein Handy nicht, man braucht kein Zimmer nur für sich allein."
Viel Engagement ist nötig, um das Schullandheim zu betreuen
Für ihre Arbeit in Eichelsdorf kriegt Jüngling vier Entlastungsstunden. Das heißt, sie muss vier Stunden weniger Unterricht halten. Doch diese Zeit reicht nicht aus: Jüngling ist Ansprechpartner für die Lehrkräfte, springt im Notfall auch mal in der Küche ein, um das Abendessen vorzubereiten. Sie kontaktiert den Hausmeister, damit Schäden behoben werden und der Rasen gemäht ist, kümmert sich um Wochenendbuchungen und die Lohnabrechnung für die Angestellten. Ein Gärtner, ein Hausmeister, eine Köchin, drei Putzfrauen und eine Einheimische aus dem Ort gehören zum Team.
Im letzten Jahr habe es 36 Wochenendbuchungen gegeben, erzählt Jüngling. Das sind 36 Einweisungen und 36 Abnahmen. Um Entlastung zu schaffen, übernimmt jetzt eine Angestellte aus dem Ort die Hälfte der Wochenendbuchungen. Aber auch das Putz-Team ist unterbesetzt. Um zu unterstützen, ist Jüngling zusätzlich als Putzkraft auf 450 Euro-Basis angestellt.
Privat engagiert sich Jüngling in der Feuerwehr. Das hat sich in Eichelsdorf schon ausgezahlt. Als im vergangenen Herbst ein paar Fünftklässlerinnen in einem Zimmer eingesperrt waren, an dessen Tür ein Stück des Schlosses abgebrochen war, musste sie letzten Endes professionell die Türe eintreten. Seitdem nennen die Mädchen sie immer noch ihre Retterin, erzählt Jüngling und lacht.
So finanziert sich das AvH sein Alleistellungsmerkmal
Das Schullandheim wird durch Wochenendvermietungen und den Schullandheimverein finanziert. Die Eltern der Schüler können im Schullandheimverein Mitglied werden und bezahlen dann jährlich einen Mitgliedsbeitrag von 30 Euro. Dafür entstehen für die Kinder von Mitgliedern keine Übernachtungskosten während des Schullandheimaufenthaltes. Das wären 10 Euro pro Nacht für Schüler, also 40 Euro für den Aufenthalt von Montag bis Freitag. Das sei ein Entgegenkommen, in der Hoffnung, dass die Eltern Mitglied bleiben.
Die Schwierigkeit bei einem eigenen Schullandheim sei, dass nicht zu viel Gewinn gemacht werden dürfe, aber genug Geld für eventuelle Schäden und Instandhaltung vorgehalten werden müsse.
Zu Beginn der Geschichte des Schullandheims erfolgte die Finanzierung ausschließlich über den Schullandheimverein. Mit ehemals 1800 Schülerinnen und Schülern war das auch möglich. Das Alexander von Humboldt Gymnasium ist zwar immer noch Schweinfurts größte Schule, aber mit aktuell 980 Schülerinnen und Schülern deutlich geschrumpft. Da reichen die Mitgliedsbeiträge nicht mehr aus, um das Schullandheim zu bezahlen, zumal nicht alle Eltern Mitglied im Verein sind. Dieses Defizit versucht man über Wochenendbuchungen auszugleichen.
Am Anfang seien auch die höheren Klassen noch nach Eichelsdorf gefahren. Da war das ehemalige Forsthaus an die Schule vollvermietet, erzählt Jüngling. Inzwischen fahren nur noch die fünften und sechsten Klassen nach Eichelsdorf.
Das macht das eigene Schullandheim so attraktiv
Der Vorteil des eigenen Schullandheims sei, so Jüngling, dass der Aufenthalt immer noch günstiger angeboten werden könne als bei anderen Unterkünften. Dafür sei über die Jahre nicht viel verändert oder modernisiert worden. Zukünftig sei geplant, die Fremdvermietungen unter der Woche auszuweiten. Gesucht wird noch eine Küchenhilfe. Momentan wird das Haus nur als Selbstversorgerhaus angeboten.
Fest steht, so Jüngling: Das AvH will Eichelsdorf halten, um den Schülerinnen und Schülern einen Ort zu geben, um Natur zu erleben und verschiedenste Kompetenzen außerhalb des Unterrichts zu erlernen. Solche Erfahrungen seien unheimlich wichtig. "Die Kinder nehmen so viel mit". Man spüre nach jeder Klassenfahrt einen Unterschied. Freundschaften würden sich intensivieren und Klassen würden mehr zusammenwachsen.