Noch haben Bayerns Schüler Ferien. Die Inzidenzzahlen in Rhön-Grabfeld liegen weit über dem Grenzwert, nach dem ein Wechselunterricht wie vor den Ferien stattfinden könnte. Bei den ansteckenden Virusmutationen gilt derzeit und nach den jüngsten Beschlüssen des bayerischen Kabinetts vom Mittwoch weiterhin dieser Stufenplan: Bei einer lokalen Sieben-Tage-Inzidenz zwischen 50 und 100 findet Wechselunterricht mit geteilten Klassen statt, bei einem Wert von über 100 wird auf Distanzunterricht umgestellt. Ausgenommen von dieser Regel werden jedoch die Abschlussklassen, die Jahrgangsstufen 11 an Gymnasien, Fach- und Berufsoberschulen sowie die vierten Klassen der Grundschulen.
Söder verordnet generelle Testpflicht an Schulen
Nach dem Willen des bayerischen Kabinetts greift für Schulen eine Neuerung: Es soll eine generelle Testpflicht für Schüler und Lehrer geben, mindestens zweimal pro Woche. Bei Inzidenzen über 100 eventuell sogar öfter. Dafür sollen entweder PCR-Tests, Schnelltests oder Selbsttests benutzt werden, die Tests sollen jedoch an der Schule durchgeführt werden.
Bei der Abwicklung des Tests werden sicherlich am Anfang Stolpersteine auftauchen, vermutet Inga Palma vom Staatlichen Schulamt Rhön-Grabfeld. "Das wird nicht einfach." Wer oder wie wird an Schulen getestet? Zu dieser Frage erwartet die Schulrätin noch genauere Angaben vom Kultusministerium. Ziel sei es jedoch, das Ganze möglichst unaufgeregt durchzuführen. Inga Palma bringt Eltern, die Testungen ihrer Kinder als einen massiven Eingriff ansehen, durchaus Verständnis entgegen. "Um die Sicherheit der ganzen Schulfamilie zu erhöhen, sind jedoch regelmäßige Tests absolut sinnvoll und notwendig", betont sie.
Es gebe Schulen, da sei die Akzeptanz von Tests unter den Eltern hoch, es gebe aber auch Schulen mit schlechter Akzeptanz. "Das ist sehr gemischt", so Palma. Wie hier eine Lösung aussehen könnte oder ob es überhaupt eine gibt, auch da wartet die Schulrätin noch auf Näheres aus München. Fakt ist jedoch, dass laut Kabinettsbeschluss künftig die Teilnahme am Präsenzunterricht nur mit einem negativen Testergebnis möglich ist.
Die Schulleiterin hofft auf ein Umdenken der Eltern
Die Leiterin der Grundschule Brendlorenzen, Gudrun Schuhmann, sieht der nächsten Woche mit gemischten Gefühlen entgegen. Aus gutem Grund. Viele Eltern lehnen einen Test ihrer Sprösslinge ab. Die Eltern hatten vor den Ferien Einwilligungserklärungen für einen freiwilligen Selbsttest der Kinder (1. bis 4. Klasse) erhalten. Zwei Drittel gaben Rückmeldung. "Letztlich sagte nur ein Drittel Ja", bedauert Schuhmann. Da für die Klassen 1 bis 3 angesichts der aktuell hohen Inzidenz ohnehin nur Homeschooling in Frage kommt, sieht es bei den Viertklässlern ganz anders aus. Sie dürfen wegen der Übertrittsmöglichkeit an eine weiterführende Schule im Wechselunterricht die Schulbank drücken – aber nur mit einem negativen Test. Aber auch hier werden die Zahlen nicht besser. Von 40 Viertklässlern lehnen die Eltern von etwa 20 Mädchen und Jungen den Test ab. "Dann dürfen wir diese Kinder nicht in die Schule lassen", stellt sie fest. Schuhmann kennt Schulen, an denen die Zustimmungsquote Richtung 100 Prozent geht.
