Meine Enkelin Anne hat mich gefragt: Oma, wie lange hast du an das Christkind geglaubt? Und wie bist du dahinter gekommen, dass das Christkind gar nicht die Geschenke bringt? Da habe ich ihr folgende Geschichte erzählt:
Ich war sechs oder sieben Jahre alt, als ich einmal bei meiner Oma Emma, die auch in Aubstadt gewohnt hat, auf dem Sofa eingeschlafen bin. Meine Großmutter konnte gut nähen und früher gab es kein Nähzimmer – alles spielte sich im Wohnzimmer ab. Schließlich wurden damals nur Küche und Wohnzimmer geheizt.
Ich kann mich heute noch genau an das Sofa meiner Großeltern erinnern: dunkelrot und nicht sehr gut gepolstert stand es in der Ecke. Vielleicht lag es genau daran, dass ich nur einen leichten Schlaf hatte. Denn plötzlich wurde ich vom Geräusch einer Nähmaschine aufgeweckt und schaute mich um.
Da sah ich auf dem Wohnzimmerboden neben der Nähmaschine zwei wunderschöne neue Puppenkleider liegen. Das eine war bunt gemustert und das andere in hellblau gehalten. Blitzschnell kam mir in den Sinn: Die sind für meine Puppe. Ich habe sie noch genau vor Augen, sie war von Schildkröt, nur leider kann ich mich nicht mehr an ihren Namen erinnern.
Schnell machte ich die Augen wieder zu und überlegte, ob ich meine Oma fragen sollte, für wen die schönen Kleider sind. Es waren nur noch wenige Tage bis zum "Heiligen Abend". Ich konnte die Zeit fast nicht mehr erwarten – und ich tat mir sehr schwer den Mund zu halten.
Am 24. Dezember gingen wir alle zusammen zum Gottesdienst in die Johanneskirche. Von diesem habe ich damals leider nicht viel mitbekommen, stattdessen konnte ich nur an die wunderschönen neuen Kleider denken. Als der Gottesdienst zu Ende war, durfte ich schnell nach Hause laufen – und musste aber vor der verschlossenen Wohnzimmertür auf meine Mutter und meine Großeltern warten. Als dann endlich mein Opa Christian die Tür aufschloss, saß sie unter dem Christbaum: meine Puppe mit zwei neuen Kleidern.
Text: Christa Hey
Foto: Heike Hey / Montage: Anne Schmidhuber
Christa Hey (80) aus Aubstadt war 36 Jahre ehrenamtlich in der Seniorenarbeit aktiv.
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