
Robert Dölger, seit Mai 2022 Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Marokko, hat nie die Wurzeln seiner beruflichen Ausbildung auf dem Hof der Familie Böhm in Saal an der Saale vergessen. Er ist immer wieder mal bei den Böhms zu Besuch. Wie vor wenigen Tagen.
Beim Rundgang durch Saal erinnert sich Robert Dölger noch genau, wo welche Äcker waren und was dort angebaut wurde. Kein Wunder, denn hier hat er als 20-Jähriger im Jahr 1981 eine zweijährige Ausbildung in der Landwirtschaft begonnen. "Es war eine schöne Zeit mit Familienanschluss. Ich habe mich hier sehr wohlgefühlt", berichtet der Botschafter.
Gefährliche Begegnungen im Bullenstall
Lachend deutet er auf eine Türe, die einst zum Bullenstall führte. Schräg gegenüber, im ersten Stock des Wohnhauses, war sein Zimmer. Dort bekam er als erster mit, wenn die Tiere im Stall unruhig wurden oder sich losgerissen hatten. Dann sei er nach unten gegangen, um nachzusehen. "Durch diese Türe ging es damals zum Stall und man wusste ja nie, ob dahinter nicht ein Bulle steht und dich umrennt. Einmal bin ich im Futtertrog gelandet. Das Tier war über mir, aber es ging noch gut aus."
Sein damaliger Lehrherr Georg Böhm spricht das Zwischenmenschliche und den Kontakt an, der seiner Familie immer wichtig war. Etwas, das seinem einstigen Lehrling noch gut in Erinnerung ist.

Nicht nur die Viehhaltung gehörte zu den Lerninhalten, sondern auch der Ackerbau bis hin zu den Futterberechnungen, Düngung und Pflanzenschutz. Hinzu kamen Melkkurse und das Reparieren von Maschinen.
Georg Böhm ist schon stolz, dass sein ehemaliger Lehrling heute Botschafter ist. Schon in seiner Lehrzeit sei er fleißig gewesen und habe sich oft auf sein Zimmer zurückgezogen, um zu lernen. "Er war immer der Beste seiner Klasse in der landwirtschaftlichen Berufsschule in Hofheim und man sieht, was aus ihm geworden ist."
Abiturient geht in die Lehre
Wie aber kam er nach Saal? Robert Dölger erklärt, dass er nach dem Abitur nicht gleich studieren wollte, sondern, weil er sich schon immer für die Landwirtschaft interessierte, einen Lehrbetrieb suchte. "Der Georg war derjenige, der mich als Abiturient sofort genommen hat und mir sein Vertrauen schenkte." Dieses Vertrauen ging so weit, dass Dölger schon in den ersten Tagen seiner Lehrzeit den 120 PS-Schlepper fahren durfte: "Da war schon Vertrauen da, das man dem Abiturienten schenkte."
Trotz seines hohen politischen Postens ist ihm der Kontakt mit Saal an der Saale und der Familie May im nahegelegenen Junkershausen wichtig. "Mein Herz schlägt noch immer für die Landwirtschaft, auch in Rabat."
Projekte in Marokko
Letztendlich unterstütze die deutsche Botschaft auch in Marokko landwirtschaftliche Projekte und Genossenschaften. Bei alledem profitiere er natürlich auch immer wieder von seiner Ausbildung in Saal und seinem späteren Studium. Saal, so sagt der Botschafter, sei eine der schönsten Ecken Deutschlands. Die Menschen seien aufgeschlossen und würden sich mit ihrer Heimat identifizieren.
Zu seinen Aufgaben in Marokko sagt Robert Dölger, dass er Besuche organisiert und politische Kontakte pflegt. Zu seinen Gästen gehörte kürzlich Außenministerin Annalena Baerbock, aber auch Bundestagsdelegationen. Marokko sei für Deutschland aufgrund der Energiewende ein sehr interessantes Land. "Wir haben erneuerbare Energien, bei denen Deutschland viel investierte und da folgen natürlich entsprechende Besichtigungen."
In Rabat seien außerdem viele große deutsche Firmen ansässig. Spontan nennt der Botschafter das Unternehmen Leonie mit 16.000 Mitarbeitern und verweist auf Gespräche mit Wirtschaftsdelegationen, die sich über Handels- und Investitionsbedingungen informieren.