Eine Bronchitis am Wochenende? Ein Hexenschuss am Mittwochabend? Ist der Hausarzt nicht verfügbar, hilft der kassenärztliche Bereitschaftsdienst. Der wird derzeit reformiert. Ab Dienstag, 27. November, gibt es für Patienten in Rhön-Grabfeld eine zentrale Anlaufstelle mit festen Öffnungszeiten: eine Bereitschafts-Praxis in der Rhön-Kreisklinik Bad Neustadt.
Eine zweite Bereitschafts-Praxis wird im Nachbarlandkreis Bad Kissingen zeitgleich am St.-Elisabeth-Krankenhaus installiert. Künftig werden die ehemaligen Bereitschaftsdienstgruppen Rhön-Grabfeld und Bad Kissingen eng zusammenarbeiten, sie bilden eine gemeinsame Bereitschaftsdienstregion.
Fester Anlaufpunkt für die Patienten
Bisher arbeiteten die Ärzte im Bereitschaftsdienst rotierend von ihrer jeweils eigenen Praxis aus. Die nun installierte Praxis an der Rhön-Kreisklinik soll dagegen ärzteübergreifend ein fester Anlaufpunkte sein. Bis Ende dieses Jahres befindet sich die Praxis in der Bad Neustädter Goethestraße in der Rhön-Kreisklinik, ab 1. Januar zieht sie mitsamt der Klinik hoch zum Rhön-Klinikum Campus.
Geöffnet ist die Bereitschafts-Praxis montags, dienstags und donnerstags von 18 Uhr bis 21 Uhr. Mittwochs und freitags werden Patienten von 17 bis 21 Uhr behandelt. Am Wochenende und an Feiertagen ist von 9 bis 21 Uhr ein diensthabender Arzt vor Ort. Die Bad Kissinger Bereitschaftspraxis ist mittwochs und freitags sogar jeweils eine Stunde früher geöffnet: Ab 16 Uhr ist dort ein Arzt im Einsatz.
Und nachts?
Und wer versorgt die Menschen nachts ambulant? „Bei gehfähigen Patienten gilt: Die jeweilige Klinik, an der eine Bereitschaftspraxis implementiert ist, übernimmt während der Nacht den Dienst“, heißt es in einer Pressemitteilung der kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB).
Einen Termin benötigt man in der Bereitschaftspraxis prinzipiell nicht. Die Patienten kommen direkt zur Sprechstunde. Ist ihnen ein Besuch in der Praxis nicht möglich, kommt ein zum Fahrdienst eingeteilter Arzt-Kollege zum Hausbesuch vorbei. Die Vermittlung der Hausbesuche erfolge über die zentrale Bereitschaftsdienst-Nummer 116117.
Entlastung der Notaufnahmen
Für die beiden Landkreise seien zwischen einer und vier Ärzte zeitgleich im Fahrdienst im Einsatz, erklärt Birgit Grain, Pressesprecherin der kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB). Fahrer für die bis zu vier Bereitschaftsdienstwagen stellt der Rettungsdienstanbieter RKT. Der private Anbieter aus Regensburg bekam nach einer Ausschreibung den Zuschlag.
Die KVB will durch die zentrale Bereitschaftspraxis verhindern, dass Menschen mit vergleichsweise harmlosen Erkrankungen in die Notaufnahmen der Kliniken gehen. Das taten bislang viele. Dr. Martin Wünsch aus Bischofsheim geht davon aus, dass die neue Regelung für die Notaufnahme eine Entlastung bringen dürfte.
Weniger Dienste für die Ärzte?
Bislang war Wünsch Obmann der diensthabenden Ärzte in Rhön-Grabfeld. Auch künftig wird er sich noch – dann als „Quasi-Obmann“ – um die Einteilung der Dienste in Rhön-Grabfeld kümmern. Die würden glücklicherweise nicht in München zugeteilt. „Das gibt uns eine gewisse Flexibilität. So können wir auch Härtefälle bei der Dienstplanung berücksichtigen“, sagt Wünsch.
Dass die Reform für die Ärzteschaft in Rhön-Grabfeld eine „nennenswerte Entlastung“ bringt, erwartet Wünsch nicht. Zwar erklärt die KVB: In den Pilotregionen konnte die Dienstfrequenz der Ärzte „deutlich gesenkt“ werden. Dafür, sagt Wünsch, sei der Ärztepool vor Ort aber zu klein.
Gespannte Ärzteschaft
Künftig arbeiten er und seine Kollegen in fremden Räumen mit ungewohnter Technik und nicht vertrautem Personal. Circa zehn Mal pro Jahr werden die insgesamt etwa 55 Rhön-Grabfelder Ärzte vermutlich einen Dienst in der Bereitschaftspraxis übernehmen müssen. Dazu kommen die Fahrdienste, die gemeinsam mit den Kissinger Kollegen übernommen werden.
„Die Stimmung ist sehr gespannt“, gibt er die Gefühlslage der Ärzte wieder. „Aber wir sind alle vernünftige Menschen, da wird es keine großen Pannen geben.“