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Bad Neustadt
Verkehr in Herschfeld: Warum der Landkreis der Stadt einen Rüffel verpasste
Das Thema Verkehrsberuhigung in Herschfeld wird immer wieder diskutiert, auch im Bad Neustädter Stadtrat. Der Landrat mahnt auch aus finanziellen Gründen zur Vorsicht.
Ein Blick auf die frisch renovierte Falltorstraße in Herschfeld. Die Diskussionen rund um den Verkehr im Bad Neustädter Stadtteil haben zuletzt das Landratsamt auf den Plan gerufen. 
Foto: Christian Hüther | Ein Blick auf die frisch renovierte Falltorstraße in Herschfeld. Die Diskussionen rund um den Verkehr im Bad Neustädter Stadtteil haben zuletzt das Landratsamt auf den Plan gerufen. 
Christian Hüther
 |  aktualisiert: 10.02.2024 18:11 Uhr

Keine falschen Hoffnungen schüren - da sind sich Rhön-Grabfelds Landrat Thomas Habermann und Bad Neustadts Bürgermeister Michael Werner in Bezug auf das geplante, städtische Mobilitätskonzept einig. Der Bad Neustädter Stadtrat hatte Ende November 2020 beschlossen, ein solches Konzept auf den Weg zu bringen und erarbeiten zu lassen.

Bauchschmerzen bereitet dem Landratsamt, dass bei allen Planungen die Herabstufung der Kreisstraßen zu Ortsstraßen zugrunde gelegt wird. Aber das ist reine Spekulation und schon gar kein Automatismus. Und es ist auch noch gefährlich. Die Regierung von Unterfranken könnte sich veranlasst sehen, die Fördergelder zurückzufordern.

Millionenschwere Rückzahlung könnte drohen

Bei Missachtung von Regularien, was die staatliche Förderung von Bauprojekten betrifft, muss der Landkreis im schlimmsten Fall Fördermittel in siebenstelliger Höhe zurückzahlen. Im Fall der Bauarbeiten in Herschfeld (NES 20) übernimmt der Staat mit 2,5 Millionen Euro über die Hälfte der insgesamt veranschlagten Gesamtkosten von rund 4,3 Millionen Euro. "Wir sind rechtstreu und das muss der Stadtrat wissen", ergänzt Thomas Habermann.

Was eine Abstufung der NES 20 betrifft, die von einigen als langfristige Perspektive gesehen wird, sind laut Ulrich Dolze, Leiter des Technischen Bauamtes - Tiefbau im Landkreis, zuvor einige rechtliche Schritte nötig. So müsse zunächst geprüft werden, ob sich die Verkehrsbedeutung einer Straße geändert hat. Eine Einigung des derzeitigen und des neuen Straßenbaulastträgers sind nötig, ebenso die jeweiligen Beschlüsse der zuständigen Gremien. 

Regeln für Ändern der Straßenklasse

Im Fall der NES 20 erfolgen die momentanen Ausbauarbeiten mit Fördermitteln des Freistaat Bayerns nach entsprechenden Gesetzen. "Nach diesen Gesetzen und den darauf basierenden Richtlinien für Zuwendungen ist eine Änderung der Straßenklasse grundsätzlich erst zehn Jahre nach Vorlage des Verwendungsnachweises möglich. Ob es hiervon Ausnahmen gibt, kann derzeit nicht beurteilt werden", so Dolze. Ein Verwendungsnachweis muss nach Abschluss eines jeden geförderten Vorhabens erstellt werden, in diesem Fall nach dem Ende der Ausbauarbeiten. 

Seit Beginn der Ausbauarbeiten der Kreisstraßen NES 3 und NES 20 im Bereich der Ortsdurchfahrt Herschfeld im Herbst ist das Thema Verkehrsberuhigung in Herschfeld mehrfach von den verschiedenen Fraktionen im Stadtrat diskutiert worden.

Diskussionen im Stadtrat

Die Grünen forderten beispielsweise eine einheitliche Tempo-30-Zone für ganz Herschfeld, die Fraktionsgemeinschaft Neuschter Liste/FDP stellte im Oktober ein Konzept zur Verkehrsberuhigung in Herschfeld vor. Darauf aufbauend solle im weiteren Schritt ein Gesamtkonzept für Bad Neustadt entwickelt werden. Auch die CSU und die Freien Wähler machten sich Gedanken.

