Oberbayerische Trachten und Schuhplattler mitten in Unterfranken? Das klingt nach einer schrägen Geschichte, hat aber Tradition. Der Trachtenverein Almrösl Schweinfurt feiert am Wochenende an zwei Tagen sein 100-jähriges Bestehen. "Tradition und Geselligkeit" stehen dabei im Vordergrund.
Alles begann mit dem Eisenbahnbau der Strecke Schweinfurt-Gerolzhofen um die Jahrhundertwende 1900. Zu den Arbeitern gehörten junge Burschen aus Oberbayern, die auch im entfernten Unterfranken nicht auf ihre Tracht und Musik aus der Heimat verzichten wollten. Besonders das Schuhplattln dürfte besonders Eindruck auf die Altersgenossen in und um Schweinfurt gemacht haben.
Eine Frau in Dirndl und ein Mann in Miesbacher Festtracht
1923 gründete sich daraufhin – 40 Jahre nach dem in Bayrischzell der erste Trachtenverein Bayerns gegründet worden war – der Trachtenverein Almrösl. Auf der Fahne des Schweinfurter Trachtenvereins sind auf einer Seite die Burg "Peterstirn" und das Schweinfurter Stadtwappen zu sehen, auf der anderen Seite eine Frau in Dirndl und ein Mann in Miesbacher Festtracht.
Nur sechs Jahre nach der Gründung folgte der wohl größte Meilenstein in der jetzt 100-jährigen Geschichte des Trachtenvereins mit dem Erwerb des Grundstücks und dem Bau des ersten Vereinsheims am Bramberg, oberhalb des Höllentals. 1959 wurde das neue Vereinsheim mit Wirtschaftsführung errichtet. Das über 5000 Quadratmeter große Areal gehört noch heute zu den ganz besonderen Orten Schweinfurts, mitten im Wald, idyllischer geht es kaum, mit Wirtshaus und Biergarten.
"Der Erhalt dieses schönen Fleckchens Erde am Bramberg gehört neben der Erhaltung des Brauchtums zu den vorrangigen Aufgaben unseres Vereins", erklärt Vorsitzender Wolfgang Zettner. Er ist seit zwei Jahren Mitglied beim Almrösl. Mit dem Renteneintritt wollte er einmal etwas anderes versuchen, Zeit seines Lebens war er immer in Sportvereinen aktiv. Der Bayerische Trachtenverband mit seinen gut 165.000 Mitgliedern, davon 100.000 Jugendliche, ist in 22 Gauverbänden organisiert. In Schweinfurt berichtet Zettner allerdings von einem ausgedehnten Nachwuchsproblem.
Die "Almrösler", mit um die 40 Mitgliedern, sind in die Jahre gekommen. Daher kann auch eine der Hauptattraktionen mit dem Schuhplattln nicht mehr aktiv gelebt werden. Der einstige Vorplattler Siegfried Schäfer wird bei den Feierlichkeiten für 70 Jahre Vereinsmitgliedschaft geehrt. Die vielen Trachtenvereine in der Umgebung, die der fränkischen Kultur frönen, haben hingegen eine recht florierende Nachwuchsarbeit, berichtet Zettner etwas wehmütig.
Der Unterschied zwischen einem bayerischen und einem fränkischen Trachtenverein
Worin liegt überhaupt der Unterschied zwischen einem bayerischen und einem fränkischen Trachtenverein? "Das geht schon beim Hut los", sagt Zettner. "Die Trachten sind völlig unterschiedlich." Auch die Tänze unterscheiden sich merklich. "Und Schuhplattln kennen die Franken nicht."
Zettner schwärmt von der oberbayerischen Tracht. "Die ist einfach sehr schön." Was die meisten Volksfestbesucher tragen, ist laut Zettner aber allenfalls "trachtenähnlich". Trotzdem freut er sich, wenn er dort die jungen Menschen sieht, die sich mit Tracht und Tradition beschäftigen. "Wer nicht weiß, wo er herkommt, der weiß auch nicht, wo er hingeht", erklärt Zettner das Credo der Trachtenbewegung.
Zur Feierlichkeit wird am Sonntag zum Weißwurstfrühstück Oberbürgermeister Sebastian Remelé genauso wie die erste Trachtenverein-Gauvorsitzende Inge Burkhard-Vatterodt am Almrösl erwartet. Für die musikalische Untermalung sorgen die Trachtenkapelle "Die Jungen Sennfelder" und die "Blaskapelle Ebenhausen."
Ich hoffe, dass das Almrösl trotzdem ewig bleibt.