Krank zu werden ist nicht schön. Schon gar nicht nachts oder am Wochenende. Dann ist normalerweise nicht der eigene Hausarzt verfügbar, sondern ein Arzt des kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes kümmert sich um die medizinische Versorgung. Aber wer hat denn überhaupt gerade Dienst? Da gibt es doch eine Nummer, bei der man anrufen kann. Weil die sich immer mal wieder geändert hat, kennen sie die wenigsten. Es ist die Tel. 116 117.
Hat man dort erfahren, welcher Arzt Dienst hat, muss man sich bisher auf den Weg dorthin machen. Und der kann weit sein, wenn die Praxis am anderen Ende des Landkreises liegt. Ist ein Besuch in der Praxis nicht möglich, dann kommt der zum Fahrdienst eingeteilte Arzt-Kollege zum Hausbesuch vorbei.
Stichtag 26. November
So läuft das bis jetzt. Für die Einteilung der diensthabenden Ärzte ist der Obmann des Landkreises zuständig. In Rhön-Grabfeld ist das Dr. Martin Wünsch aus Bischofsheim. Lange hat Wünsch dieses Amt aber nicht mehr inne, denn mit dem Stichtag 26. November, wird die kassenärztliche Dienstbereitschaft anders organisiert. „Die kassenärztliche Vereinigung Bayern will das so“, erklärt Wünsch.
Künftig, so der Mediziner, wird der diensthabende Arzt die Patienten nachts oder am Wochenende nicht mehr bei sich in der eigenen Praxis empfangen. Ab Ende November wird es dafür eine zentrale Anlaufstelle geben. Der diensthabende Mediziner wird dann in einer dafür ausgestatteten Praxis in der Rhön-Kreisklinik in Bad Neustadt zu finden sein. Dort wird er entscheiden, ob der selbst eine Behandlung durchführt, ob eine Überweisung zu einem Facharzt nötig ist oder ob er seinen Patienten ein paar Türen weiter in die Notfallaufnahme der Klinik schickt.
Entlastung für Notfallaufnahme
Viele Kranke gehen jetzt schon in die Notfallaufnahme an der Rhön-Kreisklinik, wenn sie am Wochenende oder nachts krank werden, obwohl vielleicht gar kein echter Notfall vorliegt. Für die Notfallaufnahme dürfte die neue Regelung also eine Entlastung bringen, so Wünsch, wenn der diensthabende Kollege im Vorfeld schon einmal entscheidet, was mit dem Patienten geschehen soll und ob er überhaupt in die Notfallaufnahme soll.
Die Mediziner jedoch, die in der neu eingerichteten Praxis Dienst machen, werden es mit viel mehr Patienten zu tun haben, erwartet Wünsch. Noch dazu in fremden Räumen, mit ungewohnter Technik und nicht vertrautem Personal. Was natürlich eine größere Belastung bedeute. Das ist aber nicht die einzige zusätzliche Belastung, die der Bischofsheimer Arzt sieht. Viel problematischer ist für ihn, dass die Zahl der von allen Ärzte zusammen pro Jahr zu leistenden Dienststunden steigen wird – von 9350 auf 11 200 hat er errechnet – rund 20 Prozent mehr als bisher.
Viel mehr Dienste
Das liegt an dem von der KV vorgegebenen Schichtmodell. Das, so erklärt Wünsch, führt dazu, dass die rund 50 Ärzte in Rhön-Grabfeld, die mit einem Alter bis zu 62 Jahren für Dienste in Frage kommen, nicht mehr acht bis zehn Dienste pro Jahr machen müssen, sondern über 30. Denn das neue Modell der KV sieht im Gegensatz zur bisherigen Regelung auch recht kurze Schichten vor. Zum Beispiel am Mittwoch und Freitag jeweils vier Stunden von 17 bis 21 Uhr, am Montag, Dienstag und Donnerstag jeweils drei Stunden von 18 bis 21 Uhr. Länger sind die Schichten an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen mit jeweils 12 Stunden von 9 bis 21 Uhr.
Dazu kommt dann noch ein Fahrdienst für die Hausbesuche, der künftig gemeinsam mit den Kollegen des Dienstbereichs des benachbarten Landkreises Bad Kissingen organisiert wird. An den Wochenenden werden dann bis zu drei Ärzte in den beiden Landkreisen unterwegs sein, um Hausbesuche zu machen, erklärt Wünsch. Unter der Woche wird es nachts dann in der Regel aber nur einer sein, der für Rhön-Grabfeld und Bad Kissingen zuständig ist – also vom Grabfeld bis zum Saalegau bei Hammelburg. Jede Nacht gibt es von 22 Uhr bis 8 Uhr einen diensthabenden Arzt im Fahrdienst. Montag, Mittwoch und Donnerstag zusätzlich einen von 18 bis 23 Uhr sowie Mittwoch und Freitag zusätzlich einen von 13 bis 23 Uhr.
Fahrdienst für zwei Landkreise
Fahrzeug und Fahrer für den mobilen diensthabenden Arzt stellt die Kassenärztliche Vereinigung. Bezahlt wird beides allerdings aus den Honoraren, die bei den Diensten erwirtschaftet werden, erklärt Wünsch.
Der Bischofsheimer Mediziner stellt klar, dass diese Regelung nicht auf Wunsch der Ärzte vor Ort zustande gekommen ist. „Das ist eine Vorgabe des Vorstands der Kassenärztlichen Vereinigung in München“, sagt er. Eine mit der er und viele seiner Kollegen nicht besonders glücklich sind. Denn aufgrund der Vielzahl sich zum Teil überlappender Schichten und wegen der unterschiedlichen Zeiten ist aus seiner Sicht eine sinnvolle und gerechte Einteilung der diensttuenden Ärzte kaum möglich. Als nicht besonders sinnvoll sieht er außerdem die Tatsache, dass die diensthabenden Ärzte auch bei den kurzen drei bis vier Stunden langen Diensten extra nach Bad Neustadt fahren müssen.
Einteilung noch vor Ort
Immerhin sieht es jetzt so aus, dass die Einteilung nicht ein Computer in München vornehmen wird, wie das zunächst vorgesehen war. Die Einteilung, wer wann mit Dienst an der Reihe ist, wird auch weiterhin hier vor Ort geschehen. Dann ist wieder Dr. Wünsch an der Reihe. Er ist dann zwar kein Obmann mehr, aber die Kollegen haben ihn ausgesucht, damit er sich um die Einteilung kümmert – sozusagen als Quasi-Obmann.