Der Angeklagte und seine beiden Verteidiger haben alles getan, um den Hauptvorwurf der Anklageschrift zu erschüttern und das mutmaßliche Opfer als unglaubwürdig erscheinen zu lassen. Am Ende, mehr als vier Monate nach Prozessbeginn, hat alles nichts genutzt: Die 4. Große Strafkammer des Landgerichts Schweinfurt sprach den 30-jährigen Angeklagten nicht frei vom Vorwurf der schweren Vergewaltigung und Freiheitsberaubung, wie von seinen Anwälten beantragt, sondern schuldig.
Dafür verhängte das Gericht eine Strafe von drei Jahren und neun Monaten. Weil der Mann in der Untersuchungshaft darüber hinaus noch eine Bedienstete beleidigt und bedroht hatte, erhöhte die Kammer die Gesamtfreiheitsstrafe auf insgesamt vier Jahre.
Nur die Unverschämtheiten der JVA-Beamtin gegenüber hatte der Angeklagte zum Prozessende eingeräumt. Er hatte sie nicht nur mit Schimpfwörtern bedacht, sondern auch einen Stuhl nach ihr geworfen und sie eingeschüchtert mit den Worten, er wisse, wo sie wohne und hoffe, "dass es ihren Kindern gut geht". Eine unverhohlene Drohung nach Auffassung des Staatsanwalts. Den Vergewaltigungsvorwurf bestritt der 30-Jährige bis zum Schluss.
"Als ob nichts passiert wäre"
Laut Anklage aber – und nun auch zur Überzeugung des Gerichts – stimmt die Schilderung der 26-jährigen Bedienung, wonach der Angeklagte für sie Ende Oktober 2022 einen kleinen Umzug gefahren hatte. Anschließend seien sie zu seiner die Wohnung in einer Gemeinde nahe Schweinfurt gefahren. Er habe noch etwas essen und sie dann zur Arbeit fahren wollen. Dort aber habe er sie mehrmals zu küssen versucht, was sie ablehnte. Er habe sie schließlich aufs Bett gestoßen, ihr mit einem Gürtel die Hände auf dem Rücken zusammengebunden und sich an ihr vergangen. Sie habe laut gerufen, aber niemand habe sie gehört.
Nach der Tat habe er lächelnd die von innen verschlossene Wohnungstür geöffnet, so die 26-Jährige am ersten Verhandlungstag. Sie sei zur Bushaltestelle gerannt, habe ihre Freundin angerufen und sei zur Arbeit. Erst auf deren Zureden und dem ihrer Chefin habe sie die Vergewaltigung angezeigt.
Laut dem Angeklagten gab es dagegen mehrfach Sex zwischen beiden, auch an diesem Tag – aber immer "einvernehmlich". Ein Bekannter, von dem er nur den Vornamen kenne, habe ihn gewarnt, dass die 26-Jährige angeblich Männer fälschlich der Vergewaltigung bezichtigt haben solle. Eine Teilskizze von ihrer Wohnung sollte beweisen, dass er entgegen ihrer Aussage doch schon dort war, wo es zum Sex gekommen sei. Auf Antrag der Verteidigung kam es dort sogar zu einem Ortstermin des Gerichts zur Klärung der Frage, ob die Wohnung von außen einsehbar sei. Die 26-Jährige soll aber auch Fotos davon auf Internet-Portalen gepostet haben.
Wer sagt die Wahrheit?
So entwickelte sich vor Gericht ein viele Verhandlungstage währender Kampf um die Frage, wer nun die Wahrheit sagt – und wer nicht. Für den Staatsanwalt und die Kammer war am Ende klar: Die 26-Jährige mag den Angeklagten für ihre Anliegen eingesetzt haben, sie habe aber kein sexuelles Verhältnis mit ihm angestrebt, nur ein freundschaftliches. Und: Erfunden sei die Vergewaltigung nicht, sondern glaubhaft und erlebnisbasiert.
Der Anklagevertreter plädierte für eine Haftstrafe von vier Jahren und drei Monaten, das Gericht blieb nur drei Monate darunter. Die Verteidigung wollte für den Vergewaltigungsvorwurf einen Freispruch erreichen – und nur drei Monate für die Straftaten gegen die JVA-Beamtin. Gegen das Urteil kann Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt werden.