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Schweinfurt
24 Stunden Leopoldina (Teil 11): Die Strahlentherapie
Krankenschwestern, Pflegekräfte und Ärzte, sie alle arbeiten im Leopoldina. Doch für die Strahlentherapie braucht es auch Fachwissen von Medizinphysikexperten.
Reinhart Sweeney, Chefarzt für Strahlentherapie, steht neben einem Linearbeschleuniger im Leopoldina Krankenhaus.
Foto:  Anand Anders | Reinhart Sweeney, Chefarzt für Strahlentherapie, steht neben einem Linearbeschleuniger im Leopoldina Krankenhaus.
Johanna Heim
 |  aktualisiert: 09.02.2024 02:52 Uhr

Es gibt vier Säulen der Krebstherapie", erklärt Reinhart Sweeney.  "Chirurgie, Chemotherapie, Immuntherapie und Strahlentherapie." Sweeney ist Chefarzt für Strahlentherapie am Schweinfurter Krankenhaus. Von Montag bis Freitag kümmern sich der 50-Jährige und sein 20-köpfiges Team  um Patienten, die sie mit Hilfe von Röntgenstrahlen eines Linearbeschleunigers therapieren. Unterstützt wird er dabei unter anderem von Physikern, die spezielle Behandlungspläne erstellen. Doch nicht jeder Patient, der zur Bestrahlung kommt, ist an Krebs erkrankt. 

Zwar seien rund 90 Prozent der Personen Krebspatienten, die restlichen zehn Prozent seien jedoch "Entzündungspatienten", die beispielsweise an Arthrose, Fersensporn oder einem Tennisellbogen leiden. Bevor die Patienten in Therapie gehen, besprechen sie rund eine Stunde mit dem zuständigen Arzt den Verlauf ihrer Behandlung. "Wir reden sehr lange mit den Patienten vor der Behandlung", sagt Sweeney. Viele der Patienten würden denken, dass sie sich zwischen den Bestrahlungen schonen müssten. "Eigentlich ist es sogar besser, wenn sie sich bewegen und rauskommen, an die frische Luft."

Nach dem Gespräch wird von jedem Patienten eine Computertomografie angefertigt, erklärt Andre Gibson, Radioonkologe und Praxismanager für Strahlentherapie. Dabei handele es sich um das sogenannte Planungs-CT. Doch nicht nur Ärzte kümmern sich darum, dass jeder Patient danach die richtige Therapie erhält. Um die Erstellung und Berechnung der individuellen Bestrahlungspläne kümmern sich mehrere Physiker.

Heidi Spickermann ist Medizinphysikexpertin und erstellt individuelle Behandlungspläne für Bestrahlungspatienten.
Foto: Anand Anders | Heidi Spickermann ist Medizinphysikexpertin und erstellt individuelle Behandlungspläne für Bestrahlungspatienten.

Eine von ihnen ist Heidi Spickermann, die am Leopoldina als Medizinphysikexpertin arbeitet. Die Ärzte zeichnen im Planungs-CT ein, welcher Bereich bestrahlt werden soll, erklärt sie. "Danach erstellen wir einen Bestrahlungsplan, für jeden Patienten ganz individuell." Je nach Komplexität der Therapie dauere es mehrere Stunden oder gar Tage bis der Plan ausgearbeitet sei. "Die Strahlen müssen zwangsweise durch gesundes Gewebe, das eigentlich nicht beschädigt werden soll", so Spickermann. "Wir optimieren also quasi den Weg."

Bis zu 35 Behandlungen notwendig

Pro Tag durchlaufen rund 100 Patienten die Strahlentherapie, sagt Sweeney, darunter sind täglich circa fünf bis zehn neue Patienten. Die Personen, die die Therapie benötigen, sind jedoch nicht alle Patienten im Leopoldina, erklärt Gibson. "Auch Personen, die nicht im Krankenhaus liegen, kommen zur Bestrahlung."

Während manche Patienten nur ein einziges Mal zur Therapie kommen, benötigen andere Patienten bis zu 35 Behandlungen, die sich über sieben Wochen ziehen, erklärt der Arzt. Die Bestrahlung an sich dauere jedoch nur zwischen fünf und 15 Minuten. Dabei liegen die Patienten auf einer Liege in einem  Bestrahlungsraum, in dem sich ein Linearbeschleuniger befindet. Die Patienten dürfen sich während der Bestrahlung keinen Millimeter bewegen und werden daher mit Hilfe einer speziellen Ausrüstung  für die Bestrahlung ausgerichtet. Danach beginnt die Behandlung mit dem Linearbeschleuniger. Darin seien Bleilamellen enthalten, die sich während der Bestrahlung verlagern. "Die Lamellen im Bestrahlungsgerät sorgen dafür, dass die Strahlung genau da ankommt, wo sie hin soll", erklärt Sweeney. 

Von der Bestrahlung selbst spüren die Patienten nichts, so der Arzt. Allerdings können durch die Therapie Nebenwirkungen auftreten, erklärt er. "Das sind Großteils Hautrötungen, ähnlich wie ein Sonnenbrand", fährt der Arzt fort. "Das ist eine Entzündungsreaktion der Haut." Während der Strahlentherapie sollten die Patienten weder rauchen noch Alkohol trinken. "Da kann man viel machen, um die Wirksamkeit der Therapie zu erhöhen und die Nebenwirkungen gering zu halten", erklärt der Arzt.

Mithilfe der Planungscomputertomografie können Ärzte und Physiker den Bestrahlungsplan erstellen.
Foto: Anand Anders | Mithilfe der Planungscomputertomografie können Ärzte und Physiker den Bestrahlungsplan erstellen.

Die Behandlung funktioniert folgendermaßen: Durch die Bestrahlung mit den Linearbeschleuniger wird dafür gesorgt, dass sich die Tumorzellen nicht mehr teilen und vermehren können. "Die gesunden Zellen hingegen können den Strahlenschaden reparieren", sagt Sweeney. Die häufigsten Krebsarten, die er und sein Team behandeln, seien Brust- und Prostatakrebs. Im Schnitt seien die Patienten der Strahlentherapie 67 Jahre alt. 

Die Strahlentherapie sei extrem effektiv, der Behandlungserfolg hoch. "Nur bei vier bis fünf Prozent unserer Patienten kommt der Tumor im bestrahlten Bereich wieder", erklärt Sweeney. Dennoch würden dadurch nicht 95 Prozent der Patienten geheilt werden, da die Metastasen, abhängig von der Krebsart, auch in anderen Bereichen des Körpers zurückkommen können. "Wenn der Patient allerdings Glück hat und sich der Tumor nur an einer einzigen Stelle befindet, hat er extrem hohe Heilungschancen."

24 Stunden im Leopoldina-Krankenhaus: Im Rahmen einer Serie stellen wir das Krankenhaus vor, in dem 24 Stunden an den unterschiedlichsten Orten und Bereichen Betrieb ist. Von A wie Apotheke bis Z wie Zentrale Notaufnahme. Dabei geht es auch an Orte, die Patienten und Besucher nicht sehen.

 
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