Die Gemeinde wächst und gedeiht, in jedem Fall demographisch. Beim Jahresrückblick der Bürgerversammlung berichtete Rathauschefin Bettina Bärmann von einem Anstieg von 8943 auf 9272 Nieder- und Oberwerrner im vergangenen Jahr. Davon haben 1816 Einwohner eine ausländische Staatsbürgerschaft, womit jetzt bereits 70 Nationen in der Gemeinde vertreten sind.
Spitzenreiter sind die 631 Afghanen, gefolgt von 168 Somaliern und 101 Syrern. Die weltweite Flüchtlingswelle wird an der Wern auch weiterhin zu spüren sein: Bärmann verwies auf 65 Flüchtlinge aus der Ukraine, die in diesem Jahr Aufnahme gefunden haben. Stolz sei sie auf die Hilfsbereitschaft von Bürgerinnen und Bürgern, die Wohnraum und weitere Unterstützung geben.
Hohe Zahl an Kirchenaustritten
1901 Einwohner oder 20 Prozent der Einwohner sind älter als 65 Jahre: "Mit der Entwicklung können wir zufrieden sein", sagte die Bürgermeisterin, es gebe eine nachhaltige Verjüngung. Auffallend hoch ist die Zahl der Kirchenaustritte. 194 waren es im letzten Jahr, ein Plus von 50.
Ende 2021 hatte die schuldenfreie Gemeinde noch 11,7 Millionen Euro in der Rücklage, wobei laut Bürgermeisterin aber auch hohe Werte in erworbenem Grund und Boden "versteckt" sind: "Die beste Entscheidung, die wir treffen konnten", sagt Bärmann, angesichts bisheriger Nullzinspolitik und wachsender Inflation.
Allerdings stehen nun enorme Investitionen ins Haus. An der Neuen Mitte wird ab 18. Juli gebaggert. Bei den Rohbauarbeiten des künftigen Bürgertreffs mit Kolonialwaren-Museum Maul und Energiescheune hätten sich die steigenden Stahlpreise mit 50 Prozent Aufschlag bemerkbar gemacht, stellte Bärmann fest. Auch beim Holz werden hohe Mehrkosten erwartet. Einige Gewerke seien dafür unter der Kostenberechnung geblieben, die Regierung fördere das Projekt trotz der Teuerungen.
"Streetboxen" im Motorpool
Um bis zu 15 Millionen Euro Kosten geht es beim Schulneubau, von dem auf jeden Fall der älteste Teil betroffen sein wird. Der jüngste Trakt am "Roten Platz", mit der Verwaltung, bleibt erhalten. Im Motorpool könnten gleich 42 neue Kleinfirmen unterkommen, wo die Schweizer Firma Procimmo "Streetboxen" aufstellen will, als anmietbare Büroräume.
Gestartet werden soll die großflächige Wegesanierung am Friedhof Oberwerrn. In der Kleingartenanlage Grabeland ist die Neuparzellierung geplant, hier müssen geschützte Eidechsen umgesiedelt werden.
Naturkindergarten ist noch nicht vom Tisch
Nicht vom Tisch ist das Projekt Naturkindergarten unweit der Oberwerrner Grotte. Eine Blockhütte im Wert von 10.000 Euro soll als Basisstation dienen. Verhandlungen mit der AWO als geplantem Träger sind allerdings gescheitert, sagte Bärmann. Derzeit ist die Gemeinde im Gespräch mit einem weiteren Interessenten: "Die Nachfrage ist enorm."
Die Verwaltung stellte zudem das Ergebnis von Verkehrsmessungen vor, unter anderem in der Martin-Luther-Straße, Hainleinstraße und am Ostring. Festgestellt wurden demnach keine auffallenden Temposünden.
Überschaubar blieb das Publikum im Gemeindezentrum, mit rund 30 Besucherinnen und Besuchern der Bürgerversammlung. Die Hauptwege des Friedhofs seien saniert, stellte Matthias Oswald fest. Wie es mit der Begradigung der Nebenwege aussehe? Für ältere Menschen bräuchte es da einen "Outdoor-Rollator".
Volker Ammon fragte nach dem Bauland im Außenbereich an der Keplerstraße, das eigentlich als Gartenbaubetrieb gedacht gewesen sei. Es gebe anderswo passende Grundstücke. Die Umwandlung zum Baugebiet sei privat und "korrekt" erfolgt, stellte Bettina Bärmann fest. Am Nordrand gebe es die einzige Möglichkeit für Niederwerrn, noch zu wachsen. In der Ortsmitte gestalteten sich die Grundstücks-Verhandlungen langwierig und schwierig.
Schlecker-Markt und Neue Mitte
Ammon monierte zudem Unkraut am Bauplatz der Neuen Mitte. Das Areal werde ab 18. Juli ohnehin "platt gemacht", sagte Bärmann: "Was soll ich da noch Unkraut jäten?" Matthias Oswald vermisst dort die Ansiedlung von Wohnraum, Einzelhandel, Bäcker oder Metzger. Es solle ein Treffpunkt mit Café und Bäckerei entstehen, hieß es von Rathausseite. Niederwerrn werde bei der Versorgung etwas machen, allerdings nicht direkt in diesem Bereich.
Eine Frage galt dem Altbau des Schlecker-Markts am Wittelsbacher Platz. Warum der nicht abgerissen werde. "Aus Nachhaltigkeitsgründen", sagte Bärmann, es gebe Nachfrage. Derzeit würden dort Ausstellungsstücke für das Museum Maul gesichtet. Im Rahmen der Umgestaltung des ganzen Areals mit Begrünung und E-Ladesäulen soll auch das Schlecker-Dach bepflanzt werden.