Ungemein großer Beliebtheit erfreute sich in der Rhön und im Grabfeld der vor 200 Jahren in Würzburg geborene Prinzregent von Bayern, Luitpold. So wurden zu seinen Ehren anlässlich seines 80. und 90 Geburtstags 1901 und 1911 in zahlreichen Gemeinden in Rhön-Grabfeld Freudenfeuer entzündet, "Luitpold-Linden" gepflanzt und Fackelzüge veranstaltet. Ja, selbst zwei stadtbildprägende Brunnen in Bad Königshofen und Mellrichstadt erinnern in unseren Tagen noch an Prinzregent Luitpold, ebenso Luitpoldhöhen bei Mühlbach oder Mühlfeld.
Luitpold von Bayern wurde am 12. März 1821 in Würzburg als fünftes Kind des Königs Ludwig I. von Bayern und der Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen geboren. Nachdem sein Neffe, König Ludwig II., besser bekannt als "Märchenkönig", 1886 entmündigt worden war, regierte Luitpold für seinen geisteskranken Neffen Otto I. als Prinzregent. Im Laufe seiner 25-jährigen Regentschaft verstand es der Prinzregent, durch Bescheidenheit, Tüchtigkeit und Volkstümlichkeit, das anfängliche Unbehagen seiner Untertanen zu überwinden. Der Monarch starb 1912.
Besuche auf dem Kreuzberg
In der handgeschriebenen Chronik des Klosters Kreuzberg ist vermerkt, dass Prinzregent Luitpold häufig zu Besuch war, so erstmals 1834. Luitpold war dem Franziskanerorden sehr gewogen. Noch in seinem hohen Alter erinnerte er sich an den Kreuzberg.
Schon der 80. Geburtstag der Prinzregenten wurde in Rhön und Grabfeld groß gefeiert. So ist über die Feier aus Bad Königshofen überliefert: "In der Stadt verkündete am Vorabend des Geburtstagsfestes Glockengeläute den Beginn der Feier. Nach eingetretener Dunkelheit durchzog die Feuerwehr mit bunten Lampions unter Vorantritt der städtischen Musikkapelle die Straßen, deren Häuser in funkelndem Lichterglanz strahlten und mit Transparenten und Bildern geschmückt waren."
Drei Linden gepflanzt
In Hendungen wurden zur Erinnerung an den 80. Geburtstag des Prinzregenten Luitpold von Bayern 1901 auf dem Hirtenberg drei Linden gepflanzt, ebenso in Serrfeld. Selbst im kleinen Schwanhausen wurde von den beiden Ortsbürgern Jakob Wachtel und Ernst Wanner anlässlich des großen Festes eine Linde in der Ortsmitte gepflanzt.
Auch zehn Jahre später, 1911, wurde der 90. Geburtstag des Prinzregenten in Rhön und Grabfeld groß gefeiert. Aus Überlieferungen geht hervor, dass die damaligen Feste jeweils den Höhepunkt des Jahres bildeten. So wurde in Eichenhausen am Vorabend auf dem Storchsberg ein Feuer entzündet, wobei die Jugend Lieder und Gedichte zum Vortrag brachte. Zur steten Erinnerung wurde an der Eichenhäuser Schule beim Brauhaus eine Linde, genannt "Luitpoldlinde" gepflanzt.
Fackelzüge mit ausgiebigen "Huldigungsfeiern" sind auch aus Kleineibstadt oder Leutershausen überliefert.
Am 1. Oktober 1911 wurde der jüngste der auf dem Marktplatz von Bad Königshofen stehende Brunnen, der Luitpoldbrunnen eingeweiht. Die Initiative ging vom Besitzer des Schlosses Sternberg im Grabfeld, Reichsrat Friedrich von Deuster, aus. Anlass der Stiftung war der 90. Geburtstag des Prinzregenten.
Anlässlich des 90. Geburtstages und des Regierungsjubiläums des Prinzregenten Luitpold von Bayern sollte in Mellrichstadt 1911 ebenfalls ein Brunnen errichtet werden. Die Stadt hatte aber für dieses Vorhaben nicht genügend finanzielle Mittel. Der jüdische Geschäftsmann Nathan Stern stiftete für den Bau des Brunnens 5.000 Goldmark. Am 12. März 1912 wurde der Brunnen mit einem Jahr Verspätung feierlich auf dem Marktplatz eingeweiht.
Nationalsozialisten entfernten den Brunnen
Der Wohltäter Nathan Stern erhielt für sein beständiges Engagement in seiner Geburtsstadt die Zuerkennung der Ehrenbürgerwürde. Er bedankte sich, indem er der Stadt die Ratsglocke schenkte, die bis zum heutigen Tag die Sitzungen einläutet und auch beendet. Nathan Stern wurde 1871 in Mellrichstadt geboren. Sein Großvater Nathan gründete 1830 das Bankhaus Nathan Stern & Söhne, das später von Max Stern betrieben wurde. Nathan Stern war Fabrikant, zog von Mellrichstadt aus beruflichen Gründen nach Chemnitz, später nach Berlin.
Im Dritten Reich wurde der Brunnen im Auftrag der nationalsozialistischen Machthaber auf dem Marktplatz entfernt, weil er von einem jüdischen Geschäftsmann gestiftet war. 1992 wurde der Brunnen nach grundlegender Restaurierung wieder auf dem Marktplatz errichtet. Nach dem Stadtumbau erhielt der Brunnen im Jahr 2009 seinen Platz vor dem VG-Gebäude, in unmittelbarer Nähe des ursprünglichen Wohnhauses (heute Sparkasse). Das Bankhaus befand sich am Marktplatz.