
Für den Neu-Ruheständler gab es reichlich Lob zum Ende seiner langen Tätigkeit im Jugendhaus der Stadt. "Jahrzehnte der Jugendarbeit in Gerolzhofen tragen deine Handschrift", sagte Bürgermeister Thorsten Wozniak, der selbst als Jugendlicher viele Jahre im Jugendhaus verkehrte, und bedankte sich für dessen außerordentliches Engagement.
Seit 50 Jahren existiert ein Jugendzentrum, zwar an wechselnden Orten, aber stets ein beliebter Treffpunkt für Jugendliche und junge Menschen. Davon hat Kurt Rienecker 33 Jahre geprägt. Am 1. Februar 1990 trat er die Stelle als Leiter der Einrichtung an. Eng verbunden mit ihm ist die Zeit des aktuellen Hauses an der Kreuzung Dreimühlenstraße/Bahnhofstraße. Im gleichen Jahr fand dort das Jugendhaus eine neue Bleibe, nachdem die zuvor genutzte alte Realschule in der Pestalozzistraße abgerissen worden war.
Rienecker war für die Jugendlichen "einer von uns"
Der Jugendhausleiter sei, erinnerte sich Wozniak bei einem Empfang in kleiner Runde in der Verwaltungsgemeinschaft, für die Jugendlichen nicht ein Erwachsener gewesen, der das Haus aufgesperrt habe. "Sondern du warst für die Jugendlichen 'einer von uns'."

Rienecker selbst sah sich nie als Hausmeister, auch wenn viele handwerkliche Tätigkeiten in und am Gebäude mit zu seinem Job gehörten. Sein Verständnis von Jugendarbeit: "Sie begleitet Jugendliche ins Erwachsenenwerden und bei der Suche zum eigenen Ich. Ich wollte deshalb, dass sie sich bei mir wohlfühlten. Und ihnen einen Raum bieten, wo sie sich verwirklichen konnten und Kontakte knüpften."
Dabei zupass kam dem gebürtigen Martinsheimer, der Sozialwesen an der FH Würzburg studiert hat, seine offene Art und sein künstlerisches Talent. Vor seiner Zeit im Jugendhaus verwirklichte er sich mehrere Jahre als freischaffender Künstler unter dem Pseudonym "Orlando Schmidd". Ob Musik, Kunst, Spiel und Sport – für die Jugendlichen in Gerolzhofen hatte er neben einem offenen Ohr auch immer jede Menge Angebote und Aktivitäten parat.
Legendäre Konzerte, Plattenpartys und Kinoabende
Das alles war scheinbar so attraktiv, dass teils bis zu 150 junge Menschen an Samstagabenden vorbeischauten. Selbst unter der Woche kamen täglich zwischen 15 und 30. Legendär und in bleibender Erinnerung sind viele Konzerte von Jugendbands, Plattenpartys, Video- und Kinoabende, Fußballturniere oder Workshops zum Beispiel zur Fotografie. Später kam noch der Ferienspaß hinzu, den er lange Jahre über das Jugendhaus organisierte.
Als der erste Computer Einzug hielt, gab es einen richtigen Ansturm. "Der war heiß begehrt. Und man musste sich schnell in die Liste eintragen, um nicht zu lange warten zu müssen, für gerade mal 30 Minuten. Viele hatten ja zuhause noch keinen PC", weiß Personalrat Kim Müller, der früher auch im Jugendhaus unterwegs war und sogar mal zwei Wochen Praktikant bei Rienecker war, zu berichten.
Damit kein Schindluder an dem Gerät getrieben wurde, hatte der Leiter seine eigenen "Stasi-Methoden", wie er schmunzelnd verrät. An einem zweiten Gerät konnte er mitverfolgen, auf welchen Seiten die Jungs und Mädchen herumsurften.

Gewisse Probleme gab es, das will Kurt Rienecker gar nicht bestreiten, diese aber nicht dramatisieren, weil das für ihn zum Erwachsenwerden dazu gehöre. "Ich habe den Jugendlichen immer die Grenzen erklärt." Und wenn einen Jugendlichen Sorgen quälten, ob in der Schule oder im Elternhaus, dann war er vertrauter Ansprechpartner und blieb dabei stets Geheimnisträger. Er habe den Job sehr gerne gemacht und es immer als sehr erfüllend empfunden, konstatiert er rückblickend.
Zukunft des Jugendhaus ist noch nicht geklärt
Ganz zu Ende ist seine Arbeit im Jugendhaus allerdings noch nicht. Seit Monaten archiviert er die unzähligen Fotos, aktuell ehrenamtlich. Er will ein geordnetes Haus übergeben. Zum Abschluss des Empfangs hatte Rienecker noch einen Wunsch an die Stadt: "Ich hoffe, dass es weitergeht mit dem Jugendhaus." Seit April sind die Türen geschlossen – und das wohl länger.
Der Bürgermeister kann dazu noch nicht allzu Konkretes vermelden. Die Stelle sei im Stellenplan vorgesehen, so Wozniak, und bis zur Sommerpause wolle der Stadtrat über die Nachfolge entscheiden. Noch offen ist aber, ob das Jugendhaus in diesem Jahr wieder öffnet. Fraglich ist auch, inwieweit es in seiner bisherigen Form weiterbetrieben wird oder die Jugendarbeit künftig über andere Angebote, beispielsweise Streetwork, stattfindet.