Wer glaubt das Jodeln in die Alpen gehört und nicht in die Rhön, der wurde bei einem Workshop in Bischofsheims eines Besseren belehrt. Zehn Frauen und Männer scharrten sich um Jodellehrerin Ingrid Hammer, um sich eine neue Leidenschaft zuzulegen oder bereits vorhandene Begeisterung weiterzuentwickeln. Es waren Jodel-Anfänger dabei, wie Bischofsheims Bürgermeister Georg Seiffert und Angelika Enders von der Kaufmannsware, aber auch Fans und Freunde von Ingrid Hammer, die ihr quer durch Deutschland zu Workshops folgen.
Ingrid Hammer ist gebürtige Österreicherin. Sie lebt in Berlin und arbeitet dort unter anderem als Jodellehrerin. Aus diesem Blickwinkel betrachtet ist die Rhön mit ihren fast 1000 Höhenmetern schon fast alpin nennen im Gegensatz zu Berlin mit seinen 87 Höhenmetern. Auch wenn Jodeln traditionell in den Alpen verortet werde, sei dieser Blick zu eng, erklärt Hammer. "Gejodelt wird auf der ganzen Welt. Von Äthiopien bis Feuerland", erklärte sie und stellte dies wenig später mit dem ukrainischen Volkslied "Geht ein Kosak über die Donau" unter Beweis. Die Lebenslust, -freude und Energie des Jodelns übertrug sich beim Abschlusskonzert sogleich auf das Publikum.
Teilnehmer aus Berlin, Stuttgart und Leipzig
Organisiert wurde der Jodel-Workshop von Margarete Voll, einer gebürtigen Bischofsheimerin, die seit vielen Jahren in Stuttgart lebt. "Ich wollte Werbung für Bischofsheim machen und ich übe mich gerne im Jodeln, warum nicht in Bischofsheim". Für die Teilnehmer aus Berlin, Stuttgart und Leipzig lag Bischofsheim ideal. Genutzt werden konnte der Proberaum der Liedertafel Bischofsheim. Dabei war auch Margaretes Bruder Roland Voll, ein Sänger der Liedertafel. Nach zwei Tagen Workshop war er überzeugt: "Ich bin nicht geboren fürs Jodeln, aber ich gebe mein Bestes und lerne die Methoden. Was wir hier gelernt haben, kann man universell einsetzen."
Aus Stuttgart angereist war Cora Schäfer, die schon lange bei Ingrid Hammer jodeln lernen wollte und sich spontan in die Rhön aufmachte. "Ich bin mit dem Input leicht überfordert. 500 Jodler in fünf Minuten", lachte sie.
Wie fühlt sich der Glottisschlag an?
Wie funktioniert das denn eigentlich mit dem Jodeln und dem berühmten Glottisschlag? Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben so ihre eigenen Beschreibungen: "Das ist kein Singen, der Ton muss da oben sitzen, gefühlt durch die Wangenknochen", beschreibt es Cora Schäfer.
Georg Seiffert kann dem nur zustimmen: "Das geht zur Schädeldecke und dann zur Nase und den Ohren raus", lacht er. Die Jodellehrerin versucht zu konkretisieren: "Wie beim Quengeln und Jammern. Macht ein entsprechendes Gesicht. Genießt es einmal doof auszusehen. Lasst den Mund locker offen stehen und bleibt entspannt." Großes Gelächter und Aufatmen, dass ungewöhnliche Gesichtsausdrücke sein dürfen. "Sie haben alle unheimlich schnell gelernt. Ich habe noch nie in einem Workshop so viel vermittelt", lobte Hammer.
Mit Sabine P. war ein eine erfahrene Jodlerin dabei. Seit zehn Jahren schon jodelt sie voller Begeisterung. "Ich verzweifel nach so vielen Jahren noch immer am Schlag", bekannte sie. Einmal pro Jahr gönne sie sich einen Workshop bei Ingrid Hammer. Mechthild Neuberger (Stuttgart) möchte Jodeln nicht nur theoretisch begreifen sondern fühlen. Jodeln sei etwas emotionales, das ganz tief drinnen berühre. Ingrid Hammer konnte dem nur zustimmen: "Jodeln ist für die ganz großen Emotionen".
Wird die Kaufmannsware künftig jodeln?
Um Jodeln zu lernen, müsse man nicht singen oder Noten lesen können. Jodeln werde mündlich weiter gegeben, auch wenn Hammer mittlerweile ein Notenarchiv angelegt habe. Wer nicht singen könne, habe es unter Umständen sogar leichter jodeln zu lernen. Angelika Enders, bekannt als Teil der Kaufsmannsware, kann singen. "Beim Jodeln habe ich gelernt, locker zu lassen. Wir haben viel über Atemtechniken gelernt". Teilgenommen habe sie "Blödsinns halber", aber letztlich habe sie der Umschlag oder Überschlag beim Jodeln gereizt. "Man muss schon üben, das kommt nicht von heute auf morgen." Ob die Damen der Kaufmannsware künftig auch jodeln werden? Abwarten.
Bischofsheims Bürgermeister war der Erste, der sich zum Workshop angemeldete. Schon vor Jahren wollte er mit seinem Sohn in den Alpen an einem Kurs teilnehmen, was aber zeitlich nicht machbar war. Der Wunsch nach einem "Jodel-Diplom" verblasste indes nicht. Als er auf dem Nachhauseweg vom Rathaus das Plakat am Bischofsheimer Marktplatz sah, zückte er sofort das Mobiltelefon und meldete sich an.
Dass Jodeln ein Ausdruck von großer Freude und großen Emotionen ist, das war Seiffert schnell klar. "Wir Bischofsheimer dürften aus dem Jodeln gar nicht mehr rauskommen, so schön haben wir es hier." Das bestätigte auch Angelika Enders: "Jodeln macht glücklich." Und schon war die Idee geboren, einen "Bischofsheim-Jodel" zu kreieren. Wer weiß, vielleicht war der Jodel-Workshop in Bischofsheim der Auftakt zu einer Rhöner Dépendance von Ingrid Hammers.