Sechsmal war Udo Maly bereits in Polen und hat an der Grenze zur Ukraine Hilfsgüter abgeliefert und Flüchtlinge abgeholt. Jetzt muss er erst einmal eine Pause einlegen. "Die langen Fahrten und die psychische Belastung fordern ihren Tribut", berichtet der 64-Jährige in einem Gespräch gegenüber dieser Zeitung. Welche Eindrücke hat er mitgebracht?
Udo Maly weiß noch genau, wie er den Fernsehbericht über den Ukrainekrieg und die Flüchtlinge gesehen hat und sofort überlegte, wie er helfen kann. In seiner Gruppe in den sozialen Medien startete er einen Aufruf und sammelte Spenden. In kurzer Zeit wurden Kleidung, Nahrungsmittel, Hygieneartikel und vieles mehr bei ihm abgegeben.Mit einem vollen Auto schloss er sich der Hilfslieferung der Firma Härter in Gollmuthhausen an. "24 Autos und ein Lkw fuhren dorthin und übergaben die Spenden der polnischen Caritas", berichtet er. Mit dieser Truppe ist er zweimal gefahren, dann schloss er sich einer Gruppe aus Münnerstadt an. Für Ostern ist die nächste Tour geplant. Inzwischen sammelt er keine Hilfsgüter mehr an seinem Wohnort in Wülfershausen, Spenden nehmen jetzt die offiziellen Sammelstellen an. Die Hilfsbereitschaft der Wülfershäuser hat ihn sehr gefreut. "Die Leute waren ganz besorgt und haben auch Benzingeld gespendet", erzählt der ehemalige Wirt der Brückenschänke, die er bis 2018 bewirtschaftet hat.
Zahlreiche freiwillige Helfer an der Grenze zur Ukraine
"Die Polen sind sehr gut organisiert, dort sind zahlreiche freiwillige Helfer", bestätigt Maly. Wer es aus der Ukraine über die polnische Grenze geschafft hat, wird erst mal mit Essen und Getränken versorgt und kann in einem nahen Auffanglager ausruhen, die Polizei ist überall vor Ort. "Die Frauen sind sehr misstrauisch, die Nachricht von Menschenhändlern und "Helfern", die Geld verdienen wollen, hat sich schnell verbreitet." Deshalb müssen sich alle, die Leute mitnehmen, registrieren lassen, ihre Kennzeichen und die genauen Zielorte angeben. Mithilfe eines Übersetzers gelang es Maly, zu zeigen, dass er vertrauenswürdig ist.
Vor Ort sind Gruppen entsprechend ihrer Ziele eingeteilt, wer will nach Deutschland, wer hat schon ein Ziel in Europa, wer will in Polen bleiben? Die örtlichen Helfer gehen dann mit einem Schild zu den Flüchtlingen. "Fahrmöglichkeit nach Deutschland" oder ähnliches steht darauf, so kommen Helfer und Interessenten zusammen. Auf einer Karte haben sich die Frauen den Zielort angeschaut. Dass rund um Münnerstadt keine größeren Städte sind, haben sie gleich bemerkt. Bekannt sind ihnen eher Berlin, München und Frankfurt. "Ich konnte sie davon überzeugen, dass sie frei sind, von dort aus überall hinzufahren, wohin sie möchten und dass man in Unterfranken auch gut leben kann", berichtete Maly.
Großeltern mit ihren Enkeln und ein gehbehinderter Mann
Mit den Flüchtlingen ging es zunächst zurück nach Gleiwitz, wo alle in einem Hotel übernachteten, um zu duschen und zu schlafen. Dann fuhr man weiter Richtung Heimat. Zu einigen Flüchtlingen hat Maly noch Kontakt und freut sich, dass sie in Sicherheit sind. Wer ihn besonders beeindruckt hat, war neben den Frauen mit ihren Kindern eine Oma und ein Opa, die mit ihren Enkeln auf der Flucht waren. Die Eltern sind umgekommen, die Großeltern haben es noch nicht fertiggebracht, den Kindern das zu erzählen. Gut erinnert sich Maly auch an einen älteren, gehbehinderten Mann, der seine Hände nicht richtig benutzen konnte. Keiner nahm ihn mit, dabei wollte er zu seinem Bruder, der in Belgien wohnt. Das Helferteam sorgte dafür, dass er bis nach Aachen kam, wo ihn sein Bruder abholen konnte. Der Mann habe sich mit Tränen in den Augen bedankt.
Maly fuhr nicht immer mit seinem eigenen Auto, er fand Unterstützung bei heimischen Firmen. Bei der Firma Englert und bei Wirsing-Bau fragte er, ob sie ihm ihre Sprinter zur Verfügung stellen würden. Das war gar nicht so einfach, weil damit die Mitarbeiter zu den Baustellen gefahren werden. Kurze Zeit später standen trotzdem die zwei Autos vor seiner Tür. "Wir haben umdisponiert und können uns jetzt doch beteiligen", teilten die Chefs mit. Das war eine willkommene Unterstützung.
Wenn man über Krieg und Krisenherde in der Zeitung lese, sei das weit weg. Wer aber selbst damit zu tun habe, sehe die Katastrophe mit eigenen Augen, berichtet Maly. Sein Fazit: "Wir machen weiter, solange wir helfen können."