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Schweinfurt
Neuer Prozess am Landgericht Schweinfurt: Hat ein 30-Jähriger seine Bekannte gefesselt und vergewaltigt?
Der Angeklagte dementiert – und dreht den Spieß um: Sie soll ihn angemacht haben, alles sei einvernehmlich erfolgt. Was stimmt?
Symbolbild Gericht Schweinfurt
Foto: Horst Breunig | Symbolbild Gericht Schweinfurt
Stefan Sauer
Stefan Sauer
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:14 Uhr

Einfach wird die Wahrheitsfindung in diesem Prozess vor der 4. Großen Strafkammer des Landgerichts Schweinfurt wohl nicht werden. Wie fast immer in Vergewaltigungsverfahren gibt es nur zwei Beteiligte: den mutmaßlichen Täter und das Opfer, die Geschädigte. Sie berichtet von gewalttätigem Sex gegen ihren ausdrücklichen Willen am Nachmittag des 27. Oktober 2022. Da bat sie ihn, ihr bei einem kleinen Umzug von einer Übergangswohnung in Unterstellräume bei einer Bekannten zu helfen.

Der 30-jährige Transportfahrer, den sie Wochen zuvor in Schweinfurt kennengelernt und mit dem sie sich immer mal wieder getroffen hatte, half ihr, besorgte ein Fahrzeug, fuhr die Kartons in die neue Wohnung – und bot ihr an, bei ihm zuhause in einem Dorf nahe Schweinfurt noch etwas zu essen, bevor sie zur Arbeit muss.

Dort soll es laut Anklage dann zu erzwungenen sexuellen Handlungen des Angeklagten gekommen sein. Der 30-Jährige habe die Wohnungstür abgeschlossen. Als beide auf der Couch saßen, habe er sie zu küssen versucht, was sie wiederholt abgelehnt habe. Sie sehe ihn nur als Freund.

Die Hände mit einem Stoffgürtel auf dem Rücken gefesselt

Das, so der Staatsanwalt, habe der Mann aber nicht akzeptiert, sondern die 26-Jährige zurück auf die Couch gestoßen. Als sie auf dem Bauch lag, habe er ihre Hände mit einem Stoffgürtel auf dem Rücken gefesselt, "um eine Gegenwehr der Geschädigten zu unterbinden". Dann habe er ihr die Hose ein Stück heruntergezogen, sexuelle Handlungen an ihr vorgenommen und sei dabei auch zumindest kurzfristig in sie eingedrungen. Nachdem er zum Samenerguss gekommen war, habe er von ihr abgelassen, ihre Fesseln gelöst und sie erst gehen lassen, nachdem sie ihn angeschrieen habe, die Tür zu öffnen.

Der Staatsanwalt wirft dem Angeklagten schwere Vergewaltigung, vorsätzliche Körperverletzung und Freiheitsberaubung vor. Dieser lässt über seinen Wahlverteidiger vortragen, sie habe in seiner Wohnung mit einem Vibrationsgerät hantiert und ihre Hose selbst ausgezogen. Gegenseitig hätten sie sich stimuliert bis zu seinem Samenerguss – "selbstverständlich im gegenseitigen Einvernehmen, wie die Male davor". Und: Der Schlüssel stecke in der Wohnung immer von innen, damit der ihn nicht vergesse.

Kurz: "Ich habe nichts getan, was nicht ganz sicher ihrem Willen entsprach." Und: Ein Kumpel, von dem er nur den Vornamen kenne, habe ihn gewarnt, dass die 26-Jährige auch schon andere fälschlicherweise der Vergewaltigung bezichtigt habe. "Meines Wissens gibt es kein solches Verfahren aufgrund einer Anzeige der Geschädigten", sagt der Vorsitzende.

Geschädigte vor Gericht: "Es gab nie einvernehmlichen Sex"

Dem Vortrag des Verteidigers vom mehrfachen "einvernehmlichen" Sex zwischen dem Angeklagten und der 27-jährigen Bedienung, einmal angeblich bei ihm zuhause auf dem Küchentisch, widerspricht die Geschädigte entschieden. Das habe es nie gegeben – nur die angeklagte Vergewaltigung Ende Oktober. Sie habe damals von ihrem Ehemann getrennt gelebt und dies dem Angeklagten auch gesagt, aber eben auch, dass sie mit ihm nicht mehr als ein kumpelhaftes Verhältnis wolle.

Am Tag nach der mutmaßlichen Vergewaltigung erstattete die 27-Jährige Anzeige bei der Polizei. Der Angeklagte sitzt in Untersuchungshaft und hat sich dort bereits eine zweite Anklage eingehandelt, die mit diesem Verfahren verbunden wurde: Am 21. Februar soll er im Schweinfurter Gefängnis einer Beamtin einen Stuhl auf den Fuß geworfen, sie als "Schlampe" und "Hure" beschimpft, übelst beleidigt und angedeutet haben, er kenne ihren Wohnort. Körperverletzung, Beleidigung und Bedrohung kommen also noch hinzu.

Der Prozess wird am Mittwoch, 5. Juli, 9 Uhr, fortgesetzt.

 
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