Da bei den Überlegungen regelmäßig Bezug auf den Ausbau der Kreisstraßen genommen wurde, ist das Landratsamt aktiv geworden und hatte Mitte Dezember einen Brief an die Stadt Bad Neustadt geschickt. Den genauen Inhalt des Briefes gaben die Verantwortlichen im Rahmen eines Pressegesprächs nicht preis, in welche Richtung er ging, lassen Aussagen von Landrat Thomas Habermann vermuten. "Wir pflegen seit Jahren eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Regierung von Unterfranken und dem Freistaat Bayern und werden keine Regeln missachten, sondern weiter sauber arbeiten", so der Landrat.

Bürgermeister gibt Fehler zu 

Was er meint: In den Stadtratssitzungen sind Vorschläge gemacht worden, die aus rechtlichen Gründen gar nicht umsetzbar sind. "Diese Diskussionen hätte ich mit dem heutigen Wissen auch vorzeitig unterbinden müssen", gibt Bürgermeister Michael Werner zu. So sind beispielsweise laut Straßenverkehrsordnung (StVO) generelle Tempo-30-Zonen auf Kreisstraßen, die grundsätzlich dem überörtlichen Verkehr dienen sollen, nicht zulässig. Ausnahmen für lokale Geschwindigkeitsbegrenzungen bei Kindergärten, Schulen oder Krankenhäusern sind unter bestimmten Voraussetzungen möglich. 

Das gilt prinzipiell auch für Ampeln und Fußgängerüberwege, dafür braucht es aber jeweils eine Einzelfallentscheidung. Eine solche Einzelfallentscheidung hatte der damalige Bad Neustädter Stadtrat im April 2019 getroffen, was den Bau einer Ampelanlage in Herschfeld an der Einmündung der Falltorstraße in die Königshofer Straße betrifft. An diesem Beschluss werde der jetzige Stadtrat auch nichts mehr ändern, erklärt Bürgermeister Michael Werner auf Nachfrage. Die Ampel soll voraussichtlich im letzten Bauabschnitt der Arbeiten in Herschfeld, also in den Sommerferien 2022, gebaut werden.

Was die Frage betrifft, wie die Ampel für die Fußgänger funktioniert, hatte ein Verantwortlicher eines Ingenieurbüros damals dafür plädiert, dass Fußgänger nur dann grün bekommen, wenn sie auch die Straße überqueren wollen und vorher einen entsprechenden Knopf drücken. 

Dass die Stadt Bad Neustadt im Rahmen des Mobilitätskonzepts eng mit dem Landkreis zusammenarbeiten muss und will, zeigt allein die nicht ganz einfache Situation, welchen rechtlichen Status die in Herschfeld verlaufenden Straßen haben. Laut Auskunft von Ulrich Dolze verläuft die Kreisstraße NES 3 demnach unter anderem auf der Königshofer Straße von der Kastanienallee kommend bis zur Einmündung Falltorstraße (siehe Grafik). Der weitere Teil der Königshofer Straße, also bis zum Ortsschild Richtung Einmündung in die B279, ist eine Ortsstraße.

NES 20 alt mittlerweile eine Gemeindeverbindungsstraße

Die Falltor- sowie die Kirchstraße befinden sich auf der NES 20, die NES 20 "neu" verläuft ab der Einmündung der Von-Guttenberg-Straße bis zum ersten Kreisverkehr oberhalb der B 279. Die Straße nach Dürrnhof  ("NES 20 alt"), die auf Höhe des Sportheims von der NES 20 abzweigt, wurde hingegen 2019 zu einer Gemeindeverbindungsstraße abgestuft. 

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  • chrihand
    In Deutschland geht immer alles NICHT.

    Darüber lacht Europa und die Welt.
    Auch weil sich der einstige Macher-Staat dadurch entsprechend disqualifiziert hat für Wirtschaft, Technologie oder Vorreiterrollen.
    Gemeinsamer Projektstart weltweit. Asien: wir sind fertig, was kommt jetzt? Südamerika: wir sind fertig, was kommt jetzt? Nordamerika: wir sind fertig, was kommt jetzt? Deutschland (Zentrale): streitet noch um Zuständigkeiten, Kompezenzen, Farbe der Sandförmchen....
    Kein Witz, selbst erlitten.
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