Da, da isser! Wir sprangen vom Tisch auf und rannten ans Fenster: zu sehen war unser leicht verschneiter Garten. Und sonst? Nichts. Hatten wir uns geirrt, oder war er doch kurz da?
Wir sind im Jahr 1970, wie so oft saßen meine Freundin Margit und ich in der Adventszeit gemeinsam am Küchentisch und malten Bilder: von Kerzen, Tannenwedeln – und vom Nikolaus.
Wir hatten gehört, dass der Nikolaus von Haus zu Haus geht und die Kinder besucht. Noch nie (!) hatten wir in unserem Dorf einen echten Nikolaus gesehen. Es wurde nur berichtet wie er aussieht und dass er nicht alleine ist… und klar, im Fernsehen hatten wir schon mal einen gesehen.
Aber wie soll er zu uns kommen? Und wie soll er überhaupt wissen, dass wir auf ihn warten? Denn dass man Hausbesuche von Nikoläusen "buchen" kann war uns freilich nicht bekannt. Wir hatten einen Plan: wir müssten es uns nur wünschen und dann würde es schon klappen!
Und wenn wir nur eifrig malten – ein Bild für den Nikolaus und eines zur Besänftigung für Knecht Rupprecht, das wäre doch ein Deal. Also malten wir Bild um Bild, eines schöner als das andere und schauten zwischendurch immer wieder zum Fenster, ob nicht doch… Wir waren sehr überzeugt davon, dass das klappt.
Heute muss ich schmunzelnd an diese Begebenheit denken, auch wenn es der Nikolaus letztendlich nie zu uns schaffte. Aber was mich fasziniert ist der uns damals unerschütterliche Glaube, dass das unmöglich Scheinende möglich würde, wenn man es sich nur wünscht, einen Plan hat und einen Beitrag leistet. Und Warten kann.
Advent ist Warten und soll der Hoffnung Raum geben. Worauf warten wir alle heute? Vielleicht, dass die Pandemie endgültig vorbei sein möge. Und dass der schreckliche Krieg in der Ukraine beigelegt werden kann. Dass Frieden herrscht.
Frieden mit den Menschen aber auch – wichtiger denn je – mit der Natur, zu der wir gehören und von der unser Überleben als Menschheit abhängt. Was macht uns Hoffnung?
Dass wir alle zusammen endlich klüger werden mögen, dass wir Klima und unsere Erde vor Überhitzung bewahren und Respekt voreinander und vor unseren tierischen und pflanzlichen Mitbewohnern auf diesem Planeten neu erlernen.
Nikolaus würde mit den Schultern zucken und fragen, was denn bereits geschehen sei – denn er habe dazu recht wenig in seinem Buch stehen. Und Knecht Rupprecht würde schon mal seine Knute auspacken und uns angesichts der menschengemachten Krisen die Leviten lesen. Und Recht hätte er.
Und wir? Wir könnten ihm vielleicht ein (Leit-)Bild hinhalten von einer nachhaltigeren Welt und dem, was wir alle bereits beigetragen haben. Oder…okay... noch werden. Bald, bestimmt! Versprochen!
Und ein Motto, wie wir gemeinsam in unserer Biosphäre leben können: Mensch. Natur. Einklang.
Text: Doris Pokorny
Foto: Steffen Schneider / Grafik: Anne Schmidhuber
Doris Pokorny (59) ist seit dem 1. September 2022 neue Leiterin der Bayerischen Verwaltungsstelle UNESCO-Biosphärenreservat Rhön.
In der Kolumne "Rhöner Adventskalender" schreiben Menschen aus dem Landkreis Rhön-Grabfeld Anekdoten und Gedanken rund um Advent und Weihnachtsfest.