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Traustadt
Ärger um Kellerbau Traustadt vorerst beigelegt: Biergarten öffnet an Fronleichnam nochmals
Begleitet von heftigen Vorwürfen und deftigen Worten hatten sich die Betreiber des Bierkellers und das Landratsamt Schweinfurt über die Ausschank-Erlaubnis gestritten.
m vergangenen Sonntag, 12. Juni, zum Dreifaltigkeitsfest, hatte der Traustädter Bierkeller erstmals seit langem wieder geöffnet. Mehrere Hundert Besucherinnen und Besucher kamen. An Fronleichnam, 16. Juni, öffnet er nochmals, dann ist die Saison für dieses Jahr bereits wieder beendet.
Foto: Michael Mößlein | m vergangenen Sonntag, 12. Juni, zum Dreifaltigkeitsfest, hatte der Traustädter Bierkeller erstmals seit langem wieder geöffnet. Mehrere Hundert Besucherinnen und Besucher kamen. An Fronleichnam, 16.
Michael Mößlein
 |  aktualisiert: 08.02.2024 17:09 Uhr

Wenngleich die Wogen sich zwischenzeitlich wieder etwas geglättet haben: Die Wirbel, die der Kellerbau in Traustadt in den vergangenen Tagen verursacht hat, dürften noch einige Zeit nachwirken. Dass sich die Konfrontation zwischen den Betreibern des auf einer Höhe nördlich von Traustadt gelegenen Bierkellers und dem Landratsamt Schweinfurt zuletzt nicht noch weiter zugespitzt hat, liegt vor allem an einem Gespräch zwischen beiden Seiten. Im Ergebnis des Austausches am 9. Juni im Landratsamt in Schweinfurt durfte der Traustädter Kellerbau am vergangenen Sonntag, zum traditionellen Dreifaltigkeitsfest, öffnen. Und auch an diesem Donnerstag, an Fronleichnam, darf dort ausgeschenkt und Speisen verkauft werden.

Anzeige für den Anbieter Google Maps über den Consent-Anbieter verweigert

Danach sah es Mitte vergangener Woche noch nicht aus. Am Pfingstwochenende hatte sich die Situation zugespitzt. Auf dem Gelände der gut besuchten "Gartenträume"-Ausstellung im Umfeld der Traustädter Schlossscheune hingen Plakate für jedermann sichtbar, auf denen die Betreiber des Bierkellers ihrem Unmut gegen das vom Landratsamt Schweinfurt mit Landrat Florian Töpper an dessen Spitze angeblich verhängte "Ausschankverbot" Luft machten. Unterschriftenlisten lagen auf, um Unterstützung für den Protest gegen die Entscheidung des Landratsamtes zu erhalten. In sozialen Medien im Internet wurden teils heftige Vorwürfe gegen die Behörde geäußert. Ohne die Vorwürfe und deren Wortwahl hier nochmals widergeben zu müssen, war deren Tenor ganz klar: Das Landratsamt verhindere mutwillig den Wirtschaftsbetrieb am Traustädter Kellerbau, dem einzigen Bierkeller weit und breit, und treffe völlig unverhältnismäßige Entscheidungen.

Landratsamt wehrt sich gegen Vorwürfe

Gegen diese Kritik "weit weg von der Wirklichkeit" (O-Ton des Landrats) wehrten sich Vertreter des Landratsamtes während eines Gesprächs mit dieser Redaktion. Das Landratsamt habe in dem Fall – entgegen der öffentlich geschürten Meinung – nichts verhindert, "sondern war immer auf der Suche nach einer gangbaren Lösung", wie es Andreas Lösch als Pressesprecher der Behörde schilderte. Grundsätzlich unterstütze man das Vorhaben und sei froh, wenn dies ein Beitrag darstelle, das gesellschaftliche Leben nach der Corona-Pandemie wieder aufleben zu lassen, meinte Landrat Töpper.

Bleibt die grundsätzliche Frage: Wie konnte es überhaupt so weit kommen? Eine einzige, klare Antwort ist schwerlich zu finden. Denn die Ansichten des Landratsamtes und die von Ingrid Biermann und Raimund Antoni, die den Keller betreiben, gehen hier weit auseinander.