Die Schulleiterin in Brendlorenzen hofft allerdings auf ein Umdenken der zweifelnden Eltern. "Wir haben die Einwilligungserklärungen eine Woche vor Ostern verschickt." Der entscheidende Punkt: Bei der damaligen Meinungsbildung ging es um die Freiwilligkeit, jetzt ist es absolut Pflicht. Für die Eltern der Kinder, die nicht am Unterricht teilnehmen, besteht die Möglichkeit, das Unterrichtsmaterial an der Schule abzuholen. Ein Online-Homeschooling, sprich die Kinder live von Zuhause in das Klassenzimmer zuzuschalten, „scheitert an der fehlenden technischen Ausrüstung, vor allem aber am Datenschutz“, weiß Schuhmann. Zudem sei es schwierig, dass Kinder daheim, womöglich ohne Aufsichtsperson, den vier oder fünf Unterrichtsstunden am PC konzentriert folgen können.
Selbsttest: Es tut nicht weh, es kitzelt höchstens ein bisschen
Umso mehr wirbt sie für den Selbsttest in der Schule, der zwei Mal pro Woche unter Aufsicht der Lehrkraft durchgeführt werden soll. "Es kann nichts passieren, es tut nicht weh, es macht nichts mit einem. Es kitzelt höchstens ein bisschen, wenn das Wattestäbchen in die Nase geführt wird." Was aber macht ein eventuell positives Ergebnis in der Klasse vor den Mitschülern mit einem Kind? Darauf wurden und werden, so versichert Schuhmann, die Kinder gut vorbereitet durch intensive Erklärungen und Gespräche. „Ausführungen dazu gab es auch vom Schulpsychologen des Schulamtes. Gut wäre es natürlich, wenn auch die Eltern zu Hause schon mit den Kindern darüber reden und das Testen auch ausprobieren würden."
Wie kommt das Lehrerkollegium durch die Pandemie? "Wir sind alle am Limit", stellt Schuhmann fest. Die Vorbereitung auf den Wechselunterricht bzw. Homeschooling sei viel intensiver. "Aber alle Lehrkräfte zeigen, wie an anderen Schulen auch, vollen Einsatz und machen Überstunden. Sonst geht's nicht", freut sie sich über den Teamgeist, räumt aber auch ein, dass in Brendlorenzen aufgrund des personellen Engpasses bzw. Ausfälle von Lehrkräften seit geraumer Zeit kein Fachunterricht in Religion und Handarbeit stattgefunden hat bzw. stattfinden kann.
Schulleitungen warten auf Anweisungen vom Kultusministerium
Ein Blick auf den Schulbeginn an den Gymnasien, wo die Schulleitungen ebenfalls noch auf konkrete Anweisungen des Kultusministeriums warten, um Stundenpläne zu machen. Thomas Bruckmüller, Bürgermeister von Wollbach und gleichzeitig Elternbeiratsvorsitzender im Rhön-Gymnasium, hat sich mit Schulleiterin Kerstin Vonderau besprochen. "Die 11. und 12. Klassen sind im Schulgebäude, aber räumlich getrennt. Alle anderen Schüler sind im Distanzunterricht. Die Präsenz-Schüler können sich in der Schulturnhalle selbst testen oder auch frische Tests von zu Hause mitbringen. Das soll alles so anonym wie möglich ablaufen", erklärt er. Am Dienstag werde das Elterngremium mit der Schulleitung bei einer Videokonferenz alles Weitere besprechen.
Von Eltern habe er zurzeit keine Anfragen. Ein medizinisch vorgebildeter Vater habe sich vor Wochen mal gemeldet, dass die Freiheit seines Kindes durch die Maske in der Schule stark eingeschränkt sei. "Jetzt habe ich aber keine Rückmeldung mehr von ihm." Bruckmüller weiß nur, dass viele Eltern Online-Unterricht dem Wechsel-Unterricht vorziehen. "Das höre ich immer wieder. Unterricht per Video ist besser als halb/halb." Überdies sei das Krisenmanagement im Rhön-Gymnasium von vielen Eltern gelobt worden. Die Frage, ob das Abitur ausfallen solle, verneint Bruckmüller kategorisch: "Es gibt so viele große Hallen, da ist eine Prüfung in Präsenz und unter den Corona-Regeln gut möglich. Das beweisen auch die Sitzungen des Kreistags in der Stadthalle!"