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Gerolzhofen
6 Menschen über ihre Gründe, zur Kundgebung gegen Rechtsextremismus zu gehen: "Wenn nicht jetzt, wann dann?"
In Gerolzhofen haben am Samstag rund 600 Menschen bei der Kundgebung "Nie wieder ist jetzt!" demonstriert. Sechs sprechen darüber, warum sie dabei sein wollten.
Sie erklärten uns, warum sie zur Kundgebung gegangen sind: (oben von links) Karin Weinmann, Christiane Hutten, Werner Leuerer. Unten von links: Katarzyna Wrona, Martina Meisch und Peter Vogt.
Foto: Josef Lamber | Sie erklärten uns, warum sie zur Kundgebung gegangen sind: (oben von links) Karin Weinmann, Christiane Hutten, Werner Leuerer. Unten von links: Katarzyna Wrona, Martina Meisch und Peter Vogt.
Stefan Pfister
 |  aktualisiert: 10.02.2024 02:45 Uhr

Die Massenproteste gegen den zunehmenden Rechtsextremismus in Deutschland haben am Samstag auch Gerolzhofen erreicht. Eine aus der Zivilgesellschaft heraus entstandene Initiative, die von allen im Stadtrat vertretenen Parteien unterstützt wird, hatte kurzfristig eine Kundgebung auf die Beine gestellt. Mehrere hundert Menschen waren dem Aufruf gefolgt und demonstrierten auf dem Marktplatz unter dem Motto "Nie wieder ist jetzt!" für Demokratie, Offenheit und Vielfalt und gegen rechtsextreme Auswüchse.

Der Hintergrund dafür ist, dass die Correctiv-Redaktion kürzlich ein Treffen zwischen Politikerinnen und Politikern der AfD und Rechtsextremen öffentlich gemacht hatte, wo Remigrations-Pläne von Menschen ausländischer Herkunft besprochen wurden. Bei der Demonstration in Gerolzhofen hat die Redaktion mit sechs Menschen gesprochen, warum sie daran teilnehmen, ob sie in großer Sorge sind und was sie sich für die Zukunft wünschen.

1. Karin Weinmann aus Frankenwinheim:

Karin Weinmann aus Frankenwinheim
Foto: Josef Lamber | Karin Weinmann aus Frankenwinheim

"Besonders wichtig ist mir, ein Zeichen zu setzen gegen rechts. Das ist schon seit einiger Zeit besorgniserregend. Gerade die AfD halte ich für eine ziemlich gefährliche Partei. Viele erkennen das nicht. Es wird vieles gesagt, was vor ein paar Jahren noch undenkbar gewesen wäre. Ich finde es gut, dass so viele Leute auf die Straße gehen und dass man es in möglichst vielen Ortschaften macht und dass man weiß, da sind überall Leute, die sagen: Nein, so nicht! Ich sorge mich wegen der Stimmung, die gemacht wird gegen Schwächere und wegen des Rechtsrucks im Allgemeinen. Und dass viele Menschen Sündenböcke suchen für alles Mögliche, obwohl es uns hier verhältnismäßig gut geht."

2. Christiane Hutten aus Järkendorf:

Christiane Hutten aus Järkendorf
Foto: Josef Lamber | Christiane Hutten aus Järkendorf

"Ich wollte mich heute positionieren gegen rechts. Mir macht es Angst, dass die AfD so hohe Zuwachszahlen hat und dass rechts in so vielen Ländern Einfluss gewinnt. Deswegen möchte ich da sein und ein Zeichen setzen. Heute sind einige gekommen, ich finde den Zulauf sehr gut. Gerolzhofen ist ja kein Riesenstädtchen. Ich fühle mich hier gut aufgehoben und meine Erwartungen wurden erfüllt." 

3. Werner Leuerer aus Wiesentheid:

Werner Leuerer aus Wiesentheid
Foto: Josef Lamber | Werner Leuerer aus Wiesentheid

"Ich sage nur drei Worte: Demokratie, Weltoffenheit und Europa! Wir sind mittlerweile ein Multikulti-Land. Die AfD und was sonst noch so am rechtsextremen Rand ist, will weg davon. Das finde ich fürchterlich. Die wollen auch den Dexit – das wäre für uns eine Katastrophe! Mut macht mir, was hier abgeht und dass es in Deutschland eine Bewegung gibt, die endlich erkennt, dass man nicht nur den Arsch auf dem Sofa haben kann. Es war endlich mal an der Zeit, dass sich irgendetwas bewegt."

4. Katarzyna Wrona aus Gerolzhofen:

Katarzyna Wrona aus Gerolzhofen
Foto: Josef Lamber | Katarzyna Wrona aus Gerolzhofen

"Ich bin gebürtige Polin und lebe seit 23 Jahren in Gerolzhofen. Mir war wichtig, Rückgrat zu zeigen, dass so etwas wie 1933 nie wieder kommt und dass wir eine große Familie sind, Europäer. Gerolzhofen ist zu meiner zweiten Heimat geworden. Ich habe hier meine Tochter auf die Welt gebracht, hier habe ich meine Familie, und ich bin engagiert im Theaterhaus. Ich fühle mich hier sicher, in Gerolzhofen ist es ruhig. Aber ich glaube, in den großen Städten ist es nicht so einfach, man muss aufpassen. Ich selbst habe, Gott sei Dank, noch keine Fremdenfeindlichkeit erlebt. Und ich hoffe, das wird nie passieren. Deswegen sind wir heute alle da, dass so etwas keinem Menschen passiert, egal woher er kommt."

5. Martina Meisch aus Frankenwinheim:

Martina Meisch aus Frankenwinheim
Foto: Josef Lamber | Martina Meisch aus Frankenwinheim

"Ich finde es total wichtig, dass in Ortschaften, in denen politisch nicht so viele Veranstaltungen sind, etwas gemacht wird. Ich würde mir wünschen – das AfD-Programm ist 65 Seiten lang, dass jeder das liest; und ich bin mir ziemlich sicher, dass keiner mehr die AfD wählen würde. Bitte nicht von Wahlplakaten leiten lassen oder von Blubber-Blasen aus dem Internet, sondern einfach fragen: Wo kommen die Sachen her? Wer hat das gepostet? Ist das wirklich richtig? Klar ist es gerade schwierig, es sind viele Krisen. Aber die können wir nur zusammen meistern und nicht, indem wir nach unten drücken oder Menschen ausgrenzen. Außerdem bin ich jemand, der gerne reist und einen internationalen Freundeskreis hat. Das möchte ich weiterhin haben. Ich bin froh, dass ich hier lebe und als Frau tun und lassen kann, was ich will. Ich möchte auch nicht, dass etwas eingeschränkt wird. Dafür bin ich heute hier und freue mich, dass so viele Menschen gekommen sind."

6. Peter Vogt aus Schweinfurt:

Peter Vogt aus Schweinfurt
Foto: Josef Lamber | Peter Vogt aus Schweinfurt

"Warum ich heute nach Gerolzhofen gekommen bin? Der Hintergrund ist, dass die Parallelen zwischen der Geschichte von 1923 bis 1933 unheimlich identisch sind mit dem, was jetzt in Form von der AfD abgeht. Das heißt: Wenn nicht jetzt dagegen sein, wann dann? Weil es sonst zu spät ist! Zur Hoffnung gibt mir Anlass, dass offenbar die schweigende Mehrheit sich jetzt zeigt und auch die Nazis sehen, es sind nicht nur sie auf der Straße. Und damit meine ich eindeutig die AfD. Ein Verbot dieser Partei wäre eine gute Sache, geht aber offensichtlich nicht so einfach."

 
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