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Schweinfurt
24 Stunden Leopoldina (Teil 16): In der Radiologie wird nicht nur geröntgt
Die Radiologie hat viel mit Technik zu tun. Sie beansprucht 90 Prozent der Rechnerleistung im Krankenhaus. Kein Wunder, der Gerätepark ist groß.
Auch kräftigere Patienten können mit einem CT untersucht werden, zeigt Radiologie-Chefarzt Dr. Dominik Morhard mit Maskottchen 'Leo'. 
Foto: Anand Anders | Auch kräftigere Patienten können mit einem CT untersucht werden, zeigt Radiologie-Chefarzt Dr. Dominik Morhard mit Maskottchen "Leo". 
Susanne Wiedemann
 |  aktualisiert: 12.09.2022 15:05 Uhr

Im Sommer ist die Radiologie ein sehr angenehmer Arbeitsplatz. Es ist schön kühl hier, man könnte glatt eine Jacke gebrauchen bei der Führung mit Chefarzt Privatdozent Dr. Dominik Morhard. Die Kühlung hat einen Grund: Wer hier arbeitet, braucht Schutzkleidung gegen die Röntgenstrahlung. Und die ist, weil mit Blei versehen, schwer. Ziemlich schwer sogar. Allein die Schürze wiegt gut 8 Kilogramm. Dazu noch die OP-Kittel drüber – das kann schnell anstrengend werden. "Deswegen ist es kühl hier", sagt Morhard, seit 2014 Chefarzt am Leopoldina. "Bei 22 Grad Raumtemperatur wie im Rest der Klinik sind Sie hier nach zehn Minuten flüssig." 

Chefarzt Privatdozent Dr. Dominik Morhard macht sich bereit für eine Untersuchung. Darunter trägt er die Röntgen-Schutzkleidung. 
Foto: Anand Anders | Chefarzt Privatdozent Dr. Dominik Morhard macht sich bereit für eine Untersuchung. Darunter trägt er die Röntgen-Schutzkleidung. 

95 Prozent der Patienten hier im Haus haben Kontakt zur Radiologie, sagt Morhard. Drei Computertomographen (CT) in der Radiologie (dazu einer in der Strahlentherapie), drei stationäre und zwei mobile Röntgengeräte, ein Magnetresonanztomograph (MRT), zwei Katheterlabore, dazu Isolierstation, Mammographie und Ultraschall: "Wir sind eine der größten Radiologien in Nordbayern", sagt Morhard. 40 000 Untersuchungen werden durchschnittlich im Jahr gemacht, davon 13 000  im CT, 5000 im MRT. 

Drei Computertomographen (CT) sind in der Radiologie im Einsatz. 
Foto: Anand Anders | Drei Computertomographen (CT) sind in der Radiologie im Einsatz. 

Im Katheterlabor werden zum Beispiel Blutgerinsel aus der Hirnschlagader gezogen. Mit "relativ dicken Kalibern": Zwei Millimeter Durchmesser hat der Katheter, der über die Leiste ins Gehirn geführt wird. Wie das Gefäß aussieht, wo die Engstelle genau liegt, wie dick der Katheter sein muss, das können sich die Ärztinnen und Ärzte dank CT genau anschauen. Ebenso wie den Weg, den der Katheter nimmt. In der Regel dauert ein solcher Eingriff eineinhalb Stunden, erklärt Morhard. 

Blätterhimmel an der Decke: Das sehen Patienten, wenn sie hinter der Glasscheibe im MRT im Leopoldina-Krankenhaus liegen.
Foto: Anand Anders | Blätterhimmel an der Decke: Das sehen Patienten, wenn sie hinter der Glasscheibe im MRT im Leopoldina-Krankenhaus liegen.

Was für Eingriffe werden hier gemacht? Die Frage beantwortet er humorvoll mit: von der Locke bis zur Socke. Gefäß-Störungen, Lebertumore werden zum Beispiel behandelt. Aber auch bei punktgenauer Schmerztherapie an der Wirbelsäule kommt die Technik hier zum Einsatz. Nur um Herzen kümmert sich die Abteilung nicht, das machen die Kardiologen im Herzkatheter-Labor.  Apropos Locke bis Socke: 5 Sekunden braucht ein CT, um einen Menschen von oben bis unten zu durchleuchten. "Mit einer halben Umdrehung entstehen 128 Bilder von einem Menschen." 

Schutzkleidung gehört für alle dazu, die in der Radiologie arbeiten. 
Foto: Anand Anders | Schutzkleidung gehört für alle dazu, die in der Radiologie arbeiten. 

