Am 17. Juni vor einem Vierteljahrhundert hatten die damaligen Landräte Fritz Steigerwald (Rhön-Grabfeld) und Ralf Luther (Schmalkalden-Meiningen) gemeinsam mit dem Aktionskünstler Jimmy Fell den Grundstein für ein außergewöhnliches Kunstwerk gelegt: Die Goldene Brücke. Das Symbol für das Zusammenwachsen der beiden Teile Deutschlands wurde "aufgestellt im Herzen von Deutschland, in der Mitte von Europa".
Dieser Satz ist zu lesen in der kupfernen Schatulle. Sie wurde zwischen den beiden Grenzsteinen, die in der Mitte der Brücke stehen, am 17. Juni 1996 bei einem Festakt vergraben. Der Grundsteinlegung an der Landesgrenze Thüringen/Bayern nahe der Bundesstraße 19 in der Gemarkung Henneberg und Eußenhausen folgte am 3. Oktober 1996 das Richtfest und am 9. November die offizielle Übergabe.
Drei Daten zur Deutschen Einheit - bewusst gesetzt
Diese drei für die Einheit Deutschlands wichtigen Daten wurden bewusst gesetzt, so der aus Niederlauer stammende Jimmy Fell. Der 17. Juni war bis zur Wiedervereinigung 1996, der „Tag der Deutschen Einheit“. Er wurde danach auf den 3. Oktober, dem Tag, an dem die Einheit Deutschlands gefeiert wurde, gelegt. Der 9. November wiederum verweist auf das Jahr 1989, als sich nach 40 Jahren die Grenztore öffneten und die einstige todbringende Demarkationslinie der Vergangenheit angehörte.
Die Goldene Brücke wurde daraufhin bundesweit bekannt. So hieß es im Magazin Focus in der Ausgabe vom 17. Juni 1996: „Jimmy baut uns eine goldene Brücke auf den Resten der DDR-Grenzbefestigungen an der B 19 zwischen Mellrichstadt und Meiningen.“ Der Focus geht auf Fells romantische Vision ein: „Im selben Maß, in dem die Goldfarbe des Denkmals im Lauf der Jahre verwittern wird, soll Deutschland zusammenwachsen.“ Eine erste Zeichnung zeigt Wachturm, Grenzsperranlagen und den Rammbock sowie rot-weiße Grenzpfosten. Genau auf der Mitte dieser Grenze hatte Jimmy Fell sein Kunstobjekt geplant.
„Eine Brücke auf einem Berg, kein Fluß, keine Schlucht. Eine Brücke, über die man nicht gehen kann: Eine Brücke über den Inneren Graben, ein Symbol für das Zusammenwachsen der beiden Teile Deutschlands, der beiden Teile Europas, aufgestellt im Herzen von Deutschland, in der Mitte von Europa.“ So beschrieb Fell sein Kunstwerk. Ein Bauklotz, wie man ihn aus dem Kinderzimmer kennt. Aber 16 Meter lang, acht Meter breit und acht Meter hoch, mit Brettern verschalt. Farbe: Gold. Kosten: 100 000 D-Mark. Damals schon hoffte der Berliner Aktionskünstler aus Niederlauer auf Sponsoren. Er meinte damit Beton, Holz, Arbeitszeit von Firmen und Gemeinden gegen Spendenquittung, ebenso Geldspenden. Wichtig waren ihm aber freiwillige Helfer aus Ost und West.
Ebenso wurde die Baustelle als Performance, als wachsende Installation gesehen. Handwerksbetriebe, 13 Auszubildende der Mellrichstädter Berufsschule sowie ebenso viele Thüringer Kollegen von der Berufsschule Schmalkalden und vom Technologiezentrum Rohr waren am Kunstobjekt im Einsatz. 140 Liter Farbe wurden aufgetragen, vermischt mit 50 Kilogramm Messingstaub, der dem goldfarbenen Kunstobjekt den gewünschten Glanz bescherte. Die beiden Landräte schrieben „Bettelbriefe“ speziell an die waldreichen Gemeinden, die zwei Kubikmeter Kiefern- oder Fichtenholz liefern oder sich mit einer finanziellen Spende beteiligen sollten. Der Künstler Jimmy Fell sprach von einer unbezahlbaren bundesweiten Werbung für beide Landkreise, von Schlagzeilen in nationalen Medien und jährliche Veranstaltungen.
Selbst der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl wurde im Mai 1996 gebeten, die Schirmherrschaft zu übernehmen und bei der Einweihung dabei zu sein. Die Absage kam am 8. Juli 1996. Begründung: Haben Sie bitte Verständnis, dass der Bundeskanzler unter Berücksichtigung einer Vielzahl vergleichbarerer Wünsche, die an ihn herangetragen werden, die von ihnen erbetene Schirmherrschaft für das gesamte Vorhaben nicht übernehmen kann. „Er ist aber gerne bereit, die Schirmherrschaft über die sicherlich feierliche Einweihung des Kunstwerks zu übernehmen und ein Grußwort zu senden.“ Das Kunstwerk soll die Menschen aus nah und fern zum Erinnern, wie auch zum Nachdenken veranlassen, heißt es in dem Schreiben.
Herzstück im Skulpturenpark an der einstigen Grenze
Heute ist die „Goldene Brücke“ das Herzstück des Skulpturenparks Deutsche und Europäische Einheit, ein vielbesuchtes Kunstobjekt. Im Laufe der Jahre hat der Berliner Aktionskünstler viele weitere Werke dort geschaffen. Wer in diesen Tagen den Skulpturenpark besucht, findet dort ein neues Kunstwerk: Zum einen die überlebensgroße Figur „Bewaffneter Golem“, gleich daneben ebenfalls aus Lehm heraus gearbeitet, einen Leichenberg, wie man ihn von Fotos aus dem Konzentrationslager Auschwitz kennt. Jimmy Fell: „Die Örtlichkeit bietet eine nahezu perfekte Kulisse mit den Zaunelementen, dem Wachturm und dem einstigen Todesstreifen, womit die Analogie zum Thema KZ unübersehbar ist.“