Torsten Kröckel-Jung, der Leiter des Sachgebiets Kommunales und Ordnungsaufgaben im Landratsamt, nennt die aus Sicht der Behörde wichtigsten Eckpunkte des Falles in chronologischer Folge. Am 24. Juli 2020 sei dem Landratsamt über die Lebensmittelüberwachung bekannt geworden, dass am Traustädter Kellerbau ohne gaststättenrechtliche Erlaubnis Gäste bewirtet würden. Worauf der Vertreter der Behörde nicht eingeht: Die Sache ins Rollen gebracht hat eine Anzeige, die jemand aus Traustadt erstattet hat; diese dieser Redaktion vorliegenden Informationen bestätigt auch Ingrid Biermann, ohne einen Namen zu nennen.

Ein halbes Jahr hat sich in der Sache nichts getan

Wenige Tage später kam es im Landratsamt zu einem Gespräch mit Biermann und Antoni. Den beiden Betreibern des Kellers wurde die baurechtliche Zulässigkeit eines dortigen Gaststättenbetriebs erläutert, berichtet Kröckel-Jung, der das Gespräch zusammen mit Thomas Zweiböhmer, dem Leiter des Bauamts am Landratsamt, geführt hat. In der Folge habe sich in der Sache nichts getan, bis im Januar 2021 eine Bauvoranfrage bezüglich der baurechtlichen Zulässigkeit eines Gaststättenbetriebs am Kellerbau einging. Ein halbes Jahr später folgte der Erlass eines Bauvorbescheids. Dann herrschte laut Kröckel-Jung erneut Funkstille.

Der Bierkeller liegt idyllisch am Waldrand unter Bäumen. Das historische Schankhaus wurde vor einigen Jahren liebevoll restauriert.
Foto: Michael Mößlein | Der Bierkeller liegt idyllisch am Waldrand unter Bäumen. Das historische Schankhaus wurde vor einigen Jahren liebevoll restauriert.

Erst am 17. Mai 2022 sei dem Landratsamt ein Bescheid der Verwaltungsgemeinschaft (VG) Gerolzhofen bekannt geworden. Diese hatte Biermann und Antoni einen Biergartenbetrieb an fünf Tagen (26. Mai und 5., 6., 12. und 16. Juni) gestattet. Begründet wurde dies mit Paragraf 12 des Gaststättengesetzes (GastG), das "aus besonderem Anlass" einen erlaubnisbedürftigen Gaststättenbetrieb unter erleichterten Bedingungen ermöglicht.

Landrat: Ausnahmeregelung darf die Regel nicht ersetzen

Eine solche Ausnahme ist nicht auf beliebig viele Anlässe im Jahr ausdehnbar. Das Gaststättenrecht geht von bis zu sechs Terminen im Jahr aus, die auf diesem Weg gestattet werden können. Diese Form des vereinfachten Verfahrens, worüber die Kommune (in diesem Fall die VG Gerolzhofen) entscheidet, sei beispielsweise für Maibaum-Feiern oder die Bewirtung bei Konzerten gedacht, erläutert Landrat Töpper, selbst Jurist. Paragraf 12 GastG solle auf keinen Fall dazu dienen, eine Baugenehmigung zu ersetzen. Eine solche ist immer dann vorgeschrieben, wenn statt gelegentlicher Bewirtung ein fester Saisonbetrieb mit regelmäßigen Öffnungszeiten angedacht ist. Zuständig für die mit einer solchen gaststättenrechtlichen Dauererlaubnis verknüpften Baugenehmigung ist von vornherein das Landratsamt.

Am 20. Mai hat das Landratsamt eigenen Angaben nach die VG Gerolzhofen angewiesen, die nach Ansicht der Kreisbehörde rechtswidrig erteilte Gestattung über den Biergartenbetrieb zurückzunehmen, was die VG noch am gleichen Tag gemacht hat. Am 2. Juni, dem Donnerstag vor Pfingsten, lag der VG laut Landratsamt dann ein Antrag auf Gestattung für 5. und 6. Juni vor. Begründet wurde dies seitens der Betreiber mit einer "kulturellen Führung" am Kellerbau. Am 2. Juni um 18.26 Uhr sei der Antrag von der VG zur fachlichen Stellungnahme ans Landratsamt weitergeleitet worden.

Behörde erkennt genannten "besonderen Anlass" nicht an

Tags darauf (3. Juni) folgte die Antwort des Landratsamtes an die VG: Auch dieser Antrag sei abzulehnen, weil die rechtlichen Voraussetzungen nicht gegeben seien. Eine Führung im Bierkeller sei kein Grund für eine Ausnahme nach Paragraf 12 GastG. Die VG lehnte den Antrag daraufhin noch am 3. Juni schriftlich ab. Das Landratsamt habe den "besonderen Anlass" strenger definiert als die VG, bestätigt deren Verwaltungsleiter, Johannes Lang.

Diese kurzfristige Rücknahme der Gestattung zwei Tage vor der geplanten Öffnung des Kellerbaus an Pfingsten hat die eingangs beschriebene öffentliche Empörung so richtig befeuerte und letztlich zu dem "Friedensgespräch" am 9. Juni geführt hat, dem auch Thorsten Wozniak als Vorsitzender der VG Gerolzhofen und Donnersdorfs Bürgermeister Klaus Schenk beiwohnten. Lang spricht im Nachhinein von einem "konstruktiven Gespräch", das zu einem praktikablen Ausweg – auch für die folgenden Jahre – geführt hat, so dass die VG in Absprache mit dem Landratsamt den Kellerbetrieb am 12. und 16. Juni genehmigen konnte.

Wirtin kann mit erzieltem Kompromiss leben

Am Montagvormittag, 13. Juni, ist Ingrid Biermann rückblickend dankbar für das auch in ihren Angaben nach offene geführte Gespräch. So sei es immerhin möglich gewesen, den Kellerbau an wenigstens zwei von fünf vorgesehenen Tagen zu öffnen. Mit Fronleichnam ist für sie die Kellersaison 2022 dann auch beendet. Wenn der Kellerbau in den kommenden Jahren an fünf, sechs Tagen per Gestattung nach Paragraf 12 GastG öffnen könnte, "dann ist das in Ordnung", sagt Biermann.

Die wehende Fahne mit dem fränkischen Rechen zeigt es schon vom weitem: Der Bierkeller hat geöffnet.
Foto: Michael Mößlein | Die wehende Fahne mit dem fränkischen Rechen zeigt es schon vom weitem: Der Bierkeller hat geöffnet.

Doch auch hierfür muss sie einen nicht unerheblichen Extraaufwand im Vergleich zu früheren Jahren betreiben, als der Keller geöffnet hatte – ohne dass der Betrieb dort beanstandet worden wäre. Beispielsweise hat sie am Sonntag, als der Keller mit rund 300 Gästen gut besucht war, extra einen Toilettenwagen gemietet, der keinen Kanalanschluss benötigt. Ein für Lebensmittel geeignetes Fass enthielt das vor Ort allein fürs Händewaschen benötigte Trinkwasser, berichtet Biermann. Krüge, Besteck und Geschirr habe sie ohnehin schon immer zum Spülen in ihr Gasthaus in Traustadt gefahren. Zudem mussten sie die Verkehrswege zum Kellerbau nach Vorgaben des Landratsamtes umfangreich absperren, obwohl laut Biermann 80 Prozent der Besucher eh mit dem Rad oder zu Fuß auf die Anhöhe kamen.

Landratsamt hat angebliche Linksabbiegespur nie gefordert

Die Option eines dauerhaften Saisonbetriebs am Kellerbau mit den damit verbundenen Auflagen im Zuge eines Baugehmigungsverfahrens – über 20 Punkte – ist für sie vorerst vom Tisch, sagt Biermann. Unter anderem ging es dabei auch um die Verlegung einer Trinkwasser- und Kanalleitung vom Ort hinauf zum Keller. Wobei die Wasserleitung laut Landratsamt von den Antragstellern in den Vorbescheidsantrag selbst aufgenommen wurde. Die in Beiträgen in den sozialen Medien als völlig überzogen gescholtene Forderung nach einer Linksabbiegespur auf der Kreisstraße SW 54 für den Besucherverkehr existiert nach Auskunft der Behörde überhaupt nicht. Einer Zufahrt über die Kreisstraße würde ohnehin aus Sicherheitsgründen nicht zugestimmt.

Und noch eine Ankündigung hat Biermann: Sie möchte die noch vorhandene alte Kegelbahn am Kellerbau wieder restaurieren lassen. Auch dies sei als Beitrag gedacht, die dort weit ins 19. Jahrhundert zurückreichende Biergarten-Kultur weiterleben zu lassen.

 
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Kommentare
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  • F. S.
    Typisch Traustadt - einer Gemeinde in der man es gewohnt ist, sich angedenk eines staatstragenden Politikers, alles selbst zu erlauben, was anderorts wie selbstverständlich ordentlich gehandhabt wird. Was glauben diese Leute eigentlich, wo sie leben?
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  • F. R.
    Typisch Deutschland, statt froh zu sein, dass es noch Leute gibt die sowas mit Herzblut betreiben, immer mehr Stöcke in die Beine werfen.
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