"Das größte Loch, das wir hier machen, ist vier Millimeter groß", erzählt Morhard  von der Bandbreite der Eingriffe. Bei Eiternestern oder Abszessen kann eine "normale" Operation gefährlich sein, weil der Eiter sich im Körper verteilen könnte. "Wir schieben über einen dünnen Draht einen dickeren Schlauch an die Stelle, der Eiter kann so nach außen abfließen." So etwas wird auch als Vorbereitung auf einen  Eingriff gemacht. "Damit sich der Patient berappeln kann."70 Prozent der Eingriffe sind geplant, dazu kommt ein hoher Anteil an Notfallversorgung. Um alle Schlaganfall-Patienten, um alle Trauma-Patienten kümmert sich das Radiologie-Team.  

Die "Reise" mit Morhard in die Röntgentechnik und das, was dazugehört, ist faszinierend. Bei Aneurysmen, Aussackungen einer Arterie, die tödlich sein können, wenn sie platzen, werden zum Beispiel Spiralen aus Memorystahl eingesetzt. Die Spirale kommt winzig per Katheter zum Beispiel ins Gehirn, dehnt sich dann bei Körpertemperatur aus. Katheter kommen auch zum Einsatz, um bei schweren Unfällen Blutungen zu stoppen, sagt Morhard. Und spezieller Klebstoff.    

Über 100 verschiedene Katheter-Biegungen gibt es. An die 15 werden hier gebraucht. Morhard zeit seinen Lieblings-Katheter: Die Kobra. Warum er so heißt, ist klar: Das Ende ist wie Hals und Kopf der Schlangenart gebogen.  Beim Lieblings-Werkzeug liegt die Frage nahe, ob die Radiologie denn schon immer die Lieblingsdisziplin Morhards war. War sie nicht: eigentlich wollte er Gerichtsmediziner werden, um Rätsel zu lösen, wie er sagt.

Blick ins Gehirn eines  Patienten: Die Ärzte haben eine lebensbedrohliche Gefäßaussackung (Aneurysma) mit Metallspiralen ausgeschaltet.  
Foto: Anand Anders | Blick ins Gehirn eines  Patienten: Die Ärzte haben eine lebensbedrohliche Gefäßaussackung (Aneurysma) mit Metallspiralen ausgeschaltet.  

Rätsel gibt's aber auch in der Radiologie zu lösen. Und dazu kommt die Bedeutung der Computer, was Morhard schwer zu faszinieren scheint. "90 Prozent der Rechnerpower hier im Haus ist nur für uns", sagt Morhard. "Bei uns ist alles digital." Durch Computerisierung habe sich extrem viel  verändert in der Radiologie – und werde sich auch noch verändern. Auch die Geräte ändern sich, würden technisch immer moderner. 1979 brauchte ein CT eine Stunde für eine Gehirn-Aufnahme. "Heute ist das eine Affäre von weniger als einer Minute." Eines hat sich aber nicht geändert. Die Devise so wenig wie möglich und so viel wie nötig zu röntgen, um die Strahlenbelastung gering zu halten.   

Dr. Dominik Morhard mit einem so genannten Kobra-Katheter. 
Foto: Anand Anders | Dr. Dominik Morhard mit einem so genannten Kobra-Katheter. 

Trotz aller Technik geht's aber auch um Menschen. Die haben zum Beispiel Angst, wenn sie in die Röhre, das MRT, müssen. "Manche Leute haben Panik", sagt Morhard. Manchmal braucht es eine Narkose für die Untersuchung.  Die Geräte seien leiser geworden, Geräusche seien aber immer noch stark. Dafür gibt es Schallschutz-Kopfhörer. Außerdem versucht man, die Patienten optisch abzulenken. Wer im MRT liegt, eine Stunde für einen Herz-Scan, 15 Minuten für die Lendenswirbelsäule, kann Fernsehen schauen.  Oder sich an der Decke auf ein Foto von Blättern und blauem Himmel konzentrieren. 

24 Stunden im Leopoldina-Krankenhaus: Im Rahmen einer Serie stellen wir das Krankenhaus vor, in dem 24 Stunden an den unterschiedlichsten Orten und Bereichen Betrieb ist. Von A wie Apotheke bis Z wie Zentrale Notaufnahme. Dabei geht es auch an Orte, die Patienten und Besucher nicht sehen. Alle Teile der Serie finden Sie unter : www.mainpost.de/24+Stunden+Leopoldina./

